Netzkulturfördermodell grundrechtswidrig!

Das von der Netzkultur Community entwickelte und vom Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny als besonders zukunftsträchtig angesehene Fördersystem für die Netzkultur in Wien steht in krassem Widerspruch zu den Grundrechten und kann Haftungsfolgen für die Stadt nach sich ziehen. Das sind die Ergebnisse einer von der IG Kultur Österreich in Auftrag gegebenen (von RA Maria Windhager durchgeführten) Untersuchung

Das von der Netzkultur Community entwickelte und vom Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny als besonders zukunftsträchtig angesehene Fördersystem für die Netzkultur in Wien steht in krassem Widerspruch zu den Grundrechten und kann Haftungsfolgen für die Stadt nach sich ziehen. Das sind die Ergebnisse einer von der IG Kultur Österreich in Auftrag gegebenen (von RA Maria Windhager durchgeführten) Untersuchung zu den Rechtsgrundlagen der Subventionsvergabe.

Nachdem die kulturpolitischen Kritikpunkte bereits ins Treffen geführt und ausführlich dokumentiert wurden (u.a. auf malmoe und netznetz), stellt die IG Kultur Österreich nun im Sinn einer umfassenden Erörterung auch die rechtlich relevanten Einwände zur Diskussion:

  • Das Auswahlverfahren ist an keine nachvollziehbaren inhaltlichen Kriterien geknüpft
  • Das Auswahlverfahren fördert die Bildung von Wahlkartellen (Band-Bus)
  • Das Auswahlverfahren trifft keine ausreichende Differenzierung zwischen Personen- und Projektförderung
  • Das Auswahlverfahren differenziert nicht ausreichend zwischen Netzkultur und Netzkunst



Diese Kritikpunkte sind insofern juristisch relevant, als das Vergabemodell damit auf mehreren Ebenen offenkundig willkürliche Entscheidungen bewirkt, was im Widerspruch zum verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatz steht. Dass der Staat (und mit ihm alle Gebietskörperschaften) auch dort, wo er nicht hoheitlich sondern privatrechtlich agiert, an die Grundrechte gebunden ist ("Fiskalgeltung der Grundrechte"), steht nach etlichen Entscheidungen des OGH außer Zweifel. Es besteht also auch für die Kulturabteilung der Stadt Wien die Verpflichtung zu "gleicher rechtlicher Beurteilung im Wesentlichen gleicher Sachverhalte". Das kann nur gelingen, wenn die "entscheidenden Organe" sich auf sachlich begründete Kriterien stützen, die auch transparent vermittelt wurden (Gebot der Determinierung und Transparenz). Der Fördergeber tritt mit Beginn des Verteilungsvorgangs nämlich mit allen potenziellen FörderempfängerInnen in ein gesetzliches Schuldverhältnis (vergleichbar einem bindenden Offert), und muss entsprechend der inhaltlichen Zielsetzung der Mittelvergabe im Gemeinschaftsinteresse alle FörderwerberInnen gleich behandeln. Tut er dies nicht, haben Benachteiligte einen direkten Leistungsanspruch (Anspruch auf Förderung) und können im Weg des ebenfalls daraus resultierenden Unterlassungsanspruchs die Regelung (hier das Mana Community Game) aushebeln (für Feinspitze ganz unten der entsprechende Rechtssatz des OGH).
Lagert die Stadt Wien Förderentscheidungen daher auf ein spielerisches, durch die potenziellen FördernehmerInnen selbst bestimmtes Auswahlverfahren aus, müsste auch dieses den oben genannten strengen Regeln genügen. Das Mana Community Game vermag dies nicht zu leisten:

  • Es ist aufgrund des zwingend enthaltenen Interessenkonflikts (Vergabeentscheidung durch die FördernehmerInnen) unsachlich und damit gleichheitswidrig
  • Das Computerprogramm kann nicht im Wesentlichen gleiche Sachverhalte rechtlich gleich behandeln, auch weil durch den Spielaufbau Abstimmungsergebnisse verzerrt werden
  • Die Begründungspflicht, der ein öffentlicher Fördergeber unterliegt, wird verletzt.



Die IG Kultur Österreich fordert den Kulturstadtrat daher auf, als Vertreter öffentlicher Interessen seine Arbeit zu erledigen statt die Verteilungskämpfe um knappe Ressourcen in die Communities auszulagern, die - so offenbar das Kalkül des Stadtrats - an den gestellten Anforderungen scheitern müssen.

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OGH Geschäftszahl
1Ob272/02k; 9Ob71/03m; 10Ob23/03k; 5Ob98/05f

Norm BBetrG §1 Abs1; BBetrG §1 Abs3;

Rechtssatz:

Für die Verneinung der Leistungspflicht eines staatlichen Rechtsträgers genügt der Hinweis auf die Regelung über den Mangel eines Rechtsanspruchs auf Leistung in einem Selbstbindungsgesetz nicht. Es besteht vielmehr ein klagbarer Anspruch gegen die auf Grundlage eines Selbstbindungsgesetzes leistungspflichtige Gebietskörperschaft, soweit ein solcher Anspruch nicht mangels Erfüllung der im Selbstbindungsgesetz normierten Leistungsvoraussetzungen oder in Ermangelung solcher Vorschriften deshalb ausscheidet, weil die Leistungsverweigerung in einem bestimmten Einzelfall dem Gleichbehandlungsgebot bzw dem Diskriminierungsverbot aus besonderen Gründen nicht widerspricht. Hat sich daher eine Gebietskörperschaft in einem Selbstbindungsgesetz zur Leistung unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, so ist sie von Gesetzes wegen verpflichtet, diese Leistung jedermann, der diese Voraussetzungen erfüllt, zu erbringen, wenn sie eine solche Leistung in anderen Einzelfällen bereits erbrachte. Auf eine solche Leistung besteht daher insoweit ein klagbarer Anspruch.

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