Kulturpolitik unter Schwarz-Blau
Was wird aus Kunst und Kultur unter Schwarz-Blau? Mit welcher Kulturpolitik ist zu rechnen? Was sagt das Regierungsprogramm? Und was sagen die Erfahrungen mit dieser Konstellation, zum Beispiel aus Oberösterreich?
Die schwarzblaue Regierung steht. Trotz aller Proteste konnte nicht verhindert werden, dass auch Minister angelobt wurden, die ein Netz gegenseitiger Unterstützung mit rechtsextremen und neonazinahen Kreisen pflegen. Problematisch ist auch, dass die FPÖ alle Sicherheitsdienste, Militär, Polizei in eigener Hand hat und mit dem Innenministerium auch den Zugang zu sensiblen Daten. Der Verfassungsschutz, der für die Bekämpfung des Rechtsextremismus zuständig ist, untersteht auch dem Innenminister, der jetzt von der FPÖ kommt. Nicht viel Grund für Optimismus. Doch was geschieht an anderen Stellen? Blicken wir tiefer in's Programm: Was bedeutet diese Regierung für den Kunst und Kulturbereich?
"FPÖ und ÖVP im Gleichschritt. National und neoliberal."
Schon die Wahlprogramme der beiden Regierungsparteien gaben den Takt vor. Jenes der ÖVP deutete an, dass es eine neoliberale Politik für Kunst und Kultur geben soll. Laut Programm ist nämlich Förderung nur eine Art Starthilfe, damit Kunst und Kultur sich später selbst finanzieren kann. Das ignoriert einen Großteil des bestehenden Angebotes, dass sich nicht kommerziell orientiert. Kunst und Kultur braucht dringend einen Rahmen, in dem freie Entfaltung möglich ist, man nicht alles ökonomischen Prämissen unterordnen muss.
Im Programm unterscheidet die Volkspartei allerdings auch nur zwischen Hochkultur und Volkskultur. Zwischen Brauchtum und den großen Kulturdampfern und touristischen Attraktionen bleibt also wenig Platz. Es ist allerdings mit dem Koalitionspartner gut vereinbar. Die FPÖ spricht im Wahlprogramm größtenteils von nationaler Kultur in konservativer Perspektive. Der "Identitätsvernichtung" und "Entfremdung der Völker" solle entgegengewirkt werden, Brauchtum für kommende Generationen gepflegt. Der Kultursprecher der FPÖ, Walter Rosenkranz, meinte jedenfalls, Kultur habe sich am Markt zu bewähren. Förderungen solle es geben, wenn es dem Tourismus hilft und auch, um Brauchtum zu erhalten. FPÖ und ÖVP im Gleichschritt. National und neoliberal.
Nun liegt auch das Regierungsprogramm vor (anbei zum Download). Der Kulturteil befindet sich am Schluss im Teil für Zukunft und Gesellschaft gleich hinter dem Sport. Fünf Seiten sind dem Thema gewidmet. Ein "fruchtbares Miteinander" von Hochkultur und Volkskultur soll geschaffen werden. Das Wahlversprechen aus Kulturnationalismus und Neoliberalismus scheint sich einzulösen. Das Gedenkjahr 2018, die Begeisterung von Kindern und Jugendlichen für Kultur und ein Bekenntnis zur UNESCO-Konvention (über das sich die Wiener Grüne Spitze bekanntlich mit der Basis zerworfen hat) sind zentrale Eckpunkte.
Gleich einleitend wird Österreich als Kulturnation gelobt. Die Wichtigkeit für Identität und gesellschaftlichen Zusammenhalt wird herausgestrichen. Das Bekenntnis zur Freiheit der Kunst lässt auch nicht lange auf sich warten, jedoch genauso wenig die Bedeutung des Sektors für den Tourismus und als Standortfaktor. Hier findet sich ein Widerspruch: Es wird bekräftigt, dass Förderung ein Sprungbrett in die wirtschaftliche Unabhängigkeit sein soll. Das verkennt die Funktion von Kunst und Kultur. Zwar finden wir auch die Stärkung regionaler Kulturinitiativen im Programm, da sich die Intentionen allerdings nur zwischen Brauchtum und Hochkultur halten, sind wir skeptisch, wem das schließendlich zu Gute kommen wird. Das ausbluten der freien Szene bei reger Förderung von Trachtenvereinen kennt man aus der Ära Haider im einst blauen Kärnten. Bedenklich erscheinen uns deshalb auch die geplante "Schaffung einheitlicher strategischer Schwerpunkte" (Hochkultur und Volkskultur?) und die "Ergebnisorientierung" (wirtschaftliche, gewinnorientierte Maßstäbe?). Wir werden dem Programm noch eine genaue Analyse widmen. Man kann aber jetzt schon sagen, dass die beiden Parteien in ihren Übereinkünften durchaus halten, was sie in ihren Wahlprogrammen versprochen haben. Nur damit niemand sagt, man hätte das vorher nicht wissen können.
"Budget ist in Zahlen gegossene Politik"
Thomas Drozda über Kulturpolitik in Schwaz-Blau:
Die Reaktionen darauf sind ernüchternd. Budgeterhöhung und Valorisierung sind darin nicht vorgesehen, was Thomas Drozda von der SPÖ kritisiert. Für Schellhorn von den NEOS gefährden die Pläne die Freiheit der Kunst und Kultur. Für Zinggl von der Liste Pilz erinnert es stark an die erste schwarzblaue Regierung. Ruiss von der IG Autorinnen/Autoren kritisierte, dass die Verbesserung der sozialen Lage für Kunst und Kulturschaffenden keine Rücksicht findet. Die Ankündigungen um Einsparungen im System werden wohl auch den Kunst und Kulturbereich treffen. Manchmal sogar am härtesten. So hat es auch in Oberösterreich begonnen, meint Thomas Diesenreiter von der KUPF, dem Landesbüro der IG Kultur in Oberösterreich.
"Genauso hat es in Oberösterreich auch begonnen!"
Ein paar Zahlen zur Situation in Oberösterreich von der Website der Initiative "Kulturland retten!":
Thomas Diesenreiter über Schwarz-Blau und das Kulturland OÖ:
"Wir werden kulturelle Räume dort schützen müssen, wo wir noch können"
Die Initiative "Kulturland retten!" hat in Oberösterreich weite Kreise gezogen. Nun könnte es bald "Kulturland rette sich wer kann!" heißen. "Wir werden kulturelle Räume dort schützen müssen, wo wir noch können" meinte Gabriele Gerbasits, Geschäftsführerin der IG Kultur, letzte Woche bei der Podiumsdiskussion "Kulturpolitik in Schwarz-Blau" von der Gesellschaft für Kulturpolitik. Das ist vor allem auch ein Appell an die SPÖ, die es in ihrer Regierungszeit verabsäumt hat, mehr und stärkere Räume zu schaffen, in denen man sich nun formieren könnte. Sie werden uns fehlen. Sollte es tatsächlich zu dem massiven Einschnitt kommen, der aus den Erfahrungen mit Schwarz-Blau in Oberösterreich zu rechnen ist, sollte es zumindest jetzt noch schnell geschehen. Solange es noch geht.