Solidarische Finanzierungsformen für Kunst und Kultur

In Zeiten anhaltender Verschlechterung der Fördersituation für Kulturinitiativen tut die IG KiKK alles Mögliche, um alternative Finanzierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Lunch Lecture zu kulturspenden.at und den Finanzierungsformen der GemSe fand großen Anklang. Die Lunch Lecture am 21. Oktober drehte sich um solidarische Finanzierungsmöglichkeiten. Diesmal mit Lisette von Malzahn (SchloR, habiTAT, Krötenwanderung) sowie Oliver Hönigsberger und Andrea Urank vom MiMa Mitmachmarkt in Klagenfurt | Celovec. Eine Zusammenfassung der Veranstaltung finden sie im Artikel.

Diesmal dreht sich unsere Lunch Lecture am 21.Oktober 2025 um Initiativen, die sich mit der solidarischen Finanzierung von Projekten beschäftigen. Unsere Gäste diesmal sind Lisette von Maltzahn, Andrea Urank und Oliver Hönigsberger. 

Lisette von Maltzahn hat Politische Ökonomik und Soziale Ökologie studiert und setzt sich mit feministischen Perspektiven auf die sozial-ökologische Transformation im Alltag, Wissenschaft und Aktivismus auseinander. Lisette arbeitet für die Initiative Gemeinsam Bauen und Wohnen, lebt in  SchloR (welches Teil von habiTAT ist), engagiert sich für degrowth Vienna und ist für die Initiative Krötenwanderung zu Gast in der Lunch Lecture der IG KiKK. 

Andrea Urank ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin des MiMa-Mitmach-Markts, Produktdesignerin sowie Mitinitiatorin von Tanz der Teile, einem Projekt zu Recycling und Kreislaufwirtschaft im Bereich Selbstbau und Design. Sie arbeitet als ganzheitliche Augentrainerin, Shiatsu-Praktikerin und Qigong-Lehrerin und verbindet in ihrer Praxis Körperarbeit, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit.

Oliver Hönigsberger ist Informatiker, Kleinlandwirt und Mitinitiator der Genossenschaft MiMaMarkt, wo er als IT-Verantwortlicher nachhaltige, selbstentwickelte Softwarelösungen betreut. Er gründete u. a. die Plattform mygood.at für regionale Warenwirtschaft, den Verein secoteco.at für Foodsharing und Schenk&Tauschläden sowie die Firma ecoenergy.at für Energiegemeinschaften und Photovoltaikprojekte. Seine Arbeit verbindet Technik, Nachhaltigkeit und Gemeinschaftsorientierung.

 Wir freuen uns auf unsere spannenden Gäste. 

Lunch Lecture: Solidarische Finanzierungsformen für Kunst und Kultur 

21.10.2025 | 13.00-14.00 | online via ZOOM
Hier klicken, um dem Meeting beizutreten.

Unsere Lunch Lecture ist ein Webinar zur Mittagszeit, in dem ihr euch „nebenbei“ Informationen und Impulse abholen und in einen Dialog treten könnt, ohne euch freinehmen zu müssen. Dafür verwenden wir die Plattform Zoom. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Veranstaltung wird aufgezeichnet.

Solidarische Finanzierung – Geld als Werkzeug für kulturellen Wandel

Unter dem Motto „Dein Zuhause ist (k)ein Anlageprodukt“ diskutierten bei einer Veranstaltung von IG KiKK Vertreter:innen der Plattform Krötenwanderung, des HabiTAT-Netzwerks, des Wiener Projekts SchloR sowie des MiMA MitmachMarkts in Klagenfurt|Celovec, wie Geld solidarisch eingesetzt werden kann, um Räume für freie Kultur zu sichern.

