Solidarische Finanzierungsformen für Kunst und Kultur
In Zeiten anhaltender Verschlechterung der Fördersituation für Kulturinitiativen tut die IG KiKK alles Mögliche, um alternative Finanzierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Lunch Lecture zu kulturspenden.at und den Finanzierungsformen der GemSe fand großen Anklang. Die Lunch Lecture am 21. Oktober drehte sich um solidarische Finanzierungsmöglichkeiten. Diesmal mit Lisette von Malzahn (SchloR, habiTAT, Krötenwanderung) sowie Oliver Hönigsberger und Andrea Urank vom MiMa Mitmachmarkt in Klagenfurt | Celovec. Eine Zusammenfassung der Veranstaltung finden sie im Artikel.
Solidarische Finanzierung – Geld als Werkzeug für kulturellen Wandel
Unter dem Motto „Dein Zuhause ist (k)ein Anlageprodukt“ diskutierten bei einer Veranstaltung von IG KiKK Vertreter:innen der Plattform Krötenwanderung, des HabiTAT-Netzwerks, des Wiener Projekts SchloR sowie des MiMA MitmachMarkts in Klagenfurt|Celovec, wie Geld solidarisch eingesetzt werden kann, um Räume für freie Kultur zu sichern.
Geld, Räume und Verantwortung
Während Kapital auf Finanzmärkten meist Renditen jagt und dabei in fossile Energien, Immobilien oder Waffen fließt, braucht Kultur das Gegenteil: Räume statt Renditeobjekte. Freie Kulturinitiativen sind besonders verletzlich – politische Kürzungen und Marktlogiken treffen sie zuerst.
Deshalb braucht es Strukturen, die Kunst und Kultur unabhängig machen – von ökonomischem Druck ebenso wie von politischen Mehrheiten. Hier setzt die Krötenwanderung an: Sie bringt Geld von Banken in solidarische Projekte. Das Netzwerk umfasst aktuell rund 13 Projekte in Österreich, darunter GemSe, Spektral Graz und MiLA Wien – Orte, die ökologisch, gemeinschaftlich und demokratisch organisiert sind.
Solidarische Finanzierung und das HabiTAT-Modell
Solidarische Finanzierung bedeutet: Menschen verleihen ihr Geld direkt an Projekte, die gesellschaftlich wirken – transparent, beziehungsorientiert und auf Vertrauen basierend. Eigentum wird dabei nicht zum Ausschluss, sondern zur Teilhabe. Häuser, Kulturzentren und Werkstätten werden zu Gemeingütern, die dauerhaft zugänglich bleiben.Das HabiTAT zeigt, wie das praktisch funktioniert: Häuser werden kollektiv mit Direktkrediten finanziert und dauerhaft dem Markt entzogen. Nutzung und Eigentum werden getrennt, Gewinne ausgeschlossen. Mieten decken nur laufende Kosten, ein Teil fließt in einen Solidarfonds, der neue Projekte unterstützt. Dieses Modell zeigt, dass auch Kulturvereine und Initiativen ihre Räume selbst besitzen können – unabhängig von Markt und Politik. Das Problem ist nicht, dass es zu wenig Geld gibt – sondern, wo es liegt und was es dort bewirkt.
SchloR – solidarisch wohnen, arbeiten, wirtschaften
Das Wiener Projekt SchloR verbindet Wohnen, Arbeiten und Kulturproduktion unter einem solidarischen Dach. 24 Menschen teilen hier Lebens- und Arbeitsräume, darunter Ateliers, Bandräume, Werkstätten und die Betriebe „Crap“ und „Trap“. Der Finanzierungsbedarf von sechs Millionen Euro wurde zu über der Hälfte über Direktkredite von Unterstützer:innen und zu einem weiteren Teil über einen Stiftungskredit gedeckt. Mieten werden solidarisch im Bietverfahren festgelegt – nach individuellen Möglichkeiten statt Quadratmetern. Der Prozess schult das gemeinsame Sprechen über Geld, Einkommen und Verantwortung. Solidarische Finanzierung funktioniert, wenn Menschen Vertrauen aufbauen, Verantwortung teilen und anders mit Geld umgehen.
MiMA Markt Klagenfurt|Celovec – gemeinschaftlich wirtschaften
Der MiMA MitmachMarkt schafft einen konsumzwangbefreiten, solidarischen Raum für Begegnung, regionale Versorgung und Veranstaltungen.
Finanziert wird er ohne Bankkredite, über ein Genossenschaftsmodell, Spenden und Wertschätzungsbeiträge. Mit einem Beitrag von 200 € kann man Teilhaber:in werden – wer das nicht aufbringen kann, wird von anderen solidarisch unterstützt. Etwa die Hälfte der Finanzierung entsteht durch gemeinschaftliche Aktivitäten wie Koch-Workshops oder Repair-Cafés.
Gemeinsame Herausforderungen und Perspektiven
- Vertrauen und Kommunikation sind die Grundlage jeder solidarischen Struktur – sie entstehen im Austausch, nicht im Vertrag.
- Wissenstransfer ist zentral: HabiTAT, Krötenwanderung und MiMA arbeiten offen und soziokratisch, damit andere Initiativen anknüpfen können.
- Finanzkompetenz stärkt Selbstorganisation – Netzwerke helfen, Wissen aufzubauen und Verantwortung zu teilen.
- Vernetzung ist der erste Schritt: Menschen und Projekte zusammenzubringen, die ähnliche Werte teilen.
www.kroetenwanderung.org/wiki/Hauptseite | https://habitat.servus.at | https://www.mimamarkt.at | https://schlor.org/