Kleidertauschparty im röda Steyr

„Ohne Kohle zur neuen Garderobe“ - Martina Hofmair im Gespräch

Kleidertauschparty

BEST PRACTICE
Nicht einkaufen und doch shoppen

 

 

Martina Hofmair im Gespräch

Was sind Kleidertauschpartys?
Das Motto unserer Kleidertauschpartys ist: „Ohne Kohle zur neuen Garderobe“. Sie finden zweimal im Jahr statt. Selbst hat man meist zu viel Gewand, manchmal sogar ungetragen, und was macht man damit? Als ich im Internet gesehen habe, dass es einen „Clothes-Swap“ in Wien gibt, wollt ich das auch im röda in Steyr ausprobieren. Nach zehn Jahren kann man sagen: Das Projekt ist super erfolgreich. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man seine „Schrankleichen“ hergibt und mit neuer Bekleidung heimgehen kann. Das bestätigen mir auch immer wieder die Teilnehmer*innen.

Wie läuft so eine Kleidertauschparty ab?
Am Donnerstag und Freitag vor dem eigentlichen Termin geben die Leute Bekleidung ab. Jeder kann bis zu 10 Stück Bekleidung und Accessoires, passend zur Saison mitbringen. Pro Stück bekommt man einen Punkt, für den man bei der Party wieder etwas Neues mitnehmen kann. Bei jeder Party gibt‘s noch ein „Special“, z.B. Sport- oder Ballkleider. Dafür gibt’s dann Extrapunkte.
Am Samstag bauen wir alles im großen Saal im röda auf. Wir haben Kleiderständer, wir haben Tische, es wird geordnet nach Kleidern, Sport, Röcken, Jacken, Schuhen. Auch Spiegel sind aufgestellt und eine Garderobe zum Anprobieren gibt es auch. Um 19.30 Uhr werden die Türen geöffnet und die TeilnehmerInnen betreten die „Boutique“. Es wird anprobiert, es wird getauscht. Nach rund zwei Stunden ist alles vorbei, die Leute gehen mit großer Freude und ihren neu ausgesuchten Teilen zum Checkout.

 

zitat kleidertauschparty

Die Sachen müssen neuwertig sein?
Es muss nicht neuwertig sein. Es gibt ja auch alte Dinge, die schön und tragbar sind. Und manchmal sind alte Textilien sogar qualitativ besser. Wichtig ist, dass die Sachen sauber sind, nicht kaputt und nicht verwaschen. Aus Erfahrung wissen wir, was überbleibt, und das nehmen wir gleich gar nicht an. Bei der Abgabe sind wir sehr streng, damit nichts Kaputtes angenommen wird und die Leute mit der Qualität zufrieden sind.

Was sind die gefragtesten Dinge?
Coole Teile, Dinge die außergewöhnlich sind oder gerade im Trend liegen. Aber das ist nach Geschmack immer unterschiedlich.

Was für Leute kommen zu den Partys?
Es kommen Leute aus Steyr, aber auch von weiter weg, bis zu hundert Kilometer. Circa achtzig Prozent sind Frauen, aber wir haben auch ein Männereck. Meistens tauschen Frauen für ihre Männer mit. Am meisten sprechen wir die 25 bis 35-Jährigen an, aber es sind immer jüngere und ältere Teilnehmer*innen dabei. Viele freuen sich, wenn ältere Frauen Sachen aus den achtziger oder neunziger Jahren bringen, das sind meist total witzige Outfits. Wir haben sehr viele Stammgäste, die immer wieder kommen.

So eine Kleidertauschparty ist auch ein soziales Erlebnis?
Schön ist es, wenn man etwas hergegeben hat, wenn man sieht, wie das jemand anprobiert und es perfekt passt. Wenn man in der Umkleide ins Gespräch kommt und sich darüber austauscht, ob das Teil passt und mit was man es kombinieren kann.

