Aufruf zur Kündigung!

Appell des Kulturrat Österreich an (zukünftige) Arbeitslose und Politik anlässlich Zuverdienstverbot ab 1.1.2026

alexandre debieve via unsplash

 

Ab 1.1.2026 ist ein geringfügiger Zuverdienst zu Arbeitslosengeld nicht mehr möglich. Nur wenige, zum Teil zeitlich befristete Ausnahmen sind festgelegt. Und ein Übergangsmonat: Arbeitslose, die keine der Ausnahmen erfüllen, müssen die geringfügige Beschäftigung bis 31.1.2026 beenden, um im Jänner dennoch als arbeitslos zu gelten und für diesen Monat Arbeitslosengeld zu erhalten.

Warum? Das soll zur "Erhöhung vollversicherter Beschäftigungsverhältnisse" beitragen.

 

Appell an (zukünftige) Arbeitslose: Kündigungsfristen beachten! Oder von 551,10 Euro monatlich leben.


Wer arbeitslos ist und eine geringfügige Tätigkeit ausübt, ist gut beraten, jetzt zu klären, ob eine Ausnahme für die Fortsetzung des Zuverdiensts anwendbar ist. Ist das nicht der Fall, kommt die Schlüsselfrage: weiterarbeiten und von maximal 551,10 Euro pro Monat leben oder die geringfügige Tätigkeit beenden?

Oder der Arbeitslosigkeit mit einem neuen größeren Job ein Ende setzen, am besten fair bezahlt. "Doch wer keine vollversicherte Tätigkeit aus dem Hut zaubern kann und projektbezogen arbeitet wie beim Film, wo ein Dreh eben auch ein Ende hat, muss die geringfügige Beschäftigung zum AMS-Bezug jetzt aufgeben – wenn keine Ausnahme zutrifft." (Zora Bachmann, Dachverband der Filmschaffenden)

Jetzt ist wichtig: Kündigungsfristen beachten! In vielen Fällen wird die Kündigung JETZT vor Jahresende ausgesprochen werden müssen, um ein geringfügiges unselbstständiges Arbeitsverhältnis mit spätestens 31.1.2026 beenden zu können. Gemäß Angestelltengesetz gilt für Arbeitnehmer_innen eine einmonatige Kündigungsfrist bei unbefristeten Anstellungen. Im Dienstvertrag oder Kollektivvertrag kann eine abweichende Kündigungsfrist vereinbart sein. Auch bei unbefristeten Freien Dienstverträgen gelten ab 2026 Mindeststandards für Kündigungen, selbst für bereits vor dem 1.1.2026 bestehende Freie Dienstverträge.

 

Appell an die Politik: Gesetz reparieren!
Statt Arbeitslose zum Aufstocken in die Sozialhilfe schicken.
 

Die letzte Chance, das Aus für geringfügigen Zuverdienst zu Arbeitslosengeld noch rechtzeitig vor dem Inkrafttreten zu reparieren, haben die Abgeordneten zum Nationalrat vor wenigen Tagen vergeben. Auch wer besonders niedrige AMS-Geldleistungen bezieht und davon nicht leben kann, darf ab 2026 nicht mehr geringfügig dazuverdienen, sondern ist auf Sozialhilfe zum Aufstocken angewiesen. Das fördert Armut und trifft Frauen besonders. "Erschwerend in Kunst und Kultur kommt hinzu, dass das die Leute von ihrem Arbeitsmarkt fernhält", so Zora Bachmann über eine Branche, in der neue Engagements nicht über das AMS vermittelt werden, sondern stark von beruflicher Präsenz abhängen.

"Das Mindeste ist unverzügliche Schadensbegrenzung!", fordert Daniela Koweindl (IG Bildende Kunst) ein. Für selbstständigen Zuverdienst braucht es eine Möglichkeit zur Abgrenzung auf Zeiträume vor, während und nach dem Bezug von Arbeitslosengeld. "Wer tatsächlich geringfügige Aufträge während dem Bezug von Arbeitslosengeld absagen muss (kontraproduktiv enough!), darf nicht später von Rückforderungen durch das AMS bedroht sein. Ein Beispiel guter Praxis findet sich hier bei der Regelung für Selbstständige, um die Zuverdienstgrenzen während einem Bezug von Kinderbetreuungsgeld einzuhalten."

Die grundsätzliche Forderung lautet unverändert:

Zuverdienst zum Arbeitslosengeld muss möglich sein!
Zumindest bei Arbeitslosengeld unter der Armutsgefährdungsschwelle.

 

Weitere Informationen:

Soziale Verschlechterung besiegelt: AMS & Zuverdienstverbot ab 1.1.2026 – Nationalrat vergibt letzte Chance auf rechtzeitige Reparatur – atypische Erwerbsrealitäten werden ignoriert, auch in Kunst und Kultur

Zuverdienst beim AMS muss möglich sein! (Offener Brief vom 27.10.2025) – inklusive Reaktionen von Sozialministerium und auf Nachfrage an Vizekanzler und Minister für Kunst und Kultur Andreas Babler aus dem BMWKMS 

Stimmen gegen die Abschaffung von Zuverdienstmöglichkeiten am AMS: Künstler_innen, Kulturarbeiter_innen und andere zeigen, wieso es mit dem Aus von Zuverdienst zu radikalen Einschränkungen in der sozialen Absicherung für atypisch Arbeitende kommt.

Weitere Beiträge/Medienartikel/Ressorcen zum Thema

Toolbox: Gemeinsam für Zuverdienstmöglichkeiten zu Arbeitslosengeld!

 

Logo Kulturrat Österreich bunt
Der Kulturrat Österreich ist der Zusammenschluss von Interessenvertretungen in Kunst, Kultur und Freien Medien. Gemeinsam vertreten diese IGs rund 5.500 Einzelmitglieder sowie 70 Mitgliedsverbände mit deren 360.000 Mitgliedern, über 1.000 Kulturinitiativen und 16 freien Rundfunkstationen. 

Die IG Kultur Österreich ist Gründungsmitglied und Vorstandsmitglied.

 


 

 

 

Ähnliche Artikel

Zuverdienst zum AMS ist weitgehend Geschichte Nationalrat vergibt letzte Chance auf rechtzeitige Reparatur – atypische Erwerbsrealitäten werden ignoriert, auch in Kunst und Kultur. Pressemitteilung des Kulturrat Österreich vom 12.12.2025
#ZuverdienstAMS Noch ist ein geringfügiger Zuverdienst zu Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe möglich. Damit soll ab 2026 Schluss sein. Eine gesetzliche Korrektur ist noch möglich: Der Sozialausschuss im Parlament tagt am 3.12.2025, Nationalrat- und Bundesratssitzung folgen noch im Dezember. Wie ihr das Anliegen unterstützen und euch für eine Beibehaltung der Zuverdienstmöglichkeit am AMS einsetzten könnt, erfahrt ihr in dieser Toolbox des Kulturrat Österreich.
Symbolbild für offenen Brief, Stift über Papier In einem Offenen Brief richten wir uns als ARGE Kulturelle Vielfalt an Vizekanzler und Bundesminister Andreas Babler mit dem Aufruf, die angekündigte interministeriellen Arbeitsgruppe zur besseren Absicherung von Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen baldigst zu starten. Angesichts der Gesetzesänderung zur Abschaffung des Zuverdienstes zum Arbeitslosengeld steht nicht eine Verbesserung, sondern eine konkrete Verschlechterung bevor.