Schau mal, wer da schreibt! Kulturpolitische Einsichten im neuen Buch von Josef Cap

<p>Manchmal lohnt es sich, einen tiefen Blick in Bücher von Politikern und Politikerinnen zu werfen. Ende September war es mal wieder soweit. Josef Cap hat unter dem Titel "Kamele können nicht fliegen" eine umfangreiche Abrechnung mit der rechts-konservativen Wenderegierung seit 2000 vorgelegt. Der SP-Klubobmann versucht sich dabei in dem Nachweis, dass das System Wolfgang Schüssel seine Politik von Sozial- und Demokratieabbau hinter einer Vielzahl von medialen

Manchmal lohnt es sich, einen tiefen Blick in Bücher von Politikern und Politikerinnen zu werfen. Ende September war es mal wieder soweit. Josef Cap hat unter dem Titel "Kamele können nicht fliegen" eine umfangreiche Abrechnung mit der rechts-konservativen Wenderegierung seit 2000 vorgelegt. Der SP-Klubobmann versucht sich dabei in dem Nachweis, dass das System Wolfgang Schüssel seine Politik von Sozial- und Demokratieabbau hinter einer Vielzahl von medialen Inszenierungen verbirgt. Besondere Beachtung sollte dabei jenes Kapitel finden, das über den "Stillstand in Kunst- und Kulturpolitik" Auskunft gibt. Hier einige wesentliche Auszüge:

"Die Veränderungen (in der Kulturpolitik; Anm.) passieren subkutan, an der Oberfläche dominiert die bloße Verwaltung von Kultur. Nach und nach passt sich auch der Bereich der Kunst- und Kulturförderung der herrschenden neoliberalen und zugleich wertkonservativen Haltung der Regierung mit all ihren Sachzwängen an." (S.164)

"Charakteristisch für das schwarz-blaue Kulturverständnis ist die Rückkehr zu einer mäzenatischen Haltung des Staates. Der Staat begegnet den Kunst- und Kulturschaffenden nicht auf gleicher Ebene, sondern als hierarchisch übergeordneter Gönner, dem als Dank Anerkennung und Huldigung gebührt, frei nach dem vom Kärntner Landeshauptmann ausgegebenen Motto 'Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht'". (S.164)

"Jahresförderungen werden immer mehr zugunsten von Einzelförderungen reduziert. Diese Tendenz trifft nicht nur den Bereich der Netzkultur, auch in anderen Sparten werden vermehrt nur noch Projekte unterstützt, Preise, Prämien und Stipendien vergeben. Die Frage, wie und auf welcher Grundlage Projekte überhaupt realisierbar sind, wenn [...] die Aufrechterhaltung des vollen Grundbetriebs ohne Basisförderung schwer möglich ist, wurde nicht thematisiert. Auf diese Weise werden gut funktionierende Kultureinrichtungen, die vielen Menschen zugänglich sind, ausgehungert und es geht wertvoller öffentlicher Raum verloren. Darüber hinaus kann durch direkte Mittelvergabe kritische Kunst besser kontrolliert werden. Bei Projektförderungen bedarf es einer detaillierten Projektbeschreibung, Preise und Prämien werden überhaupt erst im nachhinein vergeben, wo jedes Risiko ausgeschlossen werden kann. So wird Kunst zum schmückenden Beiwerk, Wohlgefallen wird belohnt." (S.165f.)

Der Wert des Buches liegt weniger darin, dass es geeignet ist, die Herrschaft der Kanzlerpartei ÖVP in den Grundfesten zu erschüttern. Wichtiger ist da schon, dass nun auch entscheidende kulturpolitische Einsichten dokumentiert sind, an die anzuknüpfen ist, sobald die SPÖ eines Tages wieder einer Bundesregierung angehört. Nicht vergessen ist, dass gerade die SP-Kulturpolitik noch vor dem Jahr 2000 dem nunmehr beklagten Trend den Weg bereitet hat. Und noch etwas: Schon jetzt können in vielen sozialdemokratischen Gemeinden und Bundesländern Kulturinitiativen bestenfalls davon träumen, dass sich z.B. die Notwendigkeit einer ausreichenden Basisfinanzierung bis in die letzten Reihen der Kulturressort-Verantwortlichen herumgesprochen hat. Nicht zuletzt diese Forderung hat nunmehr einen einflussreichen Fürsprecher, auf den gar nicht oft genug verwiesen werden kann: Josef Cap!


Das Buch:

Josef Cap, Kamele können nicht fliegen. Von den Grenzen politischer Inszenierung, Molden Verlag, Wien 2005, 216 Seiten.

Ähnliche Artikel

Kulturvereine werden durch die Sparmaßnahmen aktuell mit zusätzlichen Existenzsorgen konfrontiert. Vor allem auf Gemeindeebene stehen hohe Kürzungen im Raum, die dem prekär arbeitenden Kultursektor schwer zusetzen. Dass es hier nicht nur um persönliche Existenznöte seitens Künstler:innen und Kulturvereinen geht, sondern Kommunen, Land und Staat mit weitreichenden Folgen konfrontiert werden, bleibt unterschätzt.
Es ist keine Weltreise von Vorarlberg nach Ulm, man sollte viel öfter hin. Die süddeutsche Universitätsstadt an der Donau hat Charme. Und sie hat mit dem ROXY ein etabliertes soziokulturelles Zentrum in der Größe des Spielboden Dornbirn, wie wir im Rahmen des Zukunftsforums der Stadt Ulm diesen Herbst erfuhren. Grund genug mal nachzufragen, wie die deutschen Kulturkolleg:innen sich mit zunehmend kleineren Kulturbudgets zwischen Herausforderungen und Chancen bewegen.
Eine Version des "Stonks-Memes", es zeigt den Meme-Man vor einem Businesschart mit nach oben zeigendem orangefarbenen Pfeil (© Adobe Stock/Kurt Kleemann), davor das Cover des Kunst- und Kulturberichts, Montage: Anton Limmer 2024 scheint ewig her und seitdem prägen Regierungsbildungsprozesse und Debatten über Budgetkürzungen die Agenda. Dennoch – oder gerade deshalb – lohnt sich ein genauer Blick auf Kunst- und Kulturbericht 2024, der gestern auch im Kulturausschuss vorgestellt wurde: Er stellt die budgetäre Ausgangslage politischer Entscheidungen dar, wie Bundesförderungen in Kunst und Kultur verteilt sind und wie die vorgenommenen Kürzungen 2025 einzuordnen sind.