Kulturförderungen juristisch erstreiten?

Mit dem „Esterhazy-Urteil“ hat der Oberste Gerichtshof festgestellt: Eine Subventionsverweigerung durch eine Förderstelle kann eine Diskriminierung des Förderwerbers darstellen, Kulturinitiativen können Schadenersatz erkämpfen.

1999 publizierte die IG Kultur Österreich im „Klimawechsel“ erstmals Forderungen zu einer transparenten Verwaltung. 2009 folgte eine Studie und 2011 in der Serie „Alternativen zum Verlust der Kulturpolitik“ ein Artikel von Juliane Alton: „Transparenz in der Kulturverwaltung – a never ending story“. Im Fokus stand immer die Forderung nach einer sachlichen Begründung im Falle einer Ablehnung der Förderung. Nach Auffassung der IG Kultur Österreich ist eine Begründung „aus budgetären Gründen“ rechtswidrig, sofern ähnliche Projekte gefördert werden. 

Unser Angebot an IG Kultur Mitglieder, entsprechende Ablehnungen auf dem Rechtsweg durchzusetzen, wurde nie in Anspruch genommen. Die Initiativen haben Angst, diejenige Stelle zu klagen, von der sie sich weiterhin Geld erhoffen. Man tröstet sich: „Vielleicht bekommen wir ja im nächsten Jahr eine Subvention“. Als Konsequenz befürchtete man, sich durch eine Klage etwaige zukünftige Förderungen zu verbauen. 

Dass diese Förderpraxis – manche Projekte abzulehnen, obwohl gleichartige gefördert werden – unrecht war, wurde bereits 2004 in einem Verfahren zur Presseförderung ausjudiziert (OGH Geschäftszahl 10Ob23/03k), jedoch ohne Niederschlag in der Förderpraxis der Länder und des Bundes. 

Das „Esterhazy-Urteil“ 

Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein großer Player aufbegehrt. 2016 war es soweit, die Stiftung Arenaria – eine von der Esterhazy-Gruppe gegründete, gemeinnützige Privatstiftung und Veranstalterin der Opern im Steinbruch St. Margarethen – klagte das Land Burgenland auf Subvention der Opernaufführungen. Das Land fördert nämlich ähnliche Veranstaltungen wie die Haydn Festspiele und die Seebühne Mörbisch durchaus. 

Das Verfahren durchlief die Instanzen des Landesgerichts Eisenstadt, des Oberlandesgericht Wien und am 23. Mai 2018 hat der Oberste Gerichtshof eine Entscheidung zu zwei Rechtsfragen getroffen:

1. Besteht ein Schadenersatzanspruch bei diskriminierender Förderungsvergabe? 

Auch wenn den Kulturschaffenden immer entgegengehalten wurde, es bestehe kein Rechtsanspruch auf eine Förderung und das Land Burgenland diesen Satz sogar in das Kulturförderungsgesetz geschrieben hat, schlägt ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht wie der Gleichheitsgrundsatz jedes Fördergesetz. Der nicht vorhandene Rechtsanspruch bezieht sich auf eine allgemeine „Unmöglichkeit“ einer Rechtsdurchsetzung, steht aber „bei unsachlicher Verweigerung eines Förderantrages trotz der Subvention vergleichbarer Projekte Dritter“ einem Anspruch nicht entgegen (OGH 3Ob83/18d). Der OGH kommt in diesem Punkt also zu der Erkenntnis, dass bei Vorliegen einer Diskriminierung Schadenersatz verlangt werden kann. Er entschied jedoch im gegenständlichen Fall nicht, ob in der vorliegenden Klage eine Diskriminierung vorliegt. Dies muss das Landesgericht Eisenstadt prüfen, wohin das Verfahren zurückverwiesen wurde.

Wenn ein Projekte ohne sachliche Begründung abgelehnt wird, obwohl andere vergleichbare Projekte gefördert werden, liegt eine Diskriminierung vor und Schadenersatz kann verlangt werden.


2. Dürfen Förderungen mangels budgetärer Deckung abgelehnt werden? 

Für die Bewertung, ob im Fall Esterhazy eine Diskriminierung vorlag, muss nun die Begründung der Ablehnung („mangels budgetärer Bedeckung“) untersucht werden. Hier gibt der OGH vor: Es besteht dann ein Anspruch auf Förderung, wenn es für konkrete Entscheidungen keine sachliche Basis gibt. 

Das Oberlandesgericht Wien (2. Instanz) hatte zuvor zwar eine „mangelnde Bedeckung“ als unbegründet eingestuft, weil sich das Land Burgenland keiner konkreten und transparenten Richtlinien bedient, ließ jedoch laut OGH außer Acht, dass auch Förderstellen an eine „Mittelbeschränkung im Rahmen der Sachlichkeit“ gebunden sind und daher „das alleinige Abstellen auf die inhaltliche Berechtigung des Förderansuchens … nur dann ein taugliches Konzept zur Verwirklichung der Gleichbehandlung sein (kann), wenn ausreichende Mittel zur Deckelung ALLER sachlich gerechtfertigten Subventionsbegehren zur Verfügung stünden“. 

Wenn also das Budget tatsächlich zum Zeitpunkt des Förderansuchens ausgeschöpft war, kann kein Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden. Dies wurde jedoch im ersten Verfahren nicht überprüft. Laut dem Gleichheitsgrundsatz kommt es also bei begrenzten Budgetmitteln darauf an, ob tatsächlich noch Geld vorhanden ist. Früh gestellte Anträge sind vorrangig gegenüber später gestellten Anträgen – und zwar laut OGH „ungeachtet dessen, ob die Projekte Dritter in den Vorjahren gefördert wurden“ – zu behandeln. 

Eine Förderung „aus budgetären Gründen“ zu verweigern, ist nur dann zulässig, wenn zum Zeitpunkt des Förderansuchens das Budget tatsächlich bereits ausgeschöpft war. 

Konsequenzen 

Daraus ergibt sich, dass alle Förderstellen ihre Förderpraxen ändern müssten. Der Druck würde sicher steigen, wenn sich mehr Kulturschaffende ihr Recht erstreiten. Die IG Kultur bietet dabei Unterstützung an, diskriminierte Kulturinitiativen können sich gerne melden. Beispiele, wie man Fördervergaben fair gestalten kann, gibt es vor allem auf europäischer Ebene. Klare Förderkriterien, transparente Budgets, sachliche Begründungen und Fristen für bestimmte Förderschienen sind nur ein paar Stichworte für ein modernes Förderwesen.

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Dieser Text wurde für die KUPFzeitung #167 vorbereitet. Die Herbstausgabe erscheint am 13. September mit einem Schwerpunkt auf Recht, Kulturarbeit & Interessenvertretung, auch online, unter www.kupf.at/zeitung

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