Monatlich 75 Euro steuerfrei für ehrenamtliche Tätigkeit im Verein gehört der Vergangenheit an. Welche finanzielle Anerkennung freiwilligen Engagements ist aktuell möglich?
Karin Kovacs, KPMG– In der Vergangenheit wurden für freiwilliges Engagement steuerfreie Aufwandsentschädigungen ausbezahlt. Für diese steuerfreie Aufwandsentschädigung gab es jedoch keine gesetzliche Grundlage. Sie basierte auf einer nur für Finanzämter verbindlichen Richtlinie des BMF. Um hier Rechtssicherheit zu schaffen, wurde das Freiwilligenpauschale eingeführt. Dabei unterscheidet man zwei Arten des Freiwilligenpauschales:
Das kleine Freiwilligenpauschale beträgt EUR 30,00 pro Tag und maximal EUR 1.000,00 pro Jahr. Das große Freiwilligenpauschale beträgt EUR 50,00 pro Tag und maximal EUR 3.000,00 pro Jahr.
Das große Freiwilligenpauschale kann von mildtätigen Organisationen bzw. Organisationen im Fürsorgebereich ausbezahlt werden. Zusätzlich kann das große Freiwilligenpauschale von allen Organisationen für bestimmte Tätigkeiten ausbezahlt werden. Diese Tätigkeiten sind z.B. Funktion als Ausbildner oder Übungsleiter. Darunter sind Tätigkeiten als Wissensvermittler im kulturellen und künstlerischen Bereich zu verstehen, durch die die Entwicklung geistiger und körperlicher Fähigkeiten anderer Menschen durch Ausbildung vorhandener Anlagen oder Anleitung zur Entwicklung und Erprobung von Fähigkeiten gefördert werden. Die Vortragstätigkeit in Webinaren, Erteilung von Schauspielunterricht, Musikunterricht würde unseres Erachtens unter das große Freiwilligenpauschale fallen.
Können alle Vereine das Freiwilligenpauschale nutzen oder nur gemeinnützige Vereine?
Karin Kovacs, KPMG– Das steuerfreie Freiwilligenpauschale kann nur von steuerbegünstigten Organisationen gemäß §§ 34 ff BAO gewährt werden. Dies bedeutet, dass die Organisation gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgen muss. Nicht jeder im Vereinsregister eingetragene Verein ist steuerbegünstigt bzw. gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts. In diesem Zusammenhang ist auf das Erfordernis einer Rechtsgrundlage hinzuweisen, die alle formalen Voraussetzungen des Steuerrechts erfüllen muss. Eine steuerfreie Auszahlung des Freiwilligenpauschales durch nicht gemeinnützige Organisationen ist nicht möglich! Zum Beispiel kann ein gewinnorientierter Veranstalter von Konzerten an ehrenamtlich Tätige nicht das Freiwilligenpauschale steuerfrei auszahlen.
IG Kultur: Das heißt für Kulturvereine, dass ihre Statuten den Anforderungen der Gemeinnützigkeit entsprechen müssen, ebenso wie ihre tatsächliche Geschäftsführung. Wenn die Statuten eures Kulturvereins schon länger nicht mehr aktualisiert wurden oder ihr euch unsicher seid, empfehlen wir euch dringend eine Überprüfung der Statuten, ob sie den aktuellen Anforderungen entsprechen. Mitglieder der IG Kultur können sich für eine kostenlose Ersteinschätzung zum Statuten-Check jederzeit an uns wenden. Ebenso stellen wir Musterstatuten zur Verfügung. |
Kann das Freiwilligenpauschale für alle Tätigkeiten ausgezahlt werden oder gibt es Beschränkungen?
Karin Kovacs, KPMG– Das kleine Freiwilligenpauschale kann grundsätzlich für alle Tätigkeiten des freiwilligen Engagements ausbezahlt werden. Dies umfasst einerseits den sogenannten unentbehrlichen Hilfsbetrieb, als auch entbehrlichen Hilfsbetrieb oder begünstigungsschädliche Tätigkeit. Somit alle Tätigkeiten, die nicht mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden. Das kleine Freiwilligenpauschale kann sowohl für die Tätigkeit bei einer Konzertveranstaltung oder einer Ausstellung als auch für die Tätigkeit in der Verwaltung (z.B. Buchhaltung) oder für die Tätigkeit bei einem Vereinsfest gezahlt werden. Das Freiwilligenpauschale kann jedoch nicht für die Tätigkeit von gewerblich tätigen Veranstalter*innen, Produzent*innen, etc. gewährt werden.
