Der Ursprung des Jazzit liegt in einem ersten Jazzkonzert 1981. Im Jahr 1990 übernimmt Andreas Neumayr die Leitung der Reihe „Jazz im Theater“, um ihr dann 2002 das heutige Zuhause in der Elisabethstraße und den Namen „Jazzit“ zu geben.
Es folgen Jahre des Existenzkampfes: Budget und Publikum für den ganzjährigen Betrieb einer Spielstätte für Jazz und improvisierte Musik wollen gewonnen werden. Den hohen musikalischen Ansprüchen und den Herausforderungen des Standortes begegnet Neumayer stets mit kreativen Lösungen und einer unendlichen Portion Optimismus.
Das Jazzit etabliert sich zu einem fixen Bestandteil der Salzburger Kulturszene, gefördert von Stadt, Land und Bund. Der Verein und das Team tragen die Ideen und Impulse von Neumayr weiter und ergänzen sich zu einem schlagkräftigen, konzert- und festivalerprobten Kulturbetrieb.
So entsteht über die Jahre und durch Neumayers konsequente Programmierung ein anspruchsvoll-vielfältiges Programm: von der Kinder- und Jugendförderung in Form von speziellen Angeboten und Workshops über den Kristallisationspunkt für musikalische Ideen und neue Bands, wöchentlichen Jam-Sessions bis hin zu zahlreichen Konzertreihen von Weltmusik bis Avantgarde. 2004 Label-Gründung (Jazzit: CD-Edition), als Starthilfe für junge talentierte Jazz-Musiker*innen.
Als Krönung dieser Erfolge Neumayers darf gesehen werden, dass das Jazzit von Downbeat, Jazz-Magazin schlechthin, in die weltweiten Top-Jazz-Venues aufgenommen wurde.
2024 erhält Andreas Neumayer den hochdotierten Salzburger Kulturfondspreis. Er engagiert sich nach eigenem Wunsch auch weiterhin als Leiter des als selbständiger Verein geführten „Take the A-Train“-Festivals und einzelner Konzerte im Jazzit.

Gedanken zum Leitungswechsel
Die vorangegangene Einführung verweist auf den hohen Stellenwert des ‚Pioniers‘ und seiner Leistungen – was es als besonders anspruchsvoll erscheinen lässt, eine*n geeignete*n Nachfolger*in zu finden. Nach über dreißig Jahren engagierter Arbeit für Jazz und improvisierte Musik in Salzburg durch Andreas Neumayer und seiner anstehenden Pensionierung ist eine Staffelübergabe aber notwendig geworden. Es gilt einen Club zu übernehmen, der jährlich im Durchschnitt zweihundert Veranstaltungen mit 18.000 Besucher*innen bewältigt. Uns, dem Vorstand ist die Dringlichkeit bewusst, dass solch ein Übergabeprozess eine längere Vorbereitungsphase erfordert. Einerseits stehen organisatorische Klärungen an, anderseits die Schärfung wechselseitiger Erwartungen, also sorgfältige Rollenklärungen. Deshalb starteten wir den Prozess des Generationenwechsels bereits eineinhalb Jahre vor der Übergabe.
Der Leitungswechsel, gerade von Pionierbetrieben, ist immer auch stark emotional beeinflusst durch Fragen wie: Wird mein*e Nachfolger*in mein Werk gut fortsetzen und das Überleben der Organisation sichern können? Werde ich als Übergeber wirklich loslassen können, abgeben können? Werde ich als Nachfolger*in das Wesen und den Zweck sowie das Leitbild des Jazzit hinreichend erfüllen können? Werde ich Gestaltungsmöglichkeiten haben und wo werden die Grenzen liegen? Wird der oder die Neue den Erfolg fortsetzen können im Sinne des Vereinszwecks? Wie schaffen wir Akzeptanz der oder des Neuen durch das Publikum und die Subventionsgeber? Was gilt es zu tun, um die Veränderung und die Akzeptanz durch das Team und den Vorstand positiv voranzutreiben? Welche Ambivalenzen und ‚Balancen‘ gilt es zu bewältigen: Bewahrung vs. Erneuerung, Verantwortung abgeben vs. Verantwortung übernehmen, Sicherheit vs. Unbestimmtheit, Führung des Teams vs. Selbstverantwortung/Erfahrung des Teams u.a.

