MOLE. Zeitschrift für kulturelle Nahversorgung Tirol

Tirols Kulturzeitschriftenlandschaft gleicht einem Ackerboden – mit Maulwurfshügeln. Da wird gewühlt, werden Spuren hinterlassen, die dann der Schnee bedeckt, bis jemand von neuem gräbt. Gut ein Dutzend Zeitschriften hat in den letzten drei Jahrzehnten hartnäckig umgegraben. Sie sind aufgetaucht und verschwunden.

Tirols Kulturzeitschriftenlandschaft gleicht einem Ackerboden – mit Maulwurfshügeln. Da wird gewühlt, werden Spuren hinterlassen, die dann der Schnee bedeckt, bis jemand von neuem gräbt. Gut ein Dutzend Zeitschriften hat in den letzten drei Jahrzehnten hartnäckig umgegraben. Sie sind aufgetaucht und verschwunden. Titel wie Föhn oder Inn haben sich als verdammt passend für die Konstanz des Vorüberziehens erwiesen. Dass selbst ein Berg wie der Thurnthaler nicht als langlebiger Pate eines Kulturblattes getaugt hat, zeigt nur, wie wenig auf Naturmetaphern Verlass ist.

Brauchbarer im Kontext von Kultur ist offenbar die Anleihe an Gebautem: das Fenster, Ausnahme dieser Regel vom Kommen und Gehen, hatte seine 35-jährige Nachhaltigkeit der Stütze mit Landesgeld zu verdanken. Nachfolger Quart, als ein Kunstraum konzipiert und dafür prämiert, hat in den bisher acht Jahren Spielraum offen gelassen für die regionale publizistische Debatte. Diese unter anderem versucht Mole, die jüngste Zeitschrift, zu beleben, mit Anlehnung an entfernte Kulturen: Weder sind Molen als mexikanische Gewürzmischungen landläufig bekannt, noch sind sie als Dämme für Bootsanlegestellen im gebirgigen Tirol sehr gebräuchlich. Dass der Damm länger hält, ist leider nicht garantiert. Die Absicht besteht, scharf zuzubereiten.
Die Zeitschrift für kulturelle Nahversorgung, ein Projekt der Tiroler „Freien Szene“ (Freirad 105.9, Galerie St. Barbara, Plattform mobile Kulturinitiativen pmk und Dachverband Tiroler Kulturinitiativen TKI), zeigt ihre Eingriffsabsicht zunächst haptisch und optisch. Mit Zeitungspapier und Berliner Format grenzt sie sich ab von den meisten Kulturperiodika, nutzt die Blattgröße (Layout: hoeretzeder), um den Raum für Essays und journalistische Genres übersichtlich aufzuteilen, und doch auch auf einer Doppelseite als Beilage für ästhetische Texte und Fotografie. Lediglich die Unterlegung bei Unter- und Zwischentiteln wirkt eher lese-hindernd als gezielt sperrig.

Lust auf Debatte signalisiert auch der Schwerpunkt „Medien“ des Heftes 01. Programmtisch lesbar ist der Text von Alfredo Cramerotti zu Gemeinsamkeiten zwischen „Kunst und Journalismus“, die er, originell, als „zwei Seiten einer einzigen Aktivität“ sieht. Dass aber die Schnittmenge aus „nicht-fiktionaler“ Kunst und Hintergrund-Journalismus gering ist, wäre mehr zu reflektieren. Denn nicht nur die Bedeutungsebenen bleiben different. Auch soziologisch sind beide Felder, wie Bourdieu zeigt, unterschiedlich externen Kräften ausgesetzt: Bei keinem anderen Feld der Kulturproduktion wirkt sich ökonomischer Druck so sehr auf das Produkt aus wie im Journalismus. Was, siehe Le monde diplo, andere, kollektive Gegenstrategien erfordert.
Der Text zur sich ökonomisch einengenden Schweizer Printmedienlandschaft (Ivo Hajnal) bietet verständlich Übersicht, auch im Vergleich zur eingeengten in Österreich – bei der es aber sehr wohl Jobabbau gab. Wo liegen aber die Gründe für die doch größere Schweizer Vielfalt? Die Kunst der vielschichtigen Kunst-Lektüre zeigt in Mole01 präzise, anschaulich die Lyrikerin Barbara Hundegger als Interpretin des Gedichts „Transit“ von Daniela Danz. „Bahus Poetry Lounge“ weckt die Lust nach mehr.

Moles Mischung aus Überblickstexten (zu Medien von MigrantInnen oder Tirols Kulturgesetzreform), aus Reflexionen (zu den tierischen Codes der Fortpflanzungsmedizin) und aus Seitenblicken zu lokalen Aktivitäten macht insgesamt Appetit.

MOLE. Zeitschrift für kulturelle Nahversorgung
Tirol. 01/2009
www.molekultur.at
Innsbruck: 2009

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