Hat sich in den neun Jahren das Image geändert? Weg von den Altwaren, hin zur Nachhaltigkeit?
Ich merke diese Änderung an der Nachfrage. Es können maximal hundert Personen teilnehmen, die Nachfrage ist um einiges größer. Es wird auch immer mehr Bekleidung abgegeben, die aus Fair Trade stammt. Und man merkt auch, dass es immer mehr solche Initiativen gibt – heute gibt‘s fast monatlich irgendwo in Oberösterreich eine Tauschparty.

Und wie findet die Party statt?
Die Leute treffen sich vorher im röda-Beisl auf ein paar Drinks, bis eröffnet wird und danach gibt es oft eine Party. Während des Kleiderschauens nicht, denn es soll Spaß machen, gemütlich sein und nicht stressig.

Wie wird das alles finanziert?
Die ganze Sache ist kostenlos. Wir sind eine Runde von fünf bis zehn Frauen, die sich immer schon auf die nächste Party freuen und gemeinsam zusammenhelfen. Das röda unterstützt uns, indem es den Raum zur Verfügung stellt und alles vorbereitet. Spenden nehmen wir natürlich immer gerne an.

Was kriegt ihr so an Rückmeldungen?
Die Kleidertauschparty kommt bei den Leuten richtig gut an. Der Umweltgedanke, dass man nicht einkauft, dass man ohne Geld im Tauschkreislauf „shoppen“ gehen kann ist für viele wichtig. Das ganze Projekt macht uns einfach richtig viel Freude,  ich und meine Freundinnen kriegen sehr viel Positives zurück.

 

 

IG Kultur im Gespräch mit Martina Hofmair
Martina Hofmair macht seit zehn Jahren Kleidertauschpartys im Kulturverein röda in Steyr und hat auch ein Upcycling Design Label. Sie arbeitet im Marketing im Kultur- und Sozialbereich und hat immer wieder neue Ideen, die Welt zu verbessern.


INFO:
@kleidertauschparty.ooe auf Instagram und Facebook.
Kulturverein röda: https://roeda.at

 

 

 

 

