Kärntner Verhältnisse. Kulturpolitischer Skandal größten Ausmaßes

Der Beschluss des Kärntner Landtags, fünf sogenannten Heimatverbänden (Kärntner Heimatdienst, Kärntner Abwehrkämpferbund, Kameradschaftsbund, Landsmannschaft und Ulrichsberggemeinschaft) eine jährliche Basisförderung aus dem Kulturbudget des Landes zu gewähren, ist ein Beleg für die Tendenziosität der Kärntner Kulturpolitik, indem für kulturelle Tätigkeit zweckgebundene Mittel zur Förderung fragwürdiger Tätigkeiten von Organisationen und Vereinigungen mit nationalistischem politischen Hintergrund missbraucht werden.

Der Kärntner Landtag beschloss Ende September auf Antrag des Kulturreferenten Jörg Haider und mit Unterstützung der FPÖ, der ÖVP, aber auch des SP-Vorsitzenden Ambrozy eine Basisförderung für die Kärntner "Heimatverbände". Im folgenden lesen Sie Protesterklärungen der slowenischen Kulturverbände und der IG KIKK.

Der Beschluss des Kärntner Landtags, fünf sogenannten Heimatverbänden (Kärntner Heimatdienst, Kärntner Abwehrkämpferbund, Kameradschaftsbund, Landsmannschaft und Ulrichsberggemeinschaft) eine jährliche Basisförderung aus dem Kulturbudget des Landes zu gewähren, ist ein Beleg für die Tendenziosität der Kärntner Kulturpolitik, indem für kulturelle Tätigkeit zweckgebundene Mittel zur Förderung fragwürdiger Tätigkeiten von Organisationen und Vereinigungen mit nationalistischem politischen Hintergrund missbraucht werden. Die politischen Aktivitäten dieser Organisationen haben mit Kultur nichts zu tun.

Es ist kein Zufall, dass dieser Landtagsbeschluss ausgerechnet vor dem 10. Oktober gefasst wurde. In diesem Zeitraum finden die Hauptaktivitäten der erwähnten "Heimatverbände" statt, und zwar in Form von Aufmärschen, Treffen von Veteranen der deutschen Wehrmacht und der SS sowie Veranstaltungen, auf denen wie eh und je gegen die Rechte der Kärntner slowenischen Bevölkerung gehetzt wird. Wir protestieren entrüstet dagegen, dass der Kärntner Landtag mit solchen Maßnahmen alle Kärntner kulturellen und künstlerischen Einrichtungen sowie Kulturschaffenden erniedrigt und demütigt. Der Slowenische Kulturverband und der Christliche Kulturverband als kulturelle Institutionen der Kärntner Slowenen und Sloweninnen wollen angesichts dieses kulturpolitischen Skandals nicht schweigen und fordern die gesamte demokratische Öffentlichkeit auf, ihre Stimme gegen diese Landespolitik zu erheben, die Kultur im Sinne ihrer politischen Rechnung zu instrumentalisieren versucht.

Dieser tendenziösen Kärntner Kulturpolitik entspricht auch ihr Verhältnis zur Kultur der Kärntner slowenischen Bevölkerung: 1 Prozent sämtlicher Landes-Kultursubventionen werden letzterer jährlich zugestanden, d.h. von insgesamt 266 Millionen Schilling im Jahre 2001 etwas mehr als 2,6 Millionen für alle slowenischen Kulturvereine, für beide zentralen slowenischen Kulturorganisationen sowie für die Slowenische Musikschule. [...] Der Kärntner Abwehrkämpferbund hat bereits im vergangenen Jahr 10.000 Euro erhalten, also erheblich mehr als der Slowenische Kulturverband oder der Christliche Kulturverband in Klagenfurt.

Der Landtagsbeschluss ist mehr als nur eine von vielen Verbeugungen der Kärntner Parteien vor den deutschnationalen Organisationen. In letzter Konsequenz wird damit jenen politischen Strukturen im Land zusätzliches Gewicht verliehen, die offen gegen die slowenische Minderheit in Kärnten wirken und ihr die verfassungsmäßig garantierten Rechte öffentlich absprechen.

Nužej Tolmajer ist Sekretär des Christlichen Kulturverbands, Janko Malle ist Geschäftsführer des Slowenischen Kulturverbands.


Presseerklärung der IG KIKK

Angelika Hödl

Die am 24. September 2002 im Kulturausschuss des Landes Kärnten für die sogenannten Traditionsverbände beschlossene Basisförderung ist nach der Funktionsperiode des Rechtsextremisten Andreas Mölzer als Kulturberater der zweitgrößte kulturpolitische Skandal, den sich Kärntens blau-schwarze Regierung in dieser Amtsperiode leistet. Mit Eindeutigkeit, die nichts mehