kulturindustrie

Kulturzentrum Niesenberger Es stimmt, dass für eine optimale Quantität und Qualität von Kulturgütern neben dem Markt noch ein anderer Mechanismus bestehen muss, denn der Markt funktioniert im Kulturbereich nicht gut.
Neben der Kunstproduktion und -präsentation geht es darum, kulturelle Grundlagen und Fundamente für ein gutes Miteinander zu schaffen.
Eigentlich ist es ein sehr altes, wenn nicht gar altmodisches Thema der Kunst: die Arbeit. Was ist Arbeit und was ist Nicht-Arbeit? Ist nur Lohnarbeit Arbeit? Muss Arbeit entfremdet sein? Kann die Entfremdung aufgehoben oder mindestens reduziert werden, wenn nicht lohnabhängig, sondern selbständig gearbeitet wird? Und/oder bedarf es dazu der Aufweichung zwischen Arbeit und Privatleben?
vor dem hintergrund der fortschreitenden ökonomisierung des kulturbereichs und der wachsenden bedeutung des kreativitäts-imperativs in post-fordistischen produktionszusammenhängen, haben sich „creative industries“-diskurs und -policies zu einem hype entwickelt. so haben etwa die letzten drei eu-präsidentschaften – großbritannien, österreich und jetzt finnland – dem thema einen prominenten platz in ihrer kulturpolitischen agenda eingeräumt.
Für manche von uns KulturproduzentInnen käme es gar nicht in Frage, auf Dauer einen festen Job in einer Institution haben zu wollen, höchstens für ein paar Jahre. Dann müsste es wieder etwas anderes sein. Denn ging es bisher nicht immer wieder auch darum, sich nicht auf eine Sache festlegen zu müssen, nicht auf eine klassische Berufsbezeichnung, mit der ganz viel ausgeblendet wird; sich nicht einkaufen zu lassen und dadurch viele leidenschaftliche Beschäftigungen aufgeben zu müssen? War es nicht wichtig, sich nicht den Zwängen einer Institution anzupassen, um die Zeit und Energie zu behalten, die kreativen und eventuell politischen Projekte machen zu können, an denen das eigene Herzblut hängt?
Mit dem Entstehen der Kulturindustrie verwandelte sich die Virtuosität in Massenarbeit. Zu jenem Zeitpunkt haben die VirtuosInnen begonnen, die Stechkarte zu benützen. In der Tat stellt die Tätigkeit ohne Werk, also das Kommunizieren, das in sich selbst seine Erfüllung findet, in der Kulturindustrie ein prägendes, zentrales, ja notwendiges Element dar.
„Die ganze Welt wird durch das Filter der Kreativindustrie geleitet“ – so könnte das Fazit ausfallen, betrachtete man die Kampagne „Du bist Deutschland!“ durch die Adornosche Brille: „Denn dort kann schließlich einer noch sein Glück machen, sofern er nur nicht allzu unverwandt auf seine Sache blickt, sondern mit sich reden lässt“ (Adorno/Horkheimer 1998: 134; 139f.).
Das Grünbuch beginnt mit den Worten „Everyone is Creative“ und schnell werden die grundlegenden Ideen klar. Der Ansatz besteht darin, den Zugang zu Kunst und Kultur für ProduzentInnen ebenso wie für KonsumentInnen zu erweitern, besonders für jene, die diese Felder bisher nicht als „die ihren“ betrachteten.
Wie zwei ausgezeichnet recherchierte Artikel F.E. Rakuschans (2001a/b) über das MQ belegen, hat man diesen Avantgarde-Effekt auch in Wien zu nutzen gewusst, indem Gruppen und Initiativen in der Umbau phase Räume zur Verfügung gestellt wurden, die der Baustelle MQ Leben eingehaucht haben. Nun, nach der Fertigstellung, sind diese Gruppen nicht mehr da. An ihrer Stelle gibt es einen Verband namens Quartier21, unter welchem sich eine sehr arbiträre Vielfalt von Entitäten verbirgt.
Studien zur den Creative Industries (CI) boomen allerorts. Dies allerdings in verschiedenster Qualität. Während sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung (besonders im internationalen Raum) immer stärker auf Details konzentriert und Tiefenstudien unternimmt, scheinen politische EntscheidungsträgerInnen und PolitikberaterInnen hierzulande immer simplistischeren Konzepten anzuhängen.
Jede bessere Fachhochschule leistet sich einen Studiengang „Kulturmanagement“ und auch unser Schwerpunkt „Kulturindustrie“ an der Frankfurter Universität wird gerne studiert, wenn man in die PR und Werbung möchte, oder im Journalismus und an Betriebszeitungen zur Pflege der corporate identity und natürlich in der Politikberatung und in der politischen Propaganda arbeiten möchte.
Der Bereich des künstlerischen Schaffens wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein gleich jenem der Wissenschaft als ein Reich der Freiheit vorgestellt, welches von den Zwängen des Marktes konsequent zu entkoppeln sei.