Rechtsextreme in Ministerämtern?
Die Aufregung um Schwarz(Türkis)-Blau wie beim letzten mal bleibt vorerst noch aus. Dabei ist die Konstellation dieses mal eine grundlegend andere. Denn beim Verhandlungspartner FPÖ sind die Verbindungen zum Rechtsextremismus weitaus stärker gegeben als noch Anfang 2000. Lassen sich Rechtsextreme in Ministerämtern noch verhindern?
Die Verstrickungen der FPÖ in rechtsextreme und neonazinahe Kreise sind keine Einzelfälle, sie haben System. Wie laufen diese Verbindungen? Ist die FPÖ regierungsfähig? Was müsste die FPÖ tun, um ministrabel zu sein? Und was kann man dagegen tun, dass Rechtsextreme in Ministerämter gelangen?
Der Standard schreibt gar von den Sternstunden der Burschenschaft Olympia. Es ist jene, die am häufigsten mit Antisemitismus auffällig wird. Sie stellen Deutschnationalismus und Fremdenfeindlichkeit offen zur Schau. Sie halten auch enge Verbindungen zu den Identitären, zu denen "Personen aus dem studentisch burschenschaftlichen Bereich wie auch amtsbekannte Neonazis" gehören, wie Hans-Henning Scharsach in seinem Buch "Stille Machtergreifung" schreibt. Nun sitzen Vertretende dieser Burschenschaft im Parlament, zwei davon sitzen im Verhandlungsteam, mit dem Sebastian Kurz über eine mögliche Koalition debattiert. Damit befindet sich nun nicht nur die FPÖ womöglich bald in Regierungsmacht, es ist eine FPÖ, in der Menschen mit Nähe zu Rechtsextremismus und neonazinahen Kreise im Zentrum der Macht stehen.
SOS Mitmensch hat ein Dossier erstellt, dass zeigt, dass es sich nicht nur um eine Reihe von Einzelfällen handelt, wie die Freiheitliche Partei das gerne darstellen möchte. Es handelt sich um ein System enger Verstrickung und gegenseitiger Unterstützung mehrerer Persönlichkeiten der FPÖ-Parteiführung mit rechtsextremen und neonazinahen Kreisen. Die FPÖ unterstützt beispielsweise das rechtsextreme Blatt "Aula" regelmäßig mittels Inserate, ganz gleich ihrer antisemitischen, femden- und frauenfeindlichen Entgleisungen. Damit "belohnt" die FPÖ solche Hetze nicht nur, sie unterstützt sie strukturell, wie sie selbst auch von diesen Kreisen unterstützt wird.
Problematisch ist hierbei, dass die FPÖ ihre Entstehungsgeschichte und die Zusammenhänge ihrer Gründung mit ehemaligen SS-Angehörigen nie entsprechend aufgearbeitet hat. Genauso verhält es sich mit ihren gegenwärtigen Verstrickungen zu rechtsextremen und neonazinahen Kreisen. Das betrifft die FPÖ Führungsriege selbst. Dabei wäre ein möglicher Innenminister für den Verfassungsschutz und damit für die Bekämpfung des Rechtsextremismus verantwortlich. In den letzten zwei Jahren ist bereits ein massiver Anstieg rechtsextremer Gewalt zu verzeichnen, der sich auch in Übergriffen gegen Kulturinitiativen niederschlägt. Nicht auszudenken, wenn elementare Schutzfunktionen weiter wegbrechen würden. Für die Demokratie in Österreich wäre eine solche Entwicklung äußerst problematisch.
Alexander Pollak, SOS Mitmensch, sprach mit uns über ihre Aufklärungsarbeit und öffentliche Aktionen gegen diese gefährlichen Entwicklungen:
Inwieweit Außenminister Sebastian Kurz sich dafür interessiert ist fraglich, schmiegte er sich doch schon im Wahlkampf an betreffende FPÖ-Persönlichkeiten an. Öffentlicher Druck auf ihn und seine Regierungspläne könnten aber noch Einfluss auf die Verhandlungen und damit die Ministervorschläge nehmen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen muss dann freilich nicht alle Ministervorschläge akzeptieren, Rechtsextreme in Ministerämtern nicht angeloben. Zweifelsohne wird ihm das aber ohne öffentliche Unterstützung kein leichtes alle oder zumindest möglichst viele solcher Kandidaten verhindern zu können.
Dafür wird es wohl einen ähnlichen massiven öffentlichen Druck geben müssen, wie damals. Der bleibt bisher leider aus. Doch schon am Mittwoch den 15. November besteht bei einer Lichterkette, beginnend ab 18:30 Uhr am Wiener Ballhausplatz, die Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen.
Dem werden noch viele folgen müssen, um das schlimmste abzuwenden.