Offene Baustellen in Kunst und Kultur

Am vergangenen Donnerstag lud der Kulturrat Österreich anlässlich der bevorstehenden Nationalratswahl zu einem Podiumsgespräch über die zu erwartende Kunst- und Kulturpolitik ins Wiener Depot. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), Eva Blimlinger (Grüne), Josef Schellhorn (Neos), Nikolaus Kohlberger (KPÖ) und Sabine Aigner (Keine) (gereiht nach den Wahlergebnissen 2019*) stellten ihre kulturpolitischen Perspektiven vor und präsentierten ihre Antworten auf offene Baustellen in Kunst, Kultur und Freien Medien. Was ist von welcher Partei zu erwarten - Ein Rückblick auf die Diskussion „Kulturpolitik zur Wahl“. 

Wir greifen heute drei Punkte heraus, zu denen Einigkeit am Podium und schriftlich aus der ÖVP bestand. Wir gehen davon aus, dass die Umsetzung in den kommenden Jahren ansteht. Wir werden bei Bedarf daran erinnern.
 

Soziale Absicherung. Und: Erhöhung KSVF-Zuschuss jetzt!

Der Künstler_innensozialversicherungsfonds (KSVF) stand schnell im Fokus. Anders als oft sonst dominierte ein sehr konkreter Punkt: der Zuschuss zur Pflichtversicherung für selbstständige Künstler_innen. Eine Zuschusserhöhung steht nach Jahren der Inflation fast logisch am Programm. Einer schnellen Erhöhung steht auch nichts im Weg, die dafür notwendige Verordnung durch Kulturminister Werner Kogler (Grüne) könnte morgen unterschrieben werden. Noch vor der Wahl. Die Grüne Kultursprecherin plädiert für eine Erhöhung jetzt: „Wir probieren alles!“. Die Regierungspartnerin ÖVP nennt die Anhebung der Beitragszuschüsse des KSVF zu den Sozialversicherungszahlungen als einen wichtigen Schritt. Warum also Künstler_innen noch länger darauf warten lassen?

Weiterer Lösungsbedarf im Bereich sozialer Absicherung, insbesondere zu Problemen, die sich aus hybriden Beschäftigungsformen quer zur Sozialversicherungsarchitektur ergeben, haben alle aufs Programm gesetzt.
 

Fair Pay

Faire und angemessen Bezahlung (Fair Pay) und faire Verträge stehen heute außer Streit. Die Bewertung der bisherigen Implementierung fällt durchaus unterschiedlich aus. Die Ansagen zu nächsten konkreten Schritten reichen von vage bis unvollständig. Eine signifikante Erhöhung der Förderbudgets als unmittelbare Voraussetzung von Fair Pay für das ganze Feld Kunst, Kultur und Freie Medien, wird jedoch von keinem Podiumsgast dezidiert angesprochen, die Etablierung einer kontinuierlichen Valorisierung der Förderungen schon. Vielfach blieb es bei: Eine (deutliche) Erhöhung sei wünschenswert.

Begleitend kamen auch andere Konzepte auf: Ein Mindestlohn als erster Schritt (ähnlich den Bundesmuseen), ein Grundeinkommen für alle als ökonomische Basis, die Etablierung von Kollektivverträgen. Klar bleibt: Der Wunsch, prekäre Einkommen in Kunst und Kultur zu beenden lässt sich in der Praxis nicht ohne die Umsetzung von Fair Pay und die dafür notwendige Budgeterhöhungen realisieren.
 

Kulturelle Bildung verbessern

Beim Themenkomplex Kunst, Kultur und Bildung, vor allem in Bezug auf die schulische Ausbildung, gibt es über Jahre gewachsene Probleme, deren notwendige Lösung gerne versprochen wird, so auch an diesem Abend. Konkrete Vorschläge blieben aus, wohl auch deshalb, weil ein zentral zu lösendes Problem in der interministeriellen und föderalen Zusammenarbeit besteht. Dies anzugehen wird jedenfalls Aufgabe einer nächsten Regierung sein, nicht nur in Bezug auf kulturelle Bildung.

Ein Problembewusstsein wurde auch bei Kunst und Kultur als Teil der Daseinsvorsorge insbesondere in der regionalen Entwicklung deutlich. Neben der Stärkung dezentraler Kulturangebote wurden als weitere Ziele (Förder-)Lösungen für sektorübergreifende Projekte (etwa Kultur und Soziales) oder erforderliche Anpassungen in der Kulturförderung für neue Kunstformen und Kunst- und Kulturprojekte ohne klare Abbildung in der Spartenstruktur der Förderebenen angesprochen.

 

Kulturpolitisches Programm für die Zukunft

Zu diesen und weiteren Themen der Kulturpolitik hat der Kulturrat Österreich präzise ausgearbeitete Vorschläge auf den Tisch gelegt. Der Handlungsbedarf in der kommenden Legislaturperiode ist groß. Wir bleiben dran!


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Coverbild © William Knaack

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