Geld, Räume und Verantwortung

Während Kapital auf Finanzmärkten meist Renditen jagt und dabei in fossile Energien, Immobilien oder Waffen fließt, braucht Kultur das Gegenteil: Räume statt Renditeobjekte. Freie Kulturinitiativen sind besonders verletzlich – politische Kürzungen und Marktlogiken treffen sie zuerst.
Deshalb braucht es Strukturen, die Kunst und Kultur unabhängig machen – von ökonomischem Druck ebenso wie von politischen Mehrheiten. Hier setzt die Krötenwanderung an: Sie bringt Geld von Banken in solidarische Projekte. Das Netzwerk umfasst aktuell rund 13 Projekte in Österreich, darunter GemSe, Spektral Graz und MiLA Wien – Orte, die ökologisch, gemeinschaftlich und demokratisch organisiert sind.

Solidarische Finanzierung und das HabiTAT-Modell

Solidarische Finanzierung bedeutet: Menschen verleihen ihr Geld direkt an Projekte, die gesellschaftlich wirken – transparent, beziehungsorientiert und auf Vertrauen basierend. Eigentum wird dabei nicht zum Ausschluss, sondern zur Teilhabe. Häuser, Kulturzentren und Werkstätten werden zu Gemeingütern, die dauerhaft zugänglich bleiben.Das HabiTAT zeigt, wie das praktisch funktioniert: Häuser werden kollektiv mit Direktkrediten finanziert und dauerhaft dem Markt entzogen. Nutzung und Eigentum werden getrennt, Gewinne ausgeschlossen. Mieten decken nur laufende Kosten, ein Teil fließt in einen Solidarfonds, der neue Projekte unterstützt. Dieses Modell zeigt, dass auch Kulturvereine und Initiativen ihre Räume selbst besitzen können – unabhängig von Markt und Politik. Das Problem ist nicht, dass es zu wenig Geld gibt – sondern, wo es liegt und was es dort bewirkt.

 SchloR – solidarisch wohnen, arbeiten, wirtschaften

Das Wiener Projekt SchloR verbindet Wohnen, Arbeiten und Kulturproduktion unter einem solidarischen Dach. 24 Menschen teilen hier Lebens- und Arbeitsräume, darunter Ateliers, Bandräume, Werkstätten und die Betriebe „Crap“ und „Trap“. Der Finanzierungsbedarf von sechs Millionen Euro wurde zu über der Hälfte über Direktkredite von Unterstützer:innen und zu einem weiteren Teil über einen Stiftungskredit gedeckt. Mieten werden solidarisch im Bietverfahren festgelegt – nach individuellen Möglichkeiten statt Quadratmetern. Der Prozess schult das gemeinsame Sprechen über Geld, Einkommen und Verantwortung. Solidarische Finanzierung funktioniert, wenn Menschen Vertrauen aufbauen, Verantwortung teilen und anders mit Geld umgehen.

 MiMA Markt Klagenfurt|Celovec – gemeinschaftlich wirtschaften

Der MiMA MitmachMarkt schafft einen konsumzwangbefreiten, solidarischen Raum für Begegnung, regionale Versorgung und Veranstaltungen.
Finanziert wird er ohne Bankkredite, über ein Genossenschaftsmodell, Spenden und Wertschätzungsbeiträge. Mit einem Beitrag von 200 € kann man Teilhaber:in werden – wer das nicht aufbringen kann, wird von anderen solidarisch unterstützt. Etwa die Hälfte der Finanzierung entsteht durch gemeinschaftliche Aktivitäten wie Koch-Workshops oder Repair-Cafés. 

Gemeinsame Herausforderungen und Perspektiven

  • Vertrauen und Kommunikation sind die Grundlage jeder solidarischen Struktur – sie entstehen im Austausch, nicht im Vertrag.
  • Wissenstransfer ist zentral: HabiTAT, Krötenwanderung und MiMA arbeiten offen und soziokratisch, damit andere Initiativen anknüpfen können.
  • Finanzkompetenz stärkt Selbstorganisation – Netzwerke helfen, Wissen aufzubauen und Verantwortung zu teilen.
  • Vernetzung ist der erste Schritt: Menschen und Projekte zusammenzubringen, die ähnliche Werte teilen.

www.kroetenwanderung.org/wiki/Hauptseite | https://habitat.servus.at | https://www.mimamarkt.at | https://schlor.org/

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