Generationenwechsel und tiefgreifende Wandel: Auf der Suche nach der geeigneten Nachfolge

Ein Kulturbetrieb ist wie ein Uhrwerk: mit einem einzigen Rädchen ändert sich der gesamte Lauf. Ein Generationenwechsel ist nicht nur der Austausch von Personen. Sich dafür Zeit zu nehmen, ist aber aus Kostengründen oft nicht möglich. Und wie oder wo finden sich die Richtigen zur Übernahme? Ein Wechsel bietet viele Chancen (zB), und ist auch mit Risiken verbunden. Konflikte könnten Ressourcen verschlingen und mit dem Ausscheiden von Mitarbeiter*innen wertvolles Wissen und Kontakte verloren gehen.
Wer hier frühzeitig investiert, spart sich später viel Mühe und sichert den Erfolg und
Bestand der Initiative. In welcher Weise werden Prozesse der Übergabe, beginnend mit der
Ausschreibung und endend bei etwaigen inhaltlichen Differenzen oder einer gänzlich
neuen Ausrichtung, verhandelt?

Generationenwechsel Übergabe

Die Begleitung von Entscheidungsfindungen im Team, Teamwork an sich, Transparenz und Professionalität sind wesentliche Elemente eines reibungslosen Ablaufs. Allerdings zeigt die Praxis, dass diese Faktoren nicht immer adäquat berücksichtigt werden. Dies kann beispielsweise geschehen, indem auf Expertise diskriminierend oder stereotyp reagiert wird. Als weiblich gelesene und non-binäre Personen fungieren häufig als Projektionsflächen für versteinerte Denkweisen. 
Die Angst vor dem Verlust von Sicherheit oder der eigenen Position, eine als ungerecht empfundene Verteilung von Ressourcen oder Wissen stellen ebenfalls Faktoren dar, die einer Veränderung entgegenwirken. Die Berücksichtigung von Klasse und Herkunft im Rahmen intersektionalen Denkens und Handelns stellt nach wie vor keine Selbstverständlichkeit dar. Eine kritische Hinterfragung von Machtstrukturen, das Übermitteln von Wissen, das über den Inhalt oder die Fachexpertise hinausgeht, sowie die Bereitschaft, etablierte Denkmuster zu verlernen, sind daher von zentraler Bedeutung.

Institutionen sind inhomogene Entitäten 
Der Status Quo kann nicht als gegeben betrachtet werden. Stattdessen müssen nachhaltige Veränderungen permanent erneuert, erweitert und erkämpft werden, um den aktuellen Entwicklungen standzuhalten. 
Das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) hat den ersten bundesweiten Gender Report im Zeitraum 2017 – 2021 für den Bereich Kunst und Kultur publiziert. In der Studie wurden über 900 Institutionen, ca. 17.000 Beschäftigte, 2.800 Führungskräfte und 2.300 Aufsichtspersonen befragt. Die zentralen Empfehlungen des Berichts sind die Wiederaufnahme und Entwicklung von konkreten Frauenförderplänen sowie die Umsetzung von Gender Mainstreaming und allgemeine Maßnahmen gegen prekäre Arbeitsverhältnisse. Details können dem Bericht entnommen werden. 
Neben den vielfältigen Aufgaben der Interessensgemeinschaften für Kultur, welche weit über die Beratungs- und Unterstützungstätigkeit hinausgehen, wird es weiterhin erforderlich sein, die Interessen der Kulturschaffenden zu vertreten und ein kritisches und differenzierendes Sprachrohr zu bleiben.

Ohne Kunst und Kultur wird’s still
Die Covid-Pandemie hat den Kulturbetrieb spürbar und weitreichend belastet und in Zeiten eines massiven politischen Rechtsrucks, der aktuell sogar globale Ausmaße annimmt, müssen sich Kulturschaffende und Institutionen warm anziehen. 
Es ist von entscheidender Bedeutung, eine kritische politische Kultur zu bewahren und am Leben zu erhalten. Dies ist eine Form von Widerstand gegen undurchsichtige, vereinfachte oder gar obskure Weltanschauungen. Deshalb muss die Kultur weiterhin gefördert werden – auch kleinere Initiativen und die sogenannte "Off-Szene" verdienen unsere Unterstützung. 
Es gibt so viele Gründe, warum Kultur wichtig ist. Und genauso wichtig ist es, die Arbeitsbedingungen in der Branche selbst zu durchleuchten. Und die Art und Weise, wie Politik Kultur fördert, spiegelt sich in der Gesellschaft wider.

 

 

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