Gehört der Klimaschutz schon ins Museum? Miteinander sprechen, denken, handeln und Neues beginnen.

Museen sind mehr als Orte, an denen Objekte aufbewahrt und ausgestellt werden. Sie verstehen sich zunehmend als Orte der Zusammenkunft und als gesellschaftliche Repräsentations- und Diskursräume. Demzufolge hat auch der Klimaschutz in Museen seinen Platz, unabhängig vom Schwerpunkt ihrer Sammlung. 
Das Museum der Völker (MdV) in Schwaz/Tirol war eines der Museen, die für das österreichische Projekt „17 Museen x 17 SDGs“ (Nachhaltigkeitsziele) ausgewählt wurden. Wir bekamen ein für ein ethnologisches Museum nicht ganz offensichtliches SDG zugelost, das SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“. Doch dieser Zufall bot die Chance, sich mit neuen Fragen auseinanderzusetzen und sich mit der Umsetzung interner Maßnahmen zu beschäftigen. Wichtig war uns auch, diese im Rahmen der 17 Schwerpunktwochen im Herbst 2021 unseren Besucher*innen zu kommunizieren. Es sollte nicht nur dabei bleiben. 

Museum Klimaschutz

Das Museum
Das MdV ist ein Raum für Dialog, der seine Besucher*innen anregt, über bestimmte Fragen nachzudenken und darüber zu sprechen. Es geht immer um Themen, die Menschen in Westafrika genauso beschäftigen wie Menschen in Indonesien oder in Tirol. Fragen wie: Wie kann ich gut mit anderen Menschen zusammenleben? Wo gehöre ich dazu? Wie gehe ich mit denen um, die zu mir gehören oder eben nicht? Bei vielen Fragen geht es um Zugehörigkeit, Gemeinschaft und darum, wo und wie wir leben. In vielen Fällen sind die Antworten darauf recht ähnlich, manchmal auch ziemlich unterschiedlich. 
Dem Museum werden auch viele Fragen gestellt. Eine davon beschäftigte uns nun besonders. Wie gehen wir gut mit unserem Lebensraum um und wie können wir diesen erhalten?

Miteinander sprechen
Nach der ersten Überraschung über das Thema, haben wir das getan, wozu wir unsere Besucher*innen motivieren wollen: Wir haben darüber gesprochen. Es gab einigen Ideen, wie das Museum einen positiven Effekt auf die Umwelt ausüben könnte. Leider wurden auch einige Hindernisse klar: Solarpaneele auf dem Dach zu installieren wäre schwierig, da das Museum nicht Eigentümer des Gebäudes ist. Viel Anklang fand die Idee, Elektroautos den Mitarbeiter*innen zur Verfügung zu stellen. Naja, dass das nicht funktionierte …

 

Museum der Völker

 

Miteinander denken
So haben wir auch darüber nachgedacht, was wir bereits tun. Dabei fiel uns positiv auf, dass wir z.B. im Museumscafé bereits Produkte aus der Region anbieten oder dass wir versuchen, die Ausstellungsarchitektur wie Vitrinen und Podeste wiederzuverwenden oder umzufunktionieren. Im MdV finden regelmäßig Konzerte, Theater, Lesungen, Vorträge und Filmabende statt. Darunter auch solche, die sich inhaltlich mit den Themen Klimaschutz, globale Gerechtigkeit, Fair Trade und Nachhaltigkeit auseinandersetzen wie z.B. ein Film über Landraub oder ein anregender Vortrag über faire Schokoladenherstellung. 

