Offene Fragen #2 zu COVID-19 Maßnahmen im Kontext der Kunst- und Kulturförderung

Um (rechts-)verbindliche Informationen zu erhalten, wie Fördernehmer*innen angesichts der Covid19-Maßnahmen mit Subventionen und anderen öffentlichen Vorgaben umgehen sollen, haben wir Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek am 13.3. einen erster Fragenkatalog überreicht. Einiges konnte seit dem geklärt werden, vieles bleibt aber weiterhin unklar. Hier unser Follow-Up dazu mit weiterführenden Vorschläge und Nachfragen zu COVID-19 Maßnahmen im Kontext der Kunst- und Kulturförderung.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, sehr geehrte Damen und Herrn im BMKOES,

 

Auf unseren Fragenkatalog, den wir am 13.3.2020 an Vizekanzler Werner Kogler und Staatssekretärin Ulrike Lunacek übergeben haben, erhielten wir am 16.3.2020 einige Antworten. Herzlichen Dank dafür, auch im Namen der Künstler_innen und Kulturschaffenden, für die wir alle arbeiten.

Wir stehen im kontinuierlichen Austausch mit unseren Mitgliedern wie auch Nicht-Mitgliedern und kümmern uns um die zahlreichen Anfragen, die uns täglich und zunehmend erreichen. Vieles können wir aufgrund unserer spartenspezifischen Erfahrung beantworten, etwa allgemeine Anliegen zu sozial- und arbeitsrechtlichen Fragen, Unterstützungsmöglichkeiten in Notlagen oder Haftungsfragen. Uns hilft dabei besonders, dass wir viele der Menschen, die Anfragen an uns richten, persönlich kennen, aber auch ihre spezifische Arbeits- und Produktionsweise im Blick haben und damit genaue Kenntnis der Herausforderungen, vor denen sie stehen. Wir können persönlich, schnell, unter genauer Kenntnis der Umstände und der Menschen beraten. Selbstverständlich sorgen wir auch dafür, dass die bereits vom BMKOES zur Verfügung gestellten Antworten und FAQs weite Verbreitung finden und ihr Zielpublikum erreichen. Bei vielen Fragen können wir aber nur dann rechtlich gesicherte Auskunft geben, wenn wir die Entscheidungen des BMKOES kennen.
 

Angesichts des besonderen Informationsbedarfs in der aktuellen Situation und bei allen, die jetzt damit im Hinblick auf die Kunst- und Kulturförderung umgehen müssen, ersuchen wir daher dringend, weitere Antworten zu übermitteln. Je konkretere Informationen kursieren, desto weniger offene Fragen werden bleiben (siehe offene Fragen).
 

Wir möchten die Absicherung der Künstler*innen und Kulturschaffenden aber auch weiterdenken und Ihnen konkret folgende Vorschläge unterbreiten:
 

  • Herstellung von Rechtssicherheit durch einen Annex zu den bestehenden Förderrichtlinien, der - vorläufig - für den Zeitraum bis Ende Mai gilt. Dies würde erheblich dazu beitragen, Rechtssicherheit herzustellen, auch im Hinblick auf Aktivitäten, die ab dem in Aussicht genommenen Ende des Veranstaltungsverbots (nunmehr 13. April) geplant sind. Hier sehen sich Fördernehmer*innen mit der Situation konfrontiert, dass sie einerseits ihren Beitrag zur Eindämmung der Verbreitung des Covid19-Virus leisten wollen, andererseits seitens des BMKOES angehalten sind, schadensminimierend zu agieren. Dieser ANNEX sollte daher folgende Punkte berücksichtigen:
     
  • Klarstellung, dass alle jetzt bereits getätigten Vorleistungen für Aktivitäten bis auf eine noch zu vereinbarende Zeit (und abhängig von den durch die Regierung verordneten Maßnahmen bzw. deren zeitlichen Auswirkungen) abrechenbar sind (wie Anzahlungen, Werbekosten, Reisekosten, etc.). Denn in der Praxis stellt sich das Problem, dass für Absagen von Aktivitäten, die ab dem 13.4. erbracht werden sollen, aktuell keine Rechtsgrundlage besteht, auf die sich Kulturakteur*innen beziehen könnten. Der Konflikt heißt also: Einerseits soll schadensminimierend agiert werden (d.h. Absagen), andererseits ist dies ohne Rechtsgrundlage wesentlich teurer – mangels Rechtsgrundlage kommen die vollen Stornogebühren, Abschlagszahlungen, etc. zur Anwendung bei Aufkündigung von Verträgen.
     
