Kostprobe mit Beigeschmack
Im Vergleich zu der vorangegangen freiheitlichen Kultur-Verödungs-Planwirtschaft stellt die Transformale dennoch einen nicht zu unterschätzenden Lichtblick dar: Das Engagement freier KIs wurde ausdrücklich gefordert und gefördert, die innerhalb weniger Wochen entwickelten 109 Projekteinreichungen belegen dies (nicht nur für Kärntner Maßstäbe) eindrucksvoll.
Die erste Ausgabe der Kärntner Transformale
Wenn da so zwei, drei säßen, an einem Tisch, und sie dächten so vor sich hin, über dies, über das, und der eine holte einen seltenen Pilz hervor, Stunden zuvor in einem Auwald erlegt – und sie spännen anhand des Pilzes weiter – über Flora, Fauna, das Land, die Leute, schwer und leicht verdauliche Kost und ihre Kosten … Da könnte man meinen, dass aus dieser Begegnung durchaus etwas Kreatives und Spannendes zu entstehen möglich wäre.
Da saßen also tatsächlich zwei oder drei beisammen, diesen Frühling, und haben, von einem Fungus ausgehend, allerlei spannende bis irrwitzige Projekte in den zarten Himmel geschleudert. Denn es war noch nicht lange Frühling, und das freie Atmen erst seit Kurzem wieder möglich geworden; und – es wurde von Aufbruch gesprochen: Da gäbe es also nun etwas Neues, eine Art Festival, nix mehr mit Brauchtum und Heldenverehrung, nein, ein Kunstfestival, ein richtiges, vom Land subventioniert und gewünscht! Und es klingt auch irgendwie gut, so etwas mit -ale am Schluss, wie Biennale, Viennale, Diagonale, Regionale – eine Endung, die Großes verheißt! Und das Hauptthema soll Kulinarik sein. Kulinarik? K-U-L-I-N-A-R-I-K! Jetzt also Kulinarik.
Das Kunstfestival Transformale
So ging oder könnte es weitergegangen sein, an diesem Frühjahrstag in einem Klagenfurter Café.
Um es abzukürzen: Aus den schönen Hirngespinsten wurde nichts. Das Kunstfestival Transformale – Kunst Kultur Küche Kärnten fand hingegen im Herbst dieses Jahres in Kärnten/Koroška erstmals statt. Gerade einmal einen Monat nach geschlagener Wahl ging Kulturreferent Wolfgang Waldner (ÖVP) mit seiner Idee eines Kunstfestivals für Kärnten/Koroška an die Öffentlichkeit. Man wolle einen „Dialog zwischen Kunst und Tourismus in Gang bringen“, so Waldner damals, es handle sich für’s erste um Kostproben, für mehr reichten Zeit und Geld (noch) nicht aus. Der bildende Künstler Tomas Hoke, neben der Kunsthistorikerin Ulli Sturm Kurator der ersten Transformale, begann auch gleich, von einem gesellschaftlichen Transformationsprozess zu träumen, das Festival müsste doch einen ent- und ansprechenden Diskurs ins Rollen bringen können! Hohe Erwartungen an eine zweieinhalbwöchige Veranstaltungsreihe.
Transformiert wurden zunächst einmal öffentliche Mittel: Der von Amtsvorgänger Harald Dobernig als persönliche Spielwiese verstandene Heimatherbst (nahezu eine halbe Million Euro wurde alleine für’s Marketing aufgewendet) wurde von Waldner abgeschafft, stattdessen der (Brauchtums-)Kulturherbst Kärnten (2013 mit 200.000 Euro budgetiert) und besagte Transformale ins Leben gerufen. Laut Wolfgang Waldner soll sich die Transformale mit ihrem zeitgenössischen Kunstanspruch an vergleichbaren Landesfestivals in Österreich, wie dem Festival der Regionen in Oberösterreich oder der steirischen Regionale orientieren. Weil ein Vergleich sicher macht: Das biennale Festival der Regionen feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen und hat ein Budget von 830.000 Euro zur Verfügung. Die ebenfalls biennale Regionale wurde 2008 aus der steirischen Landesausstellung „transformiert“, 2012 wurde das Budget von vier auf zwei Millionen Euro gekürzt. Mittlerweile ist die Regionale von der steirischen Sparregierung ersatzlos gestrichen worden (was wiederum dem steirischen herbst zugute kommt). Im Vergleich dazu war die budgetäre Ausstattung für die heurige Transformale bescheiden: Von 540.000 Euro Gesamtbudget wurden 300.000 Euro für Werbezwecke veranschlagt. Die Gelder für die Transformale kamen zum Großteil aus dem ebenfalls von Wolfgang Waldner betreuten Tourismusressort, „aus dem einfachen Grund, weil im Kulturbudget kein Geld mehr da ist“, so der Kulturreferent.
Das Kurator_innenduo Ulli Sturm und Tomas Hoke wählte (dramaturgisch beraten vom Autor und Regisseur Andreas Staudinger) aus 109 Projekten 21 aus, die sich quer durch Kärnten/Koroška und die unterschiedlichsten Kunstsparten zogen.
Ein Lichtblick – trotz Irritationen
Ob der kurzen Vorlaufzeit oder mangelnder Erfahrung des „Genusslandes Kärnten“ mit zeitgenössischer Kunst geschuldet: Das heurige Kostprobenfestival sorgte für Irritationen. So verschwand das die Zweisprachigkeit des Landes einbeziehende „Koroška“ kurzerhand aus den offiziellen Festivalkanälen, ebenfalls bekrittelt wurde der mangelnde Kooperationswille seitens der Tourismusverbände mit den einzelnen Projektbetreibern. Die großzügigen Werbemittel fanden zwar in aufwändiger überregionaler Bewerbung und wohlwollender Berichterstattung ihren Niederschlag, ebenso großzügig landeten jedoch erhebliche Mengen an Programmen und Flyern ungelesen im Altpapier. Hinter vorgehaltener Hand wurde auch von erfolgreichen Interventionen verantwortlicher Touristiker in die künstlerische Programmierung berichtet, der eine oder andere durchsichtige Programmpunkt scheint dies zu bestätigen.
Im Vergleich zu der vorangegangen freiheitlichen Kultur-Verödungs-Planwirtschaft stellt die Transformale dennoch einen nicht zu unterschätzenden Lichtblick dar: Das Engagement freier KIs wurde ausdrücklich gefordert und gefördert, die innerhalb weniger Wochen entwickelten 109 Projekteinreichungen belegen dies (nicht nur für Kärntner Maßstäbe) eindrucksvoll. Das Land und sein Kulturreferent geben sich jedenfalls rundum zufrieden: Das Festival war laut Waldner zu 90 Prozent ausgelastet und soll, mit wechselnden Kurator_innen, fortgeführt werden. Allerdings biennal, die nächste Transformale wird demnach erst 2015 stattfinden. Für das Planungsjahr 2014 und dem Festivaljahr 2015 sind insgesamt 600.000 Euro vorgesehen. Die neu auf dem Tisch liegende biennale Ausrichtung kann sehr wohl als Kürzung betrachtet werden. Woher die Gelder fließen sollen und wie der Schlüssel zwischen operativem und Werbebudget aussehen wird, war bislang nicht in Erfahrung zu bringen.
Vielleicht hätte sich als Festivalname doch etwas mit der Endung -ente besser angeboten: „Transparente“ wäre ein Vorschlag.
David Guttner ist Sekretär der IG KIKK und Vorstandsmitglied der IG Kultur Österreich