VorRisse

Dass es letztens „nur“ rund 15 Prozent der WählerInnen waren, die Ende April für die freiheitliche Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz votierten, zerstreute für viele BeobachterInnen die in letzter Zeit wieder vermehrt artikulierte Sorge über den raschen Wiederaufstieg der FPÖ.

Dass es letztens „nur“ rund 15 Prozent der WählerInnen waren, die Ende April für die freiheitliche Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz votierten, zerstreute für viele BeobachterInnen die in letzter Zeit wieder vermehrt artikulierte Sorge über den raschen Wiederaufstieg der FPÖ. Doch unabhängig davon, ob ein solcher Rückschluss vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen auf die politischen Kräfteverhältnisse in Österreich nun zulässig ist oder nicht, offenbarte der Wahlkampf einmal mehr das Ausmaß, in dem die extreme Rechte die politische Kultur hierzulande bestimmt. Exemplarisch dafür steht Horst Jakob Rosenkranz, der Ehemann der Präsidentschaftskandidatin. Dieser sorgte sich kürzlich in der von ihm mit herausgegebenen Zeitschrift fakten – laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) „neben der Aula die bedeutendste rechtsextreme Zeitschrift Österreichs“ – um gänzlich anderes, nämlich um die Sicherheit von Nazis in diesem Land. Anlass für seine Sorgen war dabei das in einem Folder unabhängiger GewerkschafterInnen abgedruckte Foto einer Person, die ein T-Shirt mit der Aufschrift „Shut down Nazis“ trägt. Die nicht eben unwesentliche Differenz zwischen shut down (ausschalten) und shoot down (niederschießen) ignorierend übersetzten sich die fakten den Slogan mit „Schießt Nazis nieder“ und unterstellten eine „[ö]ffentliche Aufforderungen zum Mord [...] von links“. Mittlerweile ist die Causa Gegenstand einer Klage der IG Kultur Österreich (IGKÖ) gegen die fakten (vgl. dazu auch das Atom auf S. 52 dieser Ausgabe) – und für uns Anlass und Inspiration für einen Heftschwerpunkt zum Thema Rechtsextremismus und Antifaschismus in Österreich.

Heribert Schiedel eröffnet diesen mit einem Beitrag zu den unterschiedlichen Lagern der extremen Rechten in Österreich und insbesondere zu den Schnittstellen zwischen ihren parlamentarischen und außerparlamentarischen Flügeln. Stefanie Mayer untersucht im Anschluss daran anhand konkreter Beispiele aus den Politikfeldern der Migrations- und Geschichtspolitik die Reaktionen der (vermeintlichen) politischen „Mitte“ auf den Aufstieg des parteiförmigen Rechtsextremismus seit den 1980er Jahren. Carsten Hübner schließlich rundet den ersten Teil des Heftschwerpunkts mit einer Darstellung von Netzwerken der extremen Rechten auf europäischer Ebene ab und erläutert dabei vor allem die Rolle der FPÖ im Prozess der Formierung einer Euro-Rechten. Den zweiten Teil des Heftschwerpunkts eröffnet Robert Foltin mit einer Skizze zur Entwicklung des „Antifaschismus als sozialer Bewegung“ in Österreich. Vertieft wird diese Perspektive in der Folge im Rahmen der Beiträge von Assata Kangju sowie des AK gegen den Kärntner Konsens, die mit Fokus auf Oberösterreich bzw. Kärnten Schlaglichter auf die antifaschistischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre in jenen Gegenden Österreichs werfen, in denen der Rechtsextremismus eine besonders nachhaltige Verankerung fand.

Klar wird dabei, dass die Forderung nach einer (radikal-)demokratischen Kultur- und Gesellschaftspolitik, wie sie im Untertitel der Kulturrisse erhoben wird, den Kampf gegen politische Tendenzen umfassen muss, die den Prozess der Demokratisierung gesellschaftlicher Verhältnisse infrage stellen. Dies gilt zuvorderst für die extreme Rechte, die mit ihrem biologistisch unterfütterten Antiegalitarismus im Sinne dezidierter Ungleichheitsideologien die Grundlagen für einen solchen Prozess zu unterminieren versucht. Im Rahmen seiner einstweiligen Verfügung zur eingangs angesprochenen Klage der IGKÖ kam das Landesgericht Korneuburg in diesem Zusammenhang jüngst zur Erkenntnis, dass es hierzulande allein schon aufgrund des NS-Verbotsgesetzes ausdrücklich angeordnet ist, „Nazis ,auszuschalten‘“. Die vorliegende Ausgabe der Kulturrisse< soll dazu einen Beitrag leisten.

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