Eine weitere Beschränkung besteht, wenn der*die ehrenamtlich Tätige bei der Organisation angestellt ist und anstelle des bisherigen Gehalts ein Freiwilligenpauschale erhält. Es ist jedoch möglich, dass ein*e Dienstnehmer*in der Organisation auch ein Freiwilligenpauschale erhält, wenn er*sie eine andere ehrenamtliche Tätigkeit ausübt als seine*ihre Tätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses ist. Ein Beispiel wäre, dass eine Dienstnehmerin einer Organisation, die in der Verwaltung (z.B. Buchhaltung) tätig ist, bei einer Veranstaltung die Eintrittskarten kontrolliert.
Anmerkung: Das große Freiwilligenpauschale ist hingegen für bestimmte, vom Gesetz definierte Tätigkeiten, oder bestimmte Einrichtungen möglich.
Kann das Freiwilligenpauschale für unterschiedliche Tätigkeiten einer Person ausbezahlt werden?
Karin Kovacs, KPMG– Ja, das Freiwilligenpauschale kann für unterschiedliche Tätigkeiten erhalten werden. Hilft eine Person bei einer Veranstaltung an einem Tag z.B. bei der Kontrolle der Eintrittskarten aus (kleines Freiwilligenpauschale), kann die Person am nächsten Tag als Vortragende das große Freiwilligenpauschale für diesen Tag erhalten. Die Person kann für unterschiedliche Tätigkeiten eingesetzt werden.
Voraussetzung ist jedoch immer, dass kein Dienstverhältnis vorliegt und die Freiwilligenarbeit somit nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt.
Kann das Freiwilligenpauschale grundsätzlich an jede Person, die ehrenamtlich für den Verein tätig wird, ausbezahlt werden oder gibt es Beschränkungen z.B. auf Vereinsmitglieder?
Karin Kovacs, KPMG– Das Freiwilligenpauschale kann grundsätzlich an alle ehrenamtlich Tätigen ausbezahlt werden. Voraussetzung ist – wie bereits erwähnt – dass die Zahlung freiwillig erfolgt und kein Dienstverhältnis vorliegt oder das Freiwilligenpauschale nicht aufgrund von gesetzlichen Verpflichtungen, kollektivvertraglichen Regelung oder sonstigen arbeitsrechtlichen Verpflichtungen ausgezahlt wird. Bei gewählten Funktionär*innen wird nach Ansicht der Finanzverwaltung auch bei regelmäßiger Auszahlung von pauschalen Aufwandsentschädigungen kein Dienstverhältnis vorliegen. Das Freiwilligenpauschale kann grundsätzlich auch an Personen ausbezahlt werden, die in Österreich keinen Wohnsitz haben. In diesem Fall ist jedoch zu klären, ob für den ehrenamtlich Tätigen im Ausland eine Steuerpflicht entsteht.
Jedoch ACHTUNG: Die Steuerbefreiung des Freiwilligenpauschales führt nicht dazu, dass sonstige Regelungen, wie Arbeitsbewilligungen, Arbeitsschutzbestimmungen etc. nicht einzuhalten sind. Bei einer Beschäftigung von in Österreich nicht wohnhaften Personen bzw. Personen, die in Österreich keine aufrechte Arbeitsbewilligung haben, sollte im Vorfeld die arbeitsrechtlichen Bestimmungen im Detail geprüft werden bzw. mit dem AMS die Beschäftigungsmöglichkeit geklärt werden.
Wie ist ein Einsatztag bei Zahlung eines Freiwilligenpauschales zu verstehen?
Karin Kovacs, KPMG– Ein Einsatztag ist als Kalendertag definiert. Das heißt, bei einem Einsatz von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr des nächsten Tages, kann das Freiwilligenpauschale für zwei Einsatztage bezahlt werden. Wird eine Person an mehreren Tagen tätig, kann für jeden einzelnen Tag ein Freiwilligenpauschale pro Einsatztag, max. bis EUR 1.000,00 bzw .EUR 3.000,00 (bei Ausbildner*innen) pro Jahr steuerfrei ausbezahlt werden.
Die Organisation muss Aufzeichnungen über den Einsatztag, die ausgeübte Tätigkeit und die Höhe des ausbezahlten Freiwilligenpauschales führen. Sofern ein Nachweis bzw. Aufzeichnungen nicht geführt werden, kann kein Freiwilligenpauschale ausbezahlt werden.
IG Kultur: Ein Mindestumfang bezüglich Dauer und Art der Tätigkeit ist formal nicht definiert. Entscheidend ist, dass der jeweilige Einsatztag, die ausgeübte Tätigkeit und Höhe des ausbezahlten Freiwilligenpauschales dokumentiert werden. Das heißt, sollen z.B. ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder ein Freiwilligenpauschale erhalten – etwa für Sitzungen, Vorbereitung von Unterlagen, Überprüfung der Finanzen – so ist dies bei entsprechender Dokumentation möglich. Wir empfehlen Regelungen dazu grundsätzlich in einer Geschäftsordnung festzuhalten (z.B. für welche Vorstandstätigkeiten ein Freiwilligenpauschale in welcher Höhe gebührt). |
Welche Dokumentationspflichten müssen Kulturvereine bei dem Freiwilligenpauschale beachten?
