Dance the pain away...

Die Party beginnt zu kochen, das fluc füllt sich mit Heten, Homos, Transen, Queers, Weißen, Schwarze, Frauen, Männern. Einige Frauen bemühen sich ein paar Männer vom Leibe zu halten, eine ehemals radikal-feministische, jetzt längst schon im queeren Zeitalter angekommene tanzende Theoretikerin ruft mir zu: „Ich wünsch' mir wieder women only!“ Der schwule Buchhalter wiederum: „Was ist nur wieder mit den Männern los!“

In jüngeren Tagen – ok, das ist jetzt ein wirklicher schlimmer Anfang für eine Kolumne einer Mitt-30-Jährigen – tanzte ich zu „Love is a Battlefield“ von Pat Benatar in den Tanzschuppen heteronormativer Lustbarkeiten. Damals waren es wohl wirklich die Liebesdinge, die sich oftmals am Rande eines (inneren) Schlachtfeldes bewegten. Heute hat sich das geändert. Das liegt nicht nur am Alter, sondern auch an den Kontexten, in denen ich mich zur Musik bewege. Einer dieser Kontexte ist das DJ-Kollektiv „Quote“, das seit 2001 die Schieflage im Geschlechterverhältnis der vielgerühmten DJ-Kultur bearbeitet. Im Laufe dieser Jahre ist die Quote schon des Öfteren umgezogen, und es ist wieder einmal soweit. Die derzeitige Homebase fluc wird zu Gunsten des brut verlassen. Um mit den Beastie Boys zu sprechen „You gotta fight for your right to party!“, haben die Quotistinnen nicht nur den Kampf gegen die HERRschaft hinter den Turntables in Angriff genommen, sondern sie kämpfen, wie auf dem Partyflyer zu lesen ist, mit „Feminist Fury and hellboy vs. you know who“ auch gegen Sexismus, Rassismus, Homophobie, Transphobie, Kapitalismus, etc... Leider wurde der Dancefloor im fluc immer öfter zum Battleground und die Quote-Nächte erweisen sich z.T. als repressive Identitätsschleudern, die einer queeren Politik immer öfter beim Tanzen im Wege stehen.

Das fluc liegt bekanntlich am Praterstern, einem Brennpunkt der Stadt, der er immer schon war (schon bei seiner Öffnung 1766 für das „gemeine“ Volk wurden 100e Schwule verhaftet und Wilderer strafrechtlich verfolgt) bis heute eine Vergnügungsmeile. Fassen wir kurz einen nicht außergewöhnlichen Abend zusammen: Die Party beginnt zu kochen, das fluc füllt sich mit Heten, Homos, Transen, Queers, Weißen, Schwarze, Frauen, Männern. Einige Frauen bemühen sich ein paar Männer vom Leibe zu halten, eine ehemals radikal-feministische, jetzt längst schon im queeren Zeitalter angekommene tanzende Theoretikerin ruft mir zu: „Ich wünsch' mir wieder women only!“ Der schwule Buchhalter wiederum: „Was ist nur wieder mit den Männern los!“ Auf den Turntables rotieren weiterhin die Platten, als wäre nichts gewesen. Ein schwules Paar wird von Heteromännern angemacht, eine der Tunten hebt die Fäuste, der andere zieht die Schultern hoch und meint: „Bei uns in Kroatien ist es noch viel schlimmer!“ Die migrantische Hete anerkennt die Aufregung des Fäuste hebenden Schwulen nur halb: „Get used to it!“ Ob er sie als privilegierte Homophobe beschimpfte, ging im Gebrüll und in den Beats unter. Ich versuch mir weiterhin einen Hetero-Mann auf einer Armlänge von meinem Arsch fernzuhalten.
Die Musik spielt unverdrossen weiter. Es ist schwer, unter diesen Umständen die Wut im Bauch am Weg nach Hause der Straße zu übergeben. Die österreichischen Heteropärchen, die sich – als sie die Lesben bemerken – wie in einer Landdisco in ihre pubertärsten Wallungen zurückversetzen, hätte ich gerne auf jene nasskalte Straße befördert, die ich frühzeitig betrat, um nicht völlig entnervt ins Wochenende zu gehen. Was aber tun? Die kleingedruckten „-ismen“ in Großbuchstaben auf die Flyer drucken? Den Stecker ziehen und den Battleground-Dancefloor als solchen benennen? Und erst wieder weitertanzen, wenn die „Anti-“Vorzeichen des Abends geklärt oder jedenfalls hinausposaunt sind? Nun ja, die Quote zieht weiter, vom Praterstern an den Karlsplatz in die etablierte Mittelbühne brut. Die ist für manche sicher um Klassen höherschwelliger, der Kampf am Dancefloor wird sich möglicherweise eher auf „Wer hat mich mit Bier beschüttet!“ beschränken. Oder?

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