Ähnliche Artikel

Ein Über- und Einblick in die ressourcenschonende Kulturarbeit mit Wissen, Praxis und Motivation. Der Workshop unter der Leitung von Mag.a (FH) Julia Weger findet Dienstag, 5. November 2024, von 17.00 – 20.00 Uhr im Jonas Schlössle in Götzis statt. Eingeladen sind Kulturarbeiter:innen, Künstler:innen, Kulturvermittler:innen, Führungskräfte und Interessierte.
Anlässlich der Nationalratswahl hat die ARGE Kulturelle Vielfalt den wahlwerbenden Parteien einen kulturpolitischen Werkzeugkoffer überreicht. Er enthält praktische Tools und Anleitungen für effektive Kulturpolitik in der kommenden Legislaturperiode.
Klimafreundliche Kultur Was kann Kunst und Kultur für den Klimaschutz leisten? Offensichtlich geht das über Green Events, denn Großveranstaltungen verbrauchen viele Ressourcen und setzen viele Menschen in Bewegung. Wie funktionieren diese? Und wie können auch kleinere Initiativen einen Beitrag leisten? Wir haben uns im Kulturbereich umgehört.
Unter dem Titel "KULTUR=MOBIL" organisierten die IG Kultur Vorarlberg, das Theater am Saumarkt Feldkirch, die Kulturbühne AMBACH Götzis und das Kulturbüro Bregenzerwald Ende Februar eine Dialogveranstaltung zum Thema nachhaltige Mobilität bei Kultureinrichtungen. Der Einladung nach Alberschwende im Bregenzerwald folgten rund 20 Persönlichkeiten aus den Bereichen Kultur und Kulturvermittlung, Musik, Architektur, Mobilität, Tourismus, Software- und Regionalentwicklung. Das Ziel des Dialogs war, vielfältige Expertisen und Erfahrungen zum Thema einzuholen, um relevante weitere Schritte in Richtung CO2-Reduktion im Kultursektor zu setzen.
Sustainability at the Centre training © Taisiia Zhebryk, Orodek Kultury Ochoty.jpg Welche Auswirkungen haben Kulturveranstaltungen auf die Umwelt? Wie können soziokulturelle Einrichtungen zu mehr Umweltschutz und zur Eindämmung des Klimawandels beitragen? In unserem internationalen Trainingsprogramm gehen wir auf diese Fragen ein und vermitteln euch Instrumente und Finanzierungsprogramme, um Maßnahmen der Betriebsökologie in eurer Kultureinrichtung umzusetzen. Das Programm möchte euch zu "Botschafter*innen der Nachhaltigkeit" weiterbilden. Bewerbungen zur Teilnahme bis 7. Mai möglich.
Eine Getreidemühle, ein Schwimmbad, ein Krankenhaus, eine Fabrik – was haben sie gemeinsam? Sie sind fantastische Orte für Kunst und Kultur! Ein Veranstaltungsort, der als solcher gebaut wurde, ist viel weniger interessant als eine Umnutzung, die Kreativität räumlich verkörpert und auf eine Geschichte verweist, zu der die lokale Bevölkerung bereits eine emotionale Beziehung hat. Eine Reportage zu Kulturarbeit im Leerstand.
Die neue Ausgabe des IG Kultur Magazins ist da und wirft Schlaglichter auf die Vielfalt zeitgenössischer Kulturarbeit in ländlichen Regionen. Wie geht es Kulturarbeiter*innen „abseits vom Schuß“? Welche Rahmenbedingungen finden sie vor, welche bauen sie auf, welche bräuchten sie? Wie gestalten sie Gemeinschaften und Entwicklungsprozesse mit? Und was heißt überhaupt „am Land“? Ein Dossier über Kulturarbeit im ländlichen Raum.
Alina Zeichen beim UNESCO Talk Kulturpolitik neu denken. Kulturarbeit als Katalysator: Nachhaltige Regionalentwicklung im Fokus. Kunst und Kultur sind zentrale Aspekte in der nachhaltigen Regionalentwicklung. Das verdeutlicht der UNESCO-Weltkulturbericht und öffnet damit ein Spannungsfeld: Künstlerische und kulturelle Aktivitäten leisten einen wesentlichen Beitrag für sozialen Zusammenhalt und ermöglichen transformative Zugänge. Zugleich bedarf es einer Transformation der Kunst- und Kulturbranche selbst, um den Herausforderungen der Gesellschaft gerecht zu werden und Veränderungsprozesse mitzuschreiben. Vor dem Hintergrund von Kapitel 8 des Weltkulturberichts widmet sich Alina Zeichen, dem Beitrag von Kunst und Kultur zu nachhaltiger Regionalentwicklung.
NFT Blockchain Zeitungen, Fernsehen und Radio berichten derzeit vermehrt von Millionen, die mit dem Verkauf von Pixelkunst und Musik als Non Fungible Tokens verdient werden können. Das neue Album der Kings of Leon wird nicht nur in Musikmedien, sondern auch im Börsen-TV und auf Fintech-Websites besprochen. Das Auktionshaus Christie’s versteigert eine digitale Collage des US-Künstlers Beeple als NFT für 69,3 Millionen US-Dollar. Wohin der Jubel führt, ist jetzt schon klar: In einigen Monaten werden viele dieser Medien den Trend als beendet, die Blase als geplatzt, das Konzept als gescheitert erklärt haben. So funktioniert ein Hype Cycle üblicherweise. Non Fungible Tokens sind großartig. Aber sie sind nicht das, was sie zu sein scheinen.
Das Werk Saxeten Die Komplexität unserer Zeit konfrontiert uns mit einem neuen Bild der Welt. Alle Phänomene sind Ausdruck ein- und derselben Krise, die in erster Linie eine Krise der Wahrnehmung ist. Wahrnehmung im weitesten Sinn ist die Kernkompetenz künstlerischer Arbeit. In ihr manifestiert sich das Suchen nach Transformation.