Kommentar zum Kulturbudget 2025 der Vorarlberger Landesregierung

Unter dem Titel "Das Einzige, das krisensicher ist!" veröffentlicht die Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft in der Februarausgabe einen Kommentar von IG Kultur Vorarlberg-Geschäftsführerin Mirjam Steinbock zum Vorarlberger Kulturbudget 2025.

Das Einzige, das krisensicher ist!
 

Fortwährend pflegen und bieten Akteur:innen sowie Einrichtungen in Vorarlberg ein vielfältiges, qualitativ hochwertiges und über die Grenzen hinaus wahrnehmbares Programm aus Kunst und Kultur. Wir alle dürfen damit etwas erleben, das jenseits kapital- und konsumorientierter Strategien liegt und das uns in den Kontakt mit uns selbst und unserem Gegenüber bringt. Ariadne von Schirach beschreibt es in „Die Kunst des Wandels“ im Ö1-Radiokolleg so: 

„Jedes Buch, das ich lese, ist ein Zimmer im Haus meiner Seele. Jedes Theaterstück, das ich sehe, jede Unterhaltung, die ich führe, jedes Computerspiel, das ich spiele, (…) wir kümmern uns um unseren inneren Reichtum; weil das ist das Einzige, was krisensicher ist.“

Damit misst die Philosophin dem künstlerischen und kulturellen Schaffen eine Bedeutung zu, die elementar und notwendig zu sein scheint für unser derzeit von multiplen Krisen begleitetes Leben. Um gesund und handlungskompetent zu bleiben, benötigen wir mehr denn je Anker und haltgebende Räume, wie es Kulturorte mit ihrem vielfältigen Angebot sind. In der neu veröffentlichten Publikation „(Kultur)Arbeit der Zukunft!?“ antwortet der Philosoph Konrad Paul Liessmann der Autorin Sabine Benzer auf die Frage, ob Kulturarbeit eher in der Sphäre des Politischen oder in der Arbeit am Notwendigen zu sehen sei, so:

„Notwendig davon ist gar nichts. Aber es gehört zum menschlichen Leben und zu unseren Fähigkeiten, dass wir auch ästhetisch wahrnehmen, genießen können und dass wir abgelenkt werden wollen.“

In zweierlei Hinsicht erlaube ich mir, hier zu ergänzen: Einerseits halte ich Kunst und Kultur sehr wohl als notwendigen, weil krisensicheren und transformierenden Teil unseres Lebens und andererseits kann die Ablenkung auch als Hinlenkung zu etwas weit Wesentlicherem betrachtet werden: Hin zur Berührbarkeit und zur Empathie.
Uns Interessensvertretungen gehen die Argumente für Kunst und Kultur selbstverständlich nicht aus. Auch wenn vor allem der gemeinnützige, ohne jegliche Gewinnorientierung agierende Kulturbereich anderen Parametern folgt als jenen der Marktwirtschaft, gibt es durchaus volkswirtschaftlich bedeutende Wirkungen. Dass jeder in die Kultur subventionierte Euro mehrfach zurückkommt, belegt u.a. die WIFO-Studie „Ökonomische Bedeutung der Kulturwirtschaft und ihre Betroffenheit in der COVID-19-Krise“ von
2020. Aber geht es wirklich darum, die Wirtschaftssprache zu verwenden und sich in die Reihen der gewinnorientierten Unternehmen zu reklamieren, um etwas mehr vom Kuchenstückchen zu bekommen? Tatsächlich sollten wir Kunst- und Kulturakteur:innen eine viel selbstbewusstere, der Freiheit der Kunst und der Schönheit huldigende Haltung an den Tag legen. Zu verlieren gibt es kaum mehr etwas. Das Budget, das der Kulturabteilung des Landes Vorarlberg 2025 zur Verfügung steht und sowohl den Betrieb als auch das Programm von landeseigenen, landesnahen und unabhängigen Kultureinrichtungen sowie Projekten und Jahresprogrammen der Kunstsparten sichern soll, beläuft sich auf 26,8 Mio. Euro. Im Verhältnis zum Landeshaushalt in Höhe von 2,7 Mrd. Euro entspricht das geringen 0,99%. Der Teil, der der unabhängigen Szene zur Verfügung steht, bewegt sich sogar im Promille-Bereich. Angesichts einer Kulturstrategie, die im Jahr 2023 veröffentlicht wurde und die auch eine Fair Pay-Strategie enthält, kommt das Stagnieren der Budgetzahlen einer Kapitulation gleich. Vorgesehene Schritte der Vorarlberger Landesregierung zur Implementierung von Fair Pay-Maßnahmen fallen dem Sparstift der Finanzabteilung anheim. Unglaubwürdig wirken da die Kulturdebatten, in denen sich die Politiker:innen fraktionsübergreifend einig sind, wie viel Handlungsbedarf es gibt, damit Künstler:innen endlich dem Prekariat entkommen. Nicht von heute auf morgen könne dies umgesetzt werden, heißt es von der ÖVP, die trotz geringer Budgetzahlen in Aussicht stellt, auch Neues umsetzen zu können. Die Freiheitlichen meinen gar, Kunstakteur:innen sollten über steuerliche, sozial- und sozialversicherungsrechtliche Themen informiert werden.
Es heißt im aktuellen Arbeitsprogramm der Regierung auch, es brauche neue Erhebungen. Man wünscht als Interessensvertretung, die Kunstakteur:innen mögen an diesem Punkt besser weghören, um in der Schaffenskraft bleiben und nicht völlig desillusioniert zu werden. Selbst wenn es eine Fortschreibung der Budgets auch für 2025 gibt, zugesagte Mehrjahresvereinbarungen mit Einrichtungen eingehalten werden, die Halbjahres- und Jahres- und Go-Stipendien für Künstler:innen gesichert sind und neue Einrichtungen wie
das Literaturhaus oder das S-MAK und die Kunstmesse STAGE Unterstützung erfahren, es bräuchte notwendig ein Plus im Kulturbudget und ein finanzielles Bekenntnis für einen Bereich, der langsam, aber kontinuierlich in den Ruin gespart wird. Es bleibt die Frage, wer darüber entscheidet? Bei allem Zuspruch der Kulturpolitiker:innen scheinen nicht sie das Zünglein an der Waage zu sein, sondern vielmehr derjenige, der das Finanzressort verantwortet. Und das ist Landeshauptmann Markus Wallner. 

Mirjam Steinbock ist Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg.

 

Der Kommentar wurde in der Februarausgabe der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft veröffentlicht, anbei auch als pdf.
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Artikelfoto: ©Pixabay

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