Khomeinis Antirassismus
Das Morphing ist eine beliebte politische Technik der Gegenwart. Beim Morphing werden die Konturen von Gegenständen aufgelöst, sodass sich ein Donut vor den verdutzten Augen der Zuschauer nahtlos in eine Kaffeetasse verwandeln kann. Beim politischen Morphing sind die Ergebnisse noch erstaunlicher. So werden militärische Aktionen zu Entwicklungshilfemissionen gemorpht, Nazis verwandeln sich in Pazifisten, Islamisten in Antirassisten und Radfahrer in Tierschützer.
Das Morphing ist eine beliebte politische Technik der Gegenwart. Beim Morphing werden die Konturen von Gegenständen aufgelöst, sodass sich ein Donut vor den verdutzten Augen der Zuschauer nahtlos in eine Kaffeetasse verwandeln kann. Beim politischen Morphing sind die Ergebnisse noch erstaunlicher. So werden militärische Aktionen zu Entwicklungshilfemissionen gemorpht, Nazis verwandeln sich in Pazifisten, Islamisten in Antirassisten und Radfahrer in Tierschützer. Aber was haben eigentlich Radfahrer in dieser Aufzählung zu suchen?
Womit wir bei Khomeini wären. Unter der geistigen Patronage des grimmen Ayatollah fand kürzlich in Berlin eine Demonstration statt, deren Ziel bei den Vorgängerveranstaltungen der letzten Jahre präzise als Vernichtung Israels angegeben wurde. So deutlich mochte man sich heuer nicht mehr artikulieren, zumal nach den Anschlägen auf mehrere Synagogen und das britische Generalkonsulat in Istanbul wenige Tage zuvor. So wurde die ganze Veranstaltung kurzerhand unter das Zeichen des Antirassismus gestellt. Ergebnis: eine Schar von Islamisten zog unter universalistisch-antirassistischen Parolen durch Berlin, während sich der Redner abwechselnd gegen Holocaust, Apartheid und israelische Besatzung aussprach und all diese Ereignisse wild miteinander gleichsetzte. Nur wenige Male entgleiste der Redner aus seinem hehren zivilgesellschaftlichen Diskurs, etwa als er das friedliche Zusammenleben von Juden, Palästinensern und Christen in Palästina pries, bis eine Schar von "ausländischen Einwanderern" das ersprießliche Beisammensein "überfremdet" habe. Dazu passend bildete ein bedrohlich munkelndes Plakat den Schluss des seltsamen Umzugs, das vollmundig verkündete, dass es jetzt mit den Lügen vorbei sei, da nun die Wende komme. Auf der Rückseite des Plakats stand sinngemäß: "Schluss mit der Diktatur der Medien der US-Ostküste (Wiesenthal)". Dasselbe klassisch antisemitische und verschwörungstheoretische Plakat war auch auf einer NPD-Demonstration vor einem Jahr in Berlin zu sehen.
Dieser Umzug stellte somit ein für die Gegenwart symptomatisches Morphing dar: was hinten noch original aus der Requisitenkammer der Faschisten stammt, hat sich vorne schon in einen antirassistischen und von der Provenienz her durch und durch liberalen PC-Mitleidsdiskurs hineingemorpht, der die Inklusion benachteiligter Randgruppen in die Zivilgesellschaft fordert. Die einzig rationale Reaktion auf diesen liberal-islamistisch-faschistischen Antirassismus kam von einem sichtlich überforderten älterer Radfahrer. Überwältigt von diesem überbordenden Inklusionsdiskurs brüllte dieser: Tiere sind auch eine Rasse!
Nach der Logik der Demonstration könnte aber auch dieser bald auf der Liste der zu vernichtenden Spezies landen. Denn über Radfahrer und die Weltverschörung gibt es einen prägnanten Witz. Sagt ein Mann zum anderen: Die Juden sind an allem schuld! Sagt der andere: Ja genau, die Juden und die Radfahrer. Meint der erste: wieso die Radfahrer? Sagt der zweite: wieso die Juden?