Kunstvermittlung Band 1 & 2

Das Thema „Kulturelle Bildung“ ist in aller Munde (selbst in dem der Bundesministerin Schmied, auch wenn sich – wie sonst auch – in diesem kulturpolitischen Feld sehr wenig tut). Der Grund dafür liegt in der Komplexität des Feldes und des Begriffes an sich.

Das Thema „Kulturelle Bildung“ ist in aller Munde (selbst in dem der Bundesministerin Schmied, auch wenn sich – wie sonst auch – in diesem kulturpolitischen Feld sehr wenig tut). Der Grund dafür liegt in der Komplexität des Feldes und des Begriffes an sich. Nicht nur deshalb empfiehlt es sich, am besten beide Bände von „Kulturvermittlung“ in die Hand zu nehmen.

Band 1 verschafft der/dem LeserIn einen Überblick über Vermittlungsformate und Modelle der Kooperation mit BesucherInnen auf der documenta 12 (d12). Besonders hilfreich und spannend ist dabei die beigelegte DVD, auf der einige der ansonsten flüchtigen Momente festgehalten sind und in anderer Weise Eindrücke der Arbeit sowie der Materialien vermittelt werden. Die Formate kreisen um das Thema einer Öffnung der Institution documenta hin zu einer Lokalität durch den erstmals eingesetzten d12-Beirat, besetzt mit Menschen aus Kassel; durch die Anbindung an das Kulturzentrum Schlachthof; und durch verschiedenste andere Aktivitäten, wie die Welt bewohnen (SchülerInnen führen Erwachsene) oder aushecken (ein für Kinder und Jugendliche gewidmeter Raum mit speziellen Angeboten). Denn mit der Behauptung der gesellschaftlichen Relevanz von Kunst stellen sich die HerausgeberInnen die Frage, wer welchen Zugang zu Kunst hat.

Band 2 dokumentiert die Ergebnisse der Begleitforschung und zeigt die Arbeitsweisen der Forschungsgruppe in ihrer Vielstimmigkeit mal theoretischer, mal praxisorientierter auf. Zusätzlich zu dem von der Forschungsgruppe erstellten Glossar und zu Werkbeschreibungen kompletieren drei Gastbeiträge den Band: Andrea Hubin befasst sich in ihrem historischen Beitrag mit der d1 und ihrer Abwehr von Vermittlung; Ruth Noack beschreibt ihre Ansichten zu Bildung und Vermittlung aus der Perspektive einer der KuratorInnen; und María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan liefern in ihrem Beitrag eine unabkömmliche und notwendige postkoloniale Kritik für das Feld der kulturellen Bildung per se.

Für die Einleitung des Bandes zeichnet Carmen Mörsch verantwortlich, die für die wissenschaftliche Begleitung der Kunstvermittlung auf der d12 zuständig war. Trotz ihrer Sperrigkeit skizziert besagte Einleitung sehr treffend die Grenzlinien, Bruchstellen und Brücken des Feldes: Wie sich wehren gegen ein reines Dienstleistungsverhältnis mit der Institution? Wie eine Praxis der kritischen Kunstvermittlung entwickeln und postkoloniale, feministische, queere u. a. Aspekte einflechten? Wie die Rahmenbedingungen für Vermittlung auf der documenta erschüttern? uvam. Darauf folgt die schon beschriebene Vielstimmigkeit eines multiprofessionellen Vermittlungsteams und deren Abarbeitung von Kommunikationsprozessen sowie von den vorgelagerten Strukturen, die ansonsten selten dokumentiert werden. Wie die eigene SprecherInnenposition dekonstruieren, wenn diese ständig schon durch sexistische, rassistische, … Bemerkungen untergraben wird, ist eine der vielseitig beleuchteten Fragen. Aber auch die Beschreibungen vom Experimentieren mit Performativität sowie mit Sprech- und Blickregimes in der Vermittlung liefern Denkanstösse, nicht nur für die im Feld Tätigen.

Wanda Wieczorek, Claudia Hummel, Ulrich Schötker, Ayşe Güleç, Sonja Parzefall: Kunstvermittlung 1. Arbeit mit dem Publikum, Öffnung der Institution. Formate und Methoden der Kunstvermittlung auf der documenta 12. Zürich: diaphanes 2009 + DVD mit Materialien
Carmen Mörsch und das Forschungsteam der documenta 12- Vermittlung: Kunstvermittlung 2. Zwischen kritischer Praxis und Dienstleistung auf der documenta 12. Ergebnisse eines Forschungsprojektes. Zürich: diaphanes 2009

Ähnliche Artikel

Documenta15, ©Patrick Kwasi Die Documenta ist eine der wichtigsten Kunstausstellungen der Welt. Die aktuelle Ausgabe war Sensation und Skandal zugleich. Die Documenta hat versucht, die institutionellen Schranken zu überwinden und es auch tatsächlich geschafft, die politischste, partizipativste, vielfältigste und dynamischste Documenta zu werden, die es je gab. So viel freie Szene gab es in der Hochkultur noch nie. Doch über die Kunstwelt hinaus drangen die Nachrichten über antisemitische Bilder und die Frage, was Kunst darf. Die Documenta ist auch ein Lehrstück über die Grenzen der Kunst. Nur nicht so, wie ihr denkt.
Ein solcher Mensch, der sich gerne von mir versorgen lässt, und auch schon so manche laue Sommernacht mit mir auf meiner Gartenhüttenveranda verbracht hat, ist Peter. Mittelschullehrer (Geschichte und Deutsch), nach eigenen Angaben naturverbunden und engagiert – in meinen Augen aber ein fauler Kerl. Noch nie in unserer nun schon Jahrzehnte währenden Freundschaft habe ich es geschafft, dass er mir bei meinen Herbstarbeiten hilft.
Das Foto auf dem Buchcover zeigt fünf in Blaumänner gekleidete Personen in einem Raum, der in seiner Artifizialität an den white cube einer Galerie erinnert. Das abgebildete Setting vermittelt den Eindruck einer Installation und scheint – wie bei jedem Cover – eine Analogie zu den im Buch verhandelten Inhalten nahe zu legen.