Karin Kovacs, KPMG– Wie bereits erwähnt, muss die Organisation Aufzeichnungen über den Einsatztag, die ausgeübte Tätigkeit und die Höhe der ausbezahlten Freiwilligenpauschalen führen. Der Gesetzgeber bzw. Vereinsrichtlinien führen nicht näher aus, in welcher Art und Weise die Aufzeichnungen zu führen sind. Grundsätzlich gilt für steuerliche Zwecke, dass die Aufzeichnungen zeitnah und vollständig zu führen sind und in einer Form, dass nachträgliche Veränderungen nicht möglich sind. Die Führung eines Fahrtenbuchs im Excel durch Dienstnehmer*innen für das Dienstauto ist z.B. nicht zulässig.
Unseres Erachtens sollte die Führung einer Excel-Liste möglich sein, wenn die Zahlungsausgänge zeitgleich auch in der Buchhaltung erfasst werden. In der Excel-Liste können dann die zusätzlichen Daten wie Name, Anschrift, Art der Tätigkeit, Höhe des ausbezahlten Freiwilligenpauschales erfasst werden. Zu beachten ist jedoch, sollten die Höchstbeträge überschritten werden, müssen die Daten über Finanzonline an das Finanzamt bis Ende Februar des Folgejahres gemeldet werden.
Zwecks Dokumentation ist es sicher zu empfehlen, dass der*die ehrenamtlich Tätige den Erhalt des Freiwilligenpauschales bestätigt.
Die Auszahlung muss nicht laufend erfolgen, sondern kann auch monatsweise oder einmal im Jahr erfolgen. Wesentlich ist nur in diesem Fall, dass die Höhe des ausbezahlten Freiwilligenpauschales mit den Aufzeichnungen übereinstimmt bzw. die einzelnen Einsatztage nachgewiesen werden können.
IG Kultur: Eine Vorlage für die Bestätigung des Erhalts des Freiwilligenpauschale findet ihr hier. |
Welche Grenzwerte sind bei dem Freiwilligenpauschale zu beachten? Was ist zu tun, wenn diese Werte überschritten werden?
Karin Kovacs, KPMG– Eine gemeinnützige Organisation kann z.B. ein kleines Freiwilligenpauschale bis zu EUR 30,00 pro Einsatztag und EUR 1.000,00 pro Jahr steuerfrei an eine Person auszahlen. Wird das Freiwilligenpauschale pro Tag oder pro Jahr überschritten, sind die Beträge an das Finanzamt zu melden.
Beispiel: eine Person ist an 7 Einsatztagen für einen Verein tätig. Wird der Person in Summe EUR 210,00 ausbezahlt (7 x EUR 30,00) kann der Gesamtbetrag steuerfrei ausbezahlt werden; die Organisation muss nichts melden. Wird hingegen der Person für die 7 Einsatztage ein Freiwilligenpauschale von EUR 500,00 ausbezahlt, ist die Auszahlung an das Finanzamt zu melden, auch wenn der Jahresbetrag von EUR 1.000,00 nicht überschritten wurde.
Die Grenzwerte beziehen sich im Grunde auf die Person, nicht den Verein. Der Verein hat daher nur die von ihm ausbezahlten Freiwilligenpauschalen zu „überwachen“ und ein Überschreiten gegebenenfalls dem Finanzamt bekannt zu geben. Bezieht eine Person daher z.B. zweimal das kleine FWP von zwei unterschiedlichen Vereinen (2x EUR 3.000), muss diese Person die korrekte steuerliche Behandlung (z.B. Steuererklärung) selbst sicherstellen.
Kann ein Verein auch mehr als den Höchstbetrag des täglichen Freiwilligenpauschale auszahlen? Was ist dabei vonseiten des auszahlenden Vereins und der empfangenden Person zu beachten?
Karin Kovacs, KPMG– Zahlt ein Verein mehr als die Höchstbeträge aus, muss die Person die über die Höchstbeträge hinausgehenden Zahlungen versteuern. In diesem Fall wird – vom Einzelfall abhängig – auch eine Prüfung erforderlich sein, ob damit nicht ein Dienstverhältnis begründet wird, insbesondere wenn die Person die kollektivvertraglichen Bezüge für den Einsatztag erhält.
Bei einer Auszahlung über die Höchstbeträge muss die Organisation die Zahlungen an das Finanzamt einmal im Jahr melden (ähnlich wie die Meldung der Lohnzettel bei Dienstnehmer*innen).
IG Kultur: Wenn die Höchstbeträge (täglich oder jährlich) überschritten werden, müssen die Daten vom auszahlenden Verein über Finanzonline mittels Formulars (E 29) an das Finanzamt bis Ende Februar des Folgejahres gemeldet werden. Siehe auch nächste Frage. |