Zornige Frauen

Als Mitte März diesen Jahres feministischen Vereinen in Tirol die Subventionen gestrichen wurden, formierte sich breiter Widerstand; aus diesen Vereinen heraus entstand die Plattform Zornige Frauen. Betroffen sind prononciert feministische Vereine, die politischen Kommunikationszentren der feministischen Szene Tirols.

Als Mitte März diesen Jahres feministischen Vereinen in Tirol die Subventionen gestrichen wurden, formierte sich breiter Widerstand (siehe dazu: www.archfem.at); aus diesen Vereinen heraus entstand die Plattform Zornige Frauen. Betroffen sind prononciert feministische Vereine, die politischen Kommunikationszentren der feministischen Szene Tirols.

Die ideologische Motivation der Einsparungen wies die zuständige Landesrätin als „dummen Ideologieverdacht“ zurück. Dass dieser mehr als begründet ist, zeigte sich nicht nur daran, dass die Veröffentlichung der Förderprinzipien mit dem Argument des Datenschutzes [sic!] verweigert wurde, sondern auch daran, dass die als Begründung angeführten Budgetkürzungen im Bereich Frauenförderung laut Budgetvoranschlag des Landes Tirol schlicht nicht der Wahrheit entsprechen.
Im Zuge der Proteste wurden nicht nur die Subventionsstreichungen kritisiert, sondern die politische Kultur in Tirol zum Thema gemacht. Reagiert wurde darauf von der ÖVP-Regierungsriege bislang nicht. Selbst ein Brief der Frauenministerin, in dem sie dazu aufforderte, die Subventionsstreichungen zu überdenken, blieb unbeantwortet. Auch eine Kritik des Landesrechnungshofs an der Landesregierung – Verstöße gegen das Sachlichkeitsgebot, das Willkürverbot und den Gleichheitsgrundsatz betreffend – blieb ohne Reaktion.
Dass die Sparzwänge kaum glaubhaft sind, wird daran deutlich, dass für Repräsentationszwecke und Imagekampagnen in Tirol das Geld nie ausgeht: 1,5 Mio. Euro für Ehrungen und Ehejubiläen, 1,7 Mio. für einen Landesfestumzug oder 20 Mio. für ein Museum ohne Konzept – bis heute ist nicht klar, was im „Bergiselmuseum“ neben dem Riesenrundgemälde zur „Bergiselschlacht“ von 1809 und dem Kaiserschützenmuseum ausgestellt werden soll. Selbst der Haflingerzuchtverband ist dem Land fünf Mal so viel wert wie die gesamte Frauenförderung.
Im aktuellen Konflikt wird aber auch ein neues Verständnis von Frauenpolitik sichtbar, die als Dienstleistung und Gleichstellung im Gegebenen verstanden wird: Gefördert werden sollen nur Beratungsangebote und Trainings. Gesellschaftstheoretische Auseinandersetzungen werden delegitimiert, Nachdenken über Strukturen ist nicht gefragt. Das manifestiert sich auch am „Politiklehrgang für Frauen“ des Landes-Frauenreferates: Angeboten werden nur Persönlichkeits- und Rhetorikseminare. Androzentrische Strukturen des politischen Systems und damit Barrieren für Frauen in der Politik werden nicht thematisiert.
Die Streichung der Subventionen für feministische Einrichtungen ist aber auch eine Botschaft an die „parlamentarische Linke“ (SPÖ und Grüne). Die Projekte der Frauenbewegung sind deren politischkulturelles Umfeld, und sie sind Gegenkultur zur herrschenden Kultur der „Tirolität“. Die Zerstörung dieser Bewegungs-Infrastruktur ist eine Machtdemonstration der einen und eine Demonstration der Machtlosigkeit bzw. der Handlungsunfähigkeit der anderen, und sie bezeichnet einen Bruch in der politischen Praxis der Tiroler ÖVP. Bislang wurde die Existenzberechtigung dieser Gegenkultur nicht in Zweifel gezogen, auch wenn die finanzielle Ausstattung mehr als gering war.

Deutlich wird in der aktuellen Auseinandersetzung, dass Politik nur noch als möglichst effiziente Verwaltung verstanden oder zumindest so dargestellt wird – die Realität der Korruption, der in Tirol mehr als schamlosen Klientelpolitik und der Geldvernichtung aufgrund politischer Inkompetenz, wie sie exemplarisch am Beispiel des Brennerbasistunnels deutlich wird, ist die Kehrseite dessen.

PS: Ende Mai sagte LHStv. Hannes Gschwentner (SPÖ) zu, die Subventionen für die feministischen Vereine 2010 aus dem Sportressort zu finanzieren.

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