Miteinander handeln
Es gibt noch einiges anderes, was wir tun können. Die bestehenden Maßnahmen lassen sich noch verbessern, auch ohne große Hindernisse. Im Museumscafé achten wir nun noch mehr auf regionale Anbieter*innen und kurze Lieferwege. Weiters kooperieren wir im Museumsshop mit regionalen Anbietern und bieten darüber hinaus Fair-Trade-Artikel an. Außerdem wurde der Bereich Reinigungsmittel umgestellt. 
Um diese und noch einige andere Maßnahmen an unser Publikum zu kommunizieren, haben wir in den 17 Aktionswochen pro Woche je eine motivierende Idee veröffentlicht, die eine große Wirkung haben kann, wenn viele sie umsetzen. Anregungen, die positiv auf das Klima wirken. Oft waren es einfache Ideen wie USE&REUSE – die Wiederverwendung von Dingen. Da viele der SDGs in Wechselwirkung zueinanderstehen hatten wir auch das Thema KEIN HUNGER mit einem Vortrag über soziale Projekte in Burkina Faso. Eine der zentralen Aktionen war unser Workshop WER SPRICHT DAFÜR? in Kooperation mit Armin Staffler, Theaterpädagoge und Obmann von spectACT - Verein für politisches und soziales Theater. Hier wurden spielerisch und ungezwungen Verhaltensweisen in Bezug auf den Klimaschutz reflektiert und bearbeitet. 

Miteinander Neues beginnen
Die Teilnahme bei 17 Museen x 17 SDGs hat eine nachhaltige Wirkung auf das MdV. Zum einen streben wir an, in näherer Zukunft das Österreichische Umweltzeichen zu beantragen. Die bisher gesetzten Maßnahmen sind bereits Teil der Kriterien dafür. Zum anderen werden wir weitere themenbezogene Workshops für Erwachsene und Schüler*innen mit dem Verein spectACT anbieten, neben WER SPRICHT DAFÜR? auch WIR UND DIE ANDEREN. Somit beantwortet sich die Frage fürs MdV klar: Klimaschutz gehört ins Museum!

 

 

Bianca Ober ist Kultur- und Sozialanthropologin und im Museum der Völker für Provenienzforschung, Kulturvermittlung und Recherchen zuständig. 

