Fehlanzeige Kulturpolitik

In der neuen Übergangsregierung muss man Kunst und Kultur im Kleingedruckten suchen. Die Chance, eine/n Experten/in für den Kulturbereich zu ernennen, wurde vertan.

Kunst und Kultur im Kleingedruckten

Der designierte Außen- und EU-Minister Alexander Schallenberg wird nun also auch die Kunst-, Kultur- und Medienagenden übernehmen. Einmal mehr zeigt sich an dieser Bestellung und dem konsequenten Schweigen dazu im Vorfeld: Die viel zitierte "Kulturnation" Österreich misst den Kulturagenden keinen Stellenwert bei – Kunst, Kultur und Medien werden als Anhängsel noch dazu gepackt. Kunst und Kultur muss man bei der neuen Übergangsregierung quasi im Kleingedruckten suchen, keine weitere Erläuterung wert.
 

Verlängerungsrunde für den Stillstand

Der kulturpolitische Stillstand der letzten eineinhalb Jahr droht damit in die Verlängerungsrunde zu gehen. Bereits in der letzten Legislaturperiode waren Kunst und Kultur das Stiefkind - Schweigen statt Dialog, vertröstet stets auf ein Irgendwann, da Minister Blümel angesichts seiner vielen Agenden keine Zeit habe. Nun wird Minister Schallenberg das Außenministerium leiten, und nebenbei noch mit EU, Kunst, Kultur und Medien noch sämtliche Agenden von Gernot Blümel zusätzlich übernehmen.
 

Vertane Chance

Bei der euphorischen Beschwörung des notwendigen ExpertInnen-Wissens für die Besetzung der Ministerien zeigt sich wieder einmal: Kunst und Kultur werden unter „ferner liefen“ verhandelt. Die Chance, auch für den Kunst- und Kulturbereich eine/e Expert/in mit profunden Kenntnissen zu ernennen, wurde vertan. Alexander Schlallenberg ist bislang in der Kulturszene ein unbeschriebenes Blatt. Über seine kulturpolitischen Schwerpunkte kann nur spekuliert werden. Angesichts seiner langjährigen Erfahrungen in den Bereichen Außenpolitik und EU, wird vermutlich der Fokus abermals in Richtung Repräsentationskultur und „Image-Building“ für die Kulturnation Österreich in der Welt schwanken, von der bekanntlich nur große Institutionen und Festivals profitieren. Es drängt sich der Verdacht auf, dass bei Zusammenlegung der Außen- und Kulturagenden auch die offene Frage, wie mit dem UNESCO-Welterbe Wien weiter verfahren wird, eine Rolle gespielt haben dürfte.
 

Offene Baustellen

Soziale Absicherung; faire Entlohnung für Kunst- und KulturarbeiterInnen; Aufstockung der Mittel für die freie Kulturszene und freien Community-Medien; Abschaffung der steuerrechtlichen Diskriminierung kleiner, unabhängiger Kulturvereine; Stärkung von Transparenz und Planungssicherheit in der Kulturförderung, etc. - die Liste an offenen kulturpolitischen Baustellen wird kontinuierlich länger. Kein einziger Punkt des Regierungsprogramms der Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden (präsentiert Jänner 2018) wurde bislang abgearbeitet. Kein einziger Dialog hat bislang zur Studie zur sozialen Lage der Kunst- und Kulturschaffenden stattgefunden, die abermals gezeigt hat, unter welchen desaströsen, prekären Bedingungen Kunst- und Kulturschaffende in Österreich arbeiten müssen.

Als Opposition lässt es sich leicht Forderungen aufstellen. Einige gute Vorlagen liegen aktuell im Kulturausschuss und harren ihrer Behandlung (z.B. zum Künstlersozialversicherungs-Fonds, zur Spendenabsetzbarkeit im Kulturbereich, zum UrheberInnenvertragsrecht, etc.). Das freie Spiel der Kräfte im Parlament wird zeigen, inwiefern die Parteien ihre Versprechen einlösen und Kunst und Kultur ernst nehmen – oder unter „ferner liefen“ mit „bitte auf später warten“ auf Wahlversprechen reduzieren.

Ähnliche Artikel

Pressemitteilung der IG Kultur Vorarlberg vom 15.11.2024 Keine großen Sprünge, aber durchaus Anlehnung an das Update der Landeskulturstrategie ortet die IG Kultur Vorarlberg im Arbeitsprogramm unter neuer, schwarz-blauer Regierung. Eine konkretere Einordnung könne jedoch erst mit Aussagen zum Kulturbudget 2025 gemacht werden. „Alle Argumente und Maßnahmen für ein zukunftsorientiertes, faires und professionelles Kunst- und Kulturschaffen liegen ja schon eine Weile auf dem politischen Tisch. Jetzt gilt es, den von den Koalitionspartnern erklärten Vorarlberger Mut auch in Zahlen auszudrücken“, so Mirjam Steinbock von der IG Kultur Vorarlberg. Dass das Ressort Kultur bei Landesrätin Barbara Schöbi-Fink bleibt, hält die Interessensvertretung für wertvoll.
Am 6. November wurde bei der konstituierenden Sitzung im Vorarlberger Landhaus die schwarz-blaue Regierung angelobt. Die bei der Landtagswahl am 13. Oktober stimmenstärkste ÖVP wählte die FPÖ als Regierungspartner und legte unter dem Motto "Der Vorarlberger Weg - mit Mut und Verantwortung für unser Land" ein knapp 100-seitiges Arbeitsprogramm für die nächsten fünf Jahre vor. Welche Inhalte für Kunst und Kultur in dieser Zeit fokussiert und umgesetzt werden sollen, haben wir uns im Detail angesehen.
Weit vor den Vorarlberger Landtagswahlen am 13. Oktober 2024 machte der Landeshauptmann deutlich, dass Vorarlberg 2025 einen Sparkurs fahren müsse. Vor dem Hintergrund der noch jungen Fair Pay-Strategie des Landes und den Ergebnissen aus der Studie zu den Einkommensverhältnissen Vorarlberger Künstler:innen scheinen die Aussichten für den ohnehin zu gering dotierten Anteil von Kultur am Gesamthaushalt des Landes nicht rosig. Nach offiziellem Start am 6. November in die Legislaturperiode der schwarz-blauen Koalition und der noch ausstehenden Budgetrealität für nächstes Jahr bleibt als Hoffnungsschimmer zumindest das Wissen, dass sich alle Landtagsparteien 2022 einstimmig zu Fairness in Kunst und Kultur aussprachen. Wir fragten noch vor der Landtagswahl bei der Kulturabteilung nach, wie sich Fair Pay seit 2022 realisieren ließ und welche Maßnahmen gemäß der Strategie zukünftig greifen sollen.