Sozialpartnerempfehlung freie Kulturarbeit

Was für 98 Prozent der Arbeitnehmenden selbstverständlich ist, fehlt in der freien Kulturarbeit in Österreich bis heute: kollektivvertragliche Sicherheit, die Mindeststandards im Arbeitsleben garantiert. Die Konsequenzen sind hinlänglich bekannt: Neben wenigen Großverdienenden grassieren Prekarität, Armutsgefährdung, mangelnde soziale Absicherung und Altersperspektiven.

 

Gewerkschaft GPA und IG Kultur Österreich haben daher 2023 eine Kooperation gestartet, um gemeinsam einen Schritt in Richtung bessere Arbeitsbedingungen in der freien Kulturarbeit zu setzen.

Ergebnis des einjährigen Arbeitsprozesses ist die erste Sozialpartnerempfehlung für die freie Kulturarbeit in Österreich. Die Empfehlung definiert:

  • Standards der Entlohnung von Arbeitnehmer:innen,
  • schafft einen gemeinsamen Referenzrahmen für die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen und
  • bietet Transparenz und Rechtssicherheit durch Klärung arbeitsrechtlicher Fragestellungen.

 
Besondere Relevanz kommt der Empfehlung im Kontext der sogenannten Fair Pay Bestrebungen seitens der Politik zu – also dem Ziel von Bund und Ländern, bei Bemessung der Förderhöhen eine faire Bezahlung der Mitwirkenden in der freien Kunst- und Kulturarbeit zu berücksichtigen ohne die Angebotsvielfalt einzuschränken. Gerade in der freien Kulturszene, die per se nicht auf kommerzielle Verwertbarkeit ausgerichtet ist, spielen öffentliche Finanzierungszuschüsse eine entscheidende Rolle. Nachdem vielfach diskutiert wurde, was denn nun eine „faire Bezahlung“ in diesem Bereich konkret sei, bietet die Sozialpartnerempfehlung erstmals eine von Gewerkschaft und Interessenvertretung herausgegebene Lohn-/Gehaltstabelle mit Mindestempfehlungen für Arbeitnehmer*innen in der gemeinnützigen, zeitgenössischen Kulturarbeit.

 

Die Herausgabe der Sozialpartnerempfehlung stellt jedoch nur einen ersten Schritt dar. Denn für die meisten Kulturvereine scheint die Umsetzung der Empfehlungen angesichts der herrschenden Rahmenbedingungen utopisch. Entlohnung nach Fair Pay? Entlohnung nach Fair Pay mit jährlicher Indexanpassung? Automatische Gehaltsvorrückungen alle zwei Jahre? Gar etwa Zuschläge für Mehr- und Überstunden? In der Praxis setzen die Probleme teils viel basaler an, oft schon darin, Tätigkeiten überhaupt entlohnen zu können.

 

Deckblatt Sozialpartnerempfehlung gemeinnützige Kulturarbeit

 

Die typische "Mikrostruktur" der freien Kulturszene, in der die schematische Trennung der Rollen in hier Arbeitgeber*in, da Arbeitnehmer*innen vielfach verschwimmen bzw. oft wechseln, erschwert die Umsetzung zusätzlich. Und dennoch: Was für 98% der Arbeitnehmenden in Österreich selbstverständlich ist, muss auch Ziel für die Kulturarbeit sein: sich auf garantierte Mindeststandards im Arbeitsleben verlassen zu können.

Im Rahmen des Projekts wollen wir in Kooperation mit der GPA unter Beteiligung der Mitglieder Strategien und Handlungswege identifizieren, um diesem Ziel einen Schritt näher und letztlich von der Utopie zur umsetzbaren Praxis zu kommen. Die Prämisse dabei ist, dass garantierte Mindeststandards in der freien Kulturarbeit nicht zu Lasten der Vielfalt im kulturellen Angebot gehen dürfen – bei der die Hälfte der Kulturvereine zusperren muss, weil sie die Gehaltsempfehlungen schlicht nicht umsetzen kann, weil sie angesichts notorisch unterdotierter Kulturbudgets zu geringe oder keine öffentlichen Zuschüsse erhalten, weil sie ihr Tun nicht nur nach der kommerziellen Verwertbarkeit ausrichten wollen. 

 

➔ Download: Sozialpartnerempfehlung gemeinnützige Kulturorganisationen (ab 01.01.2024)  

 

 

Pressemitteilung: Österreichs erste Sozialpartnerempfehlung für freie Kulturarbeit

In einem historischen Schulterschluss präsentieren Gewerkschaft GPA und IG Kultur die erste Sozialpartnerempfehlung für die freie Kulturarbeit in Österreich.