Ähnliche Artikel

Ein Über- und Einblick in die ressourcenschonende Kulturarbeit mit Wissen, Praxis und Motivation. Der Workshop unter der Leitung von Mag.a (FH) Julia Weger findet Dienstag, 5. November 2024, von 17.00 – 20.00 Uhr im Jonas Schlössle in Götzis statt. Eingeladen sind Kulturarbeiter:innen, Künstler:innen, Kulturvermittler:innen, Führungskräfte und Interessierte.
Klimafreundliche Kultur Was kann Kunst und Kultur für den Klimaschutz leisten? Offensichtlich geht das über Green Events, denn Großveranstaltungen verbrauchen viele Ressourcen und setzen viele Menschen in Bewegung. Wie funktionieren diese? Und wie können auch kleinere Initiativen einen Beitrag leisten? Wir haben uns im Kulturbereich umgehört.
Friday for Future Österreich Fridays For Future ruft zum europaweiten Klimastreik auf, denn Klimaschutz droht vor dem Aufstieg des Rechtsextremismus unterzugehen. In Österreich, Deutschland, Niederlande und zahlreichen weiteren Ländern werden deshalb Menschen am 31. Mai in Massen die Straße füllen. Der drohende Rechtsruck bei den Europawahlen würde zentrale Elemente der europäischen Klimapolitik, wie den Green Deal, gefährden. Daher ruft die Klimabewegung die gesamte Zivilbevölkerung dazu auf, wachsam zu sein, ihre Stimme auf der Straße und im Wahllokal zu nutzen. Denn Klimaschutz und Demokratie stehen vor einem gefährlichen Kipppunkt, so die Aktivistinnen von Fridays For Future Austria.
Herausforderungen Kultur Künstliche Intelligenz, schlechte Kulturstrategien, mangelnde Partizipation, geringe Einbindung der Jugend, Verschwinden des Publikums, Klimakatastrophe, steigender Rassismus, Rechtsextremismus im Aufwind und die humanitäre Krise im Mittelmeer - Herausforderungen gibt es genug. Während die Kulturpolitik weitgehend an den Realitäten des Kulturbetriebs vorbei agiert, scheint auch die Kultur teilweise an der Vielzahl drängender gesellschaftlicher Probleme vorbeizugehen. Sind wir mit der Vielzahl an Herausforderungen überfordert?
Klimaschutz Kultur "Tod oder Leben!" ist der Titel des beschütteten Klimt Gemäldes im Leopold Museum -und der Titel der Diskussionsveranstaltung über fehlenden Klimaschutz und die Rolle von Kunst und Kultur im Kunsthaus Graz, veranstaltet in Kooperation mit der IG Kultur Steiermark. Der Fokus war jedoch weniger auf den Aktionen und deren Legitimation, sondern mehr darauf, was Kunst und Kultur für den Klimaschutz leisten können - oder müssen.
Suppenwurf Kunstwerke Klimaprotest im Museum Ein halbes Jahrhundert schon warnt die Wissenschaft. Genauso lange formieren sich bereits Umweltschutzbewegungen, doch die Politik reagiert nicht oder zu langsam. Die Jugend eröffnete mit Friday for Future ein Handlungsfenster, doch es wurde nicht genutzt. In der Energiekrise ist nun sogar AKW-Laufzeitverlängerung oder Comeback von Kohlekraft wieder im Gespräch. Der Aktivismus greift zu drastischeren Mitteln, um wachzurütteln – das ruft viele Widerstände hervor, aber auch Zuspruch, sogar aus dem musealen Bereich. Wer die Suppe nicht auslöffeln will, die uns hier eingebrockt wird, der muss sie werfen.
Florian Wagner Leopold Museum Ölaktion Florian Wagner hat im Leopold Museum ein hinter Plexiglas geschütztes Gemälde mit Öl beschüttet. Am Kunstwerk ist kein Schaden entstanden. Diese und weitere Aktionen der „Letzten Generation“ haben es geschafft, das Thema Klimaschutz wieder in die Medien zu bringen. Doch über das Problem dahinter oder die Anliegen wird kaum diskutiert. Zuletzt wurden die Aktivist*innen sogar in das Licht von Extremismus gestellt. Zeit den Diskurs geradezubiegen. Wir haben mit Florian Wagner gesprochen.
Kultur solidarisiert sich mit Klimaschutz, Letzte Generation Den Klimaschutz-Aktivist*innen, darunter die "Letzte Generation", weht ein rauer Wind entgegen, sie werden als Extremist*innen diffamiert. Ihre Aktionen haben sie bewusst so durchgeführt, dass keine bleibenden Schäden entstehen, und sie haben es geschafft, dass das Thema wieder breit diskutiert wird. Um die Debatte wieder in die richtige Bahn zu lenken, solidarisieren sich Kunst und Kultur mit dem Klimaschutz und weisen darauf hin, wie wichtig es ist, schnell Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe zu setzen.
NFT Blockchain Zeitungen, Fernsehen und Radio berichten derzeit vermehrt von Millionen, die mit dem Verkauf von Pixelkunst und Musik als Non Fungible Tokens verdient werden können. Das neue Album der Kings of Leon wird nicht nur in Musikmedien, sondern auch im Börsen-TV und auf Fintech-Websites besprochen. Das Auktionshaus Christie’s versteigert eine digitale Collage des US-Künstlers Beeple als NFT für 69,3 Millionen US-Dollar. Wohin der Jubel führt, ist jetzt schon klar: In einigen Monaten werden viele dieser Medien den Trend als beendet, die Blase als geplatzt, das Konzept als gescheitert erklärt haben. So funktioniert ein Hype Cycle üblicherweise. Non Fungible Tokens sind großartig. Aber sie sind nicht das, was sie zu sein scheinen.
Das Werk Saxeten Die Komplexität unserer Zeit konfrontiert uns mit einem neuen Bild der Welt. Alle Phänomene sind Ausdruck ein- und derselben Krise, die in erster Linie eine Krise der Wahrnehmung ist. Wahrnehmung im weitesten Sinn ist die Kernkompetenz künstlerischer Arbeit. In ihr manifestiert sich das Suchen nach Transformation.