Rassismus duldet keine Gefälligkeiten und Kompromisse! Zum antirassistischen Positionspapier der IG Kultur Österreich

Die menschenverachtende Praxis eines in der Gesellschaft tief verwurzelten Rassismus bildet in der Tat ein feindliches Umfeld, vor dem sich politische Kulturarbeit nicht verschließen kann. Aus diesem Grunde hat nun auch die IG Kultur Österreich die Frage nach gegenhegemonialen Strategien zu einem der Schwerpunkte im kulturpolitischen Handeln des Netzwerks der Kulturinitiativen erklärt.

Das feindliche Umfeld der Exklusion, so ist im Buch Landschaften der Tat, einer inzwischen unverzichtbaren Lektüre zum Politischen Antirassismus, nachzulesen, muss eine "unfreiwillige Selbstorganisation" zur Folge haben. Sei es, dass sich die österreichische Bundesregierung bis heute dagegen sträubt, die längst überfällige Umsetzung der EU-Richtlinien zu Antirassismus und Antidiskriminierung einzulösen. Sei es, dass Jüdinnen und Juden sich mit ihrer Angst vor Gewalttaten wie in Istanbul in dieser Gesellschaft alleine gelassen fühlen. Oder sei es, dass Menschen, die in Österreich vor Terror und Verfolgung Zuflucht suchen, bereits an der Grenze mit behördlichem Zynismus dazu "eingeladen" werden, an ihren Herkunftsort zurückzukehren.

Die menschenverachtende Praxis eines in der Gesellschaft tief verwurzelten Rassismus bildet in der Tat ein feindliches Umfeld, vor dem sich politische Kulturarbeit nicht verschließen kann. Aus diesem Grunde hat nun auch die IG Kultur Österreich die Frage nach gegenhegemonialen Strategien zu einem der Schwerpunkte im kulturpolitischen Handeln des Netzwerks der Kulturinitiativen erklärt. Den Auftakt dafür bildet ein Positionspapier, das noch in diesem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll und nicht nur das Phänomen Rassismus in den sozio-ökonomischen Kontext eines globalen Neoliberalismus einordnet, sondern auch konkrete Forderungen zum Ausdruck bringt.

In diesem Sinne wird auch vorangestellt: "Die weltweite Konsolidierung der neoliberalen Wirtschaftsmacht hat eine Polarisierung der Ungleichheiten bewirkt, die immer größere Teile der Menschen betrifft." Zumal der strukturelle Rassismus immer stärker Migrantinnen und Migranten betrifft, wird diesem Umstand im Positionspapier besonderes Augenmerk geschenkt: "Der Widerspruch der so genannten Globalisierung wird dadurch deutlich, dass einerseits weltweit die freie Zirkulation des Kapitals, der Güter, des Konsums und der produktiven Prozesse gefördert wird, die Mobilität der Arbeitskräfte und die freie Zirkulation der Menschen jedoch massiven Einschränkungen ausgesetzt sind, sobald Armut und/oder Diskriminierung den Ausschlag dafür geben."

Ist nun die "unfreiwillige Selbstorganisation" die geeignete Gegenstrategie? Das Konzept des Politischen Antirassismus stützt sich auf die Erfahrung, "dass Gegenmacht nicht über einen Dialog mit den hegemonialen Kräften aufgebaut wird, sondern sich nur im Rahmen eines relativ selbstständigen Empowerment-Prozesses entwickeln kann." Die moralisierende Herangehensweise der bisherigen Integrationspolitik hat zwar immer wieder Betreuungs- und Beratungsinstanzen bereit gestellt, ist aber damit niemals bis zu den Vorbedingungen der allgegenwärtigen Rassismen in der Gesellschaft vorgedrungen: "Migrantinnen und Migranten sowie auch Flüchtlinge wurden als passive Gestalten behandelt, die sich den Bestimmungen der Mehrheitsgesellschaft unterwerfen sollten, ohne sie zu hinterfragen."

Angesichts der Notwendigkeit einer Allianzbildung mit antirassistischen Gruppen und Aktivitäten sowie aufgrund der Entscheidung zur Teilnahme an einer Bewegung gegen hegemoniale Strukturen schließt sich die IG Kultur Österreich an zentraler Stelle der Forderung nach Gleichheit und der Beseitigung aller Diskriminierung an. Dieser Standpunkt positioniert sich dezidiert gegen moralisierende, psychologisierende sowie auch individualisierende Konzepte, die das Phänomen Rassismus nur allzu gerne als isolierte Angelegenheit von gesellschaftlichen Problemzonen sozial-therapeutisch behandelt wissen wollen.

Gerade weil Rassismus nicht nur bei den Unzufriedenen im Gemeindebau oder in den Randbereichen der Ballungszentren anzutreffen ist, sondern als Kennzeichen eines Systems aus Politik, Verwaltung und Medien aufgezeigt werden muss, richtet sich die IG Kultur Österreich vor allem auch an die Kulturpolitik und Kulturadministration. Gefordert werden:

- Zugang zu Förderungen, Stipendien und Preisen für alle in Österreich wohnhaften Menschen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.

- Paritätische Besetzung von Kulturbeiräten in der Höhe des Anteils von Migrantinnen und Migranten in der Bevölkerung.

- nicht nur eine gleichberechtigte Förderung, sondern auch eine kulturpolitische und förderpolitische Bevorzugung von kultureller Betätigung von Migrantinnen und Migranten.

- die Anerkennung und Förderung der kulturellen Beiträge von sozial benachteiligten Gruppen als Kulturarbeit und kritische Stellungnahme gegen die Einschränkung auf den Sozialbereich.

Am Freitag, 10. Oktober 2003, wurde von der Bildhauerin Ulrike Truger in unmittelbarer Nähe zur Wiener Staatsoper eine drei Meter hohe Skulptur errichtet, die als "Marcus Omofuma Gedenkstein" gegen die tödliche Praxis der österreichischen Asylpolitik ein deutlich sichtbares Zeichen setzen sollte. Die Öffentlichkeit reagierte erwartungsgemäß bestürzt, die Behörden drohten mit rechtlichen Konsequenzen. Die IG Kultur Österreich hat diese Aktion gerade deshalb unterstützt, weil sie einen sehr anschaulichen Eindruck davon gibt, wie Kunst und Kultur dem alltäglichen Rassismus entgegen treten müssen. "Die menschenverachtende Migrationspolitik duldet keine Gefälligkeiten und Kompromisse", erklärte der Vorstand daraufhin in einer Pressemitteilung. Jetzt bleibt zu wünschen, dass dieses Beispiel in den Reihen der Kulturinitiativen möglichst viel Nachahmung findet.


Rubia Salgado ist Mitarbeiterin des Linzer Kulturvereins MAIZ und Vorstandsmitglied der IG Kultur Österreich.

Martin Wassermair ist Sprecher der IG Kultur Österreich.

 

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