Die sorgfältige Bearbeitung dieser Fragen und Ambivalenzen durch laufende strukturierte Dialoge waren dabei sehr zweckdienlich. Ebenso hat sich die dafür notwendig aufgewendete Zeit gelohnt. Zahlreiche potenzielle Konfliktfelder konnten so vorab schon besprochen und sorgfältig geklärt werden. Einen wichtigen Rahmen der Orientierung dafür hat uns immer wieder der reflexive Bezug zu unserem Leitbild geboten.
Der Übergabeprozess (geplanter Führungswechsel 1.7. 2023)
- Erarbeitung eines Stellenprofils für die neue Geschäftsführung/Künstlerische Leitung durch den Vorstand des Vereins Jazzit
- Festlegung der Zielorganisationen (Bewerbung) und Ausschreibung an:
IG Kultur, Dachverband Salzburg, KUPF, Jazzclubs, Regionale Tageszeitung SN, Homepage; 15.1.22 - Bewerbungen per Mail an den Vorstand bis 18.2.2022 (bis dahin 13 Bewerbungen, davon eine intern)
- Vorauswahl der schriftlichen Bewerbungen und erste persönliche Absagen bis 7.3.22; gleichzeitig Erkundung von Interesse der abgesagten Bewerber*innen für eine anderweitige Mitarbeit im Verein
- Einladung zu Erstgesprächen (Jury: Vorstand; Kriterienliste laut Stellenprofil) ab März 2022
- Weitere Auswahl/schriftliche und mündliche Absagen
- Vier Kandidat*innen in Endauswahl und zweiter Durchgang dieser Kandidat*innengespräche im April 2022 (Vorstand und ein*e externe Beobachter*in/Unternehmensberater*in)
- Entscheidung Juni 2022 (ein Jahr vor Übergabe) mittels untenstehendem Entscheidungsprocedere
- Bisheriger GF/Künstlerischer Leiter hat ein Vetorecht (wurde nicht wahrgenommen)
Entscheidungsprocedere:
- Argumente und Dialog der Jury nach Stärken/Schwächen der Kandidat*innen, inklusive einer externen Unternehmensberaterin (ehrenamtlich)
- Qualitativ-quantitative Bewertung mit Methode „Systemisch konsensieren“ = keine demokratische Abstimmung, sondern: wo sind ‚geringste Widerstände‘ der Jury bei den Bewerber*innen = größtmöglicher Konsens der Jury > Bewertung ohne externe Beraterin)
- Eindeutig konsensuale Entscheidung mit höchster Stimmigkeit im Juni 2022 für den 36-jährigen externen Bewerber Jürgen Vonbank
- Persönliche Gespräche/Feedback mit den vier Endkandidaten Juni 2022;
Besonderer Fokus auf den ausgeschiedenen internen Bewerber für seine weitere Rolle als Teammitglied in der Zukunft ein ausgeschiedener Kandidat wird als Vorstandsmitglied geworben - Interne Mitteilung ans Team
- Oktober 2022 – Teammeeting mit neuem GF/künstlerischem Leiter
- Jänner 2023 – Pressekonferenz mit neuem GF/künstlerischem Leiter
- April bis Juni 2023 – dreimonatiger Übergabeprozess mit zwei GFs/KL (die Kosten des Übergabeprozesses wären durch das Land Salzburg finanziert worden, wurden aber zu spät beantragt)
- Mai 2023 – Klausur/Teambuilding mit bisherigem und neuem GF, angestellten Mitarbeiter*innen und Vorstand
Resümee:
Übergeber*innen sind sehr bereit und gewillt, einen guten Übergang zu gestalten. Der emotionale Faktor des Loslassens wiegt jedoch schwer, da oftmals (berechtigte) Ängste um eine erfolgreiche Fortführung des bisher Geschaffenen dominieren. Somit gilt es, sowohl auf sachlich-organisatorischer Ebene, auf emotionaler Seite wie auch auf einer klar ersichtlichen Struktur des gesamten Übergabeproz
https://www.organisationskultur.at
Willi Tschernutter, Obmann des Vereins Jazzit, Organisationsberater & Coach & Mediator
tschernutter@organsiationskultur.at
Fotos: © Hannes Angler / © Markus Lackinger

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.25 „ÜBERGABE KULTUR“ des Magazins der IG Kultur Österreich - Zentralorgan für Kulturpolitik und Propaganda erschienen.
Das Magazin kann unter office@igkultur.at (5,50 €) bestellt werden.