kunst-stücke: Offener Brief an die Bundesregierung

Der Stiftungsrat des ORF hat am 19.6. eine Programmjustierung ab Oktober 2002 und dabei die Einstellung der Sendung kunst-stücke beschlossen. Die Kulturpolitische Kommission protestiert auf das Schärfste gegen diese konzeptlose Streichung des einzigen fixen Sendeplatzes für Auseinandersetzung mit zeitgenössischer, innovativer Kunst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrter Herr Staatssekretär für Kunst!


Der Stiftungsrat des ORF hat am 19.6. eine Programmjustierung ab Oktober 2002 und dabei die Einstellung der Sendung kunst-stücke beschlossen. Die Kulturpolitische Kommission protestiert auf das Schärfste gegen diese konzeptlose Streichung des einzigen fixen Sendeplatzes für Auseinandersetzung mit zeitgenössischer, innovativer Kunst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die Absetzung der kunst-stücke hätte eine massive Gefährdung von Arbeitsfeldern für Kunstschaffende sowie den Verlust von Informations- und Konsumationsquellen für Kunstinteressierte zur Folge!

Wir appellieren daher an Sie als die in dieser Regierung Verantwortlichen für die "Schaffung von stimulierenden Rahmenbedingungen und Entfaltungsmöglichkeiten für Künstlerinnen und Künstler", zu der Sie sich im Regierungsprogramm vom 3.2.2000 bekennen, sich jetzt im konkreten Anlassfall auch für die Interessen der von Ihnen vertretenen Künstlerinnen und Künstler einzusetzen!

Abgesehen vom notwendigen Erhalt der vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten (Stichwort Filmschwerpunkt!) steht auch die Erfüllung einer weitaus längerfristigen Aufgabe -- nämlich Vermittlungsarbeit zu leisten sowie Bewusstsein und Aufmerksamkeit für Neues in Kunst und Kultur zu schaffen -- auf dem Spiel. Kontinuität und nicht ein beliebig reduzierbares Angebot ist dabei von Nöten.

"Kulturpolitik sollte die denkbar günstigsten Rahmenbedingungen für den kreativen Prozess schaffen und unseren Kulturschaffenden helfen, breitere Aufmerksamkeit und Resonanz zu erreichen. Gerade die nicht etablierte junge und neue Kunst verdient diese Unterstützung." So beschreiben Sie, Herr Staatssekretär, Ihr Aufgabenprofil. Wir ersuchen daher dringend um Stellungnahme, wie dieses Engagement im Fall der kunst-stücke zum Einsatz kommen wird.

Wir appellieren außerdem an Ihre Verantwortung gegenüber der (kunst)interessierten Bevölkerung: Die vom ORF geplante Zersplitterung der Sendungsinhalte der kunst-stücke auf mehrere Sendeplätze mit unvorhersehbaren und wechselhaften Sendezeiten sind zweifellos kein adäquater Weg, dem Publikum die verschiedenen Sendebeiträge zugänglicher zu machen. Die offensichtlich programmbestimmende Kritik an den geringen Einschaltquoten (die mit der gleichzeitigen Betonung, derartige Sendungen seien immer ein Minderheitenprogramm, ohnehin schon ad absurdum geführt ist) wird auf diese Weise gezielt aufrecht erhalten und als Damoklesschwert über anspruchsvolle Sendebeiträge gehängt, die in Zukunft noch dazu ohne irgendein Rahmenprogramm auftauchen sollen.

Mit freundlichen Grüßen

Kulturpolitische Kommission

Plattform der unabhängigen Interessenvertretungen im Kunst- und Kulturbereich

IG Autorinnen Autoren, IG Freie Theaterarbeit, konsortium.Netz.kultur, IG Kultur Österreich, Musikergilde , IG Bildende Kunst, Secession, Übersetzergemeinschaft, Dachverband der Filmschaffenden, Verband Freier Radios, VOICE - Verband der Sprecher und Darsteller

Ähnliche Artikel

Die Freiheit der Kunst und Kultur, der Meinungen und Medien sind unverzichtbare demokratische Werte und nicht verhandelbar! Wir appellieren daher: Keine Regierungsbeteiligung einer Partei, die angetreten ist, um das demokratische Wertefundament auszuhöhlen und zu zerstören. Jetzt den Aufruf unterstützen.
Der Kulturrat Österreich erneuert seine Forderungen zur Nationalratswahl 2024. Aber auch jetzt vor der Wahl sind noch wichtige Entscheidungen möglich und notwendig. Wir beharren auf unserer Forderung: KSVF-Zuschuss erhöhen! Jetzt. Mit einer entsprechenden Verordnung durch den Kulturminister ist das noch heute machbar.
Welche Vorstellungen die Parteien von Kunst- und Kulturpolitik haben, lässt sich in den Wahlprogrammen deutlich ablesen. Dabei manifestieren sich große Unterschiede in den politischen Lagern in der Ausrichtung ihrer Kulturpolitik. Eine Analyse der Kernpunkte der Parteien zu Kunst und Kultur für die Nationalratswahl 2024.