Euro MayDay 2005: Wir sind das Prekariat!

<p>Um Prekarität aus dem Randwinkel ins Zentrum politischer und öffentlicher Wahrnehmung zu rücken, findet nach Barcelona und Mailand am 1. Mai 2005 erstmals auch in Wien eine lautstarke <a href="http://mayday.lnxnt.org/blog/">Euro-MayDay-Parade</a&gt; statt.<br /> <br /> <b>Die IG Kultur Österreich ruft dazu auf, zahlreich daran teilzunehmen.</b><br /> <br /> <br /> Seit einigen Jahren wird in verschiedenen europäischen Städten der traditionelle ArbeiterInnenkampftag

Um Prekarität aus dem Randwinkel ins Zentrum politischer und öffentlicher Wahrnehmung zu rücken, findet nach Barcelona und Mailand am 1. Mai 2005 erstmals auch in Wien eine lautstarke Euro-MayDay-Parade statt.

Die IG Kultur Österreich ruft dazu auf, zahlreich daran teilzunehmen.


Seit einigen Jahren wird in verschiedenen europäischen Städten der traditionelle ArbeiterInnenkampftag 1. Mai mit neuen Formen und Inhalten gefüllt. Euro-MayDay nennt sich eine europaweite Kampagne, deren thematische Klammer die gegenwärtige Prekarisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse bildet. Die "MayDay"-Aktivitäten setzen sich dabei mit bunten, lauten und kreativen Formen sowie durch eine Verschiebung des inhaltlichen Fokus von den traditionellen Demonstrationen am 1. Mai ab, ohne jedoch in ein Konkurrenzverhältnis zu diesen treten zu wollen.

Waren anfangs noch einige hundert AktivistInnen unterwegs, so waren es im letzten Jahr fast 100.000 in Mailand und auch in Barcelona und anderen europäischen Städten wurden Paraden organisiert. So entstand die Idee des Euro-MayDay - einer europäischen Vernetzung rund um die Aktivitäten zum 1. Mai sowie zum Thema der Prekarisierung.

Ausgangspunkt besagter Vernetzung ist die Annahme, dass wir es beim Phänomen der "Prekarisierung", also bei der fortschreitenden Entsicherung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen keineswegs mit einem "Randphänomen" zu tun haben. Vielmehr, so die Vermutung der MayDay-AktivistInnen, handelt es sich dabei um ein strukturelles Phänomen, das längst schon die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit erfasst hat.

KünstlerInnen und Kulturschaffenden - insbesondere jenen des so genannten "Freien Bereichs" - kommt dabei insofern eine Art Sonderstellung zu, als diese selbst in der Hochphase des so genannten "Normalarbeitsverhältnisses" an dieser (trügerischen) "Normalität" kaum jemals teilhatten. So gesehen waren sie immer schon "A-Typische", wenn damit die Abweichung von der Norm einer Beschäftigungsform gemeint ist, die auf unbefristeten Vertragsbeziehungen basierte sowie durch ausreichende monetäre Absicherung und umfassende Integration in die sozialen Sicherungssysteme gekennzeichnet war.

Nichtsdestotrotz erfasst der heute sich entfaltende Prekarisierungsschub auch den kulturellen Sektor, insofern zum einen die durch neoliberale Deregulierungs- und Privatisierungsunternehmungen vorangetriebene Entsicherung der Verhältnisse auch hier destabilisierend wirkt. Zum anderen ist es zumindest verwunderlich, dass just in jenem Moment, da die Charakteristika dieses Feldes auf immer weitere Bereiche der Gesellschaft übergreifen, man gerade auch hier damit beginnt, die vielfach ohnedies nur rudimentär existierenden Systeme der sozialen Absicherung infrage zu stellen und massiv unter Beschuss zu nehmen (siehe z.B. die Kürzung des Bundeszuschusses zur Künstlersozialkasse in Deutschland seit 1999, die im Januar 2004 in Kraft getretene Neuregelung der Arbeitslosenversicherung für freie KulturarbeiterInnen in Frankreich oder auch die verheerende Situation in Österreich).

Das Ziel des Euro-MayDays wäre mithin, als eine Art Impulsgeber zu fungieren, um auf eine stärkere Allianzenbildung zwischen den Prekarisierten der unterschiedlichen Felder sowie auf eine Koordinierung der Kämpfe um soziale Sicherheiten hinzuwirken. Denn für die sozialen Rechte als Kulturschaffende einzutreten, macht wohl nur dann Sinn, wenn "man die Absicherung künstlerischer Prekarität als Exempel für alle Prekären versteht und damit die eigenen, zunächst begrenzten Forderungen einschreibt in den gesellschaftlichen Kampf um soziale Rechte", wie das die "Coordination des Intermittents et Précaires d'Ile de France" - also der Zusammenschluss jener Kulturprekären, die sich seit einiger Zeit bereits gegen die angesprochene Reform der Arbeitslosenversicherung in Frankreich zur Wehr setzt - formulierte.

In diesem Sinn rufen wir euch alle hiermit auf, am 1. Mai 2005 gemeinsam die "Euro-Mayday-Parade" in Wien zu gestalten! Denn wie es auf der letztjährigen Euro-MayDay-Parade in Barcelona hieß: "PRECARIOUSNESS is what we live, FLEXICURITY is what we want!" Und um "Flexicurity", also eine Verbindung unseres "flexiblen Lebens" mit "sozialen Sicherheiten" erreichen zu können, wird es unabdingbar sein, über die Grenzen unserer eigenen Betroffenheit hinaus zu blicken und uns im Kampf darum mit anderen zu vernetzen. Die erste Euro-MayDay-Parade in Wien soll dafür, aber auch zum Tanzen Gelegenheit bieten, wobei: Selbst getanzt wird hier prekär, versteht sich!


Treffpunkt

Sonntag, 1. Mai 2005, 14.00 Uhr
Mexikoplatz, A-1020 Wien (U1-Station: Vorgartenstraße)



Weiterführende Informationen

Daniela Koweindl: Die fabelhafte Welt des Franz

Andrea Ellmeier - Prekäre Arbeitsverhältnisse für alle?

Coordination des Intermittents et Précaires d'Ile de France - Spektakel diesseits und jenseits des Staates

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