  • Einheitliche Regelung, die es dem/der Fördernehmer*in bei bereits zugesagten Förderungen gestatten, Koproduktionsgelder, Gagen und sonstige zugesagte Aufträge in vollem Umfang auszuzahlen. Dies schafft Klarheit und reduziert den Verwaltungsaufwand für alle Seiten erheblich. Ohne eine derartige Regelung müssen alle betroffenen Künstler*innen, Kulturarbeiter*innen und Produktionspartner*innen/Vereine darauf hoffen, dass sie von den neu zu erarbeitenden Richtlinien des KSVF-Unterstützungsfonds oder Härtefonds erfasst sind, und entsprechend nochmals den Prozess für Einreichungen & Co. starten. Wenn die Vorstellungen oder Proben noch nicht stattgefunden haben, können alternative (digitale) Präsentationsformen nachgereicht werden (dies kann derzeit aber nicht obligatorisch sein).
     
  • Klarstellung, dass bei Jahresförderungen Gehälter und andere laufende Betriebskosten wie Miete, Energie- und Kommunikationskosten als förderfähige Kosten abrechenbar sind, auch wenn Aktivitäten aufgrund der getroffenen Einschränkungen nicht erbracht werden können (Hinweis: Das Covid19-Kurzarbeitsmodell geht an der Realität vieler kleiner Initiativen vorbei, da geringfügige Anstellungen überwiegen, die vom Kurzarbeitsmodell ausgeschlossen sind; Mietzuschüsse für nun nicht nutzbare Räume sind bislang nicht vorgesehen).
     
  • Automatische Verlängerung des Förderzeitraums um mindestens 12 Monate für bewilligte Projekte, sodass diese – sofern Ersatztermine möglich sind – zu einem späteren Zeitpunkt oder in einer alternativen Form durchgeführt werden können. Zusätzlich Klarstellung, dass für diese betroffenen Projekte eine Ausnahme geschaffen wird vom Erfordernis, dass neue Anträge erst gestellt werden können, wenn bereits zugesagte Förderungen abgerechnet sind.
     
  • Bei bereits per Beirat oder Jury positiv bewerteten Förderungen Ermöglichung der Nachreichung von alternativen (digitalen) Entstehungsprozessen / Präsentationsformen, um die Förderungen zeitnah vertraglich zu fixieren und auszuzahlen.
     
  • Grundsätzliche Klärung des Begriffs "Höhere Gewalt" durch Formulierung einer Klausel in den Verträgen mit den Fördernehmer*innen, wonach bei Eintreten dieses Falls die beteiligten Künstler*innen und Kulturschaffenden ausbezahlt werden – unabhängig davon, ob der Probenprozess in vollem Umfang und/oder die Vorstellungen und andere Aktivitäten stattfanden.

Mittelfristig regen wir außerdem dringend an, die Förderarten zu reformieren und die Projektförderungen in die Förderung von künstlerischen Arbeitsprozessen zu überführen - mit einer Mindestlaufzeit von 6 Monaten. Damit wird es möglich, die Beteiligten anzustellen, und (entsprechend der Anrechnungszeiten) diese würden dadurch Anwartschaftszeiten für einen Bezug von Arbeitslosengeld erwerben. Die Künstler*innen und Kulturschaffenden sind damit mehrfach sozial abgesichert und erhalten krisenfestere Beschäftigungsformen, die außerdem langfristig wirken (Pensionsversicherungszeiten).
 

Wir freuen uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen und ersuchen um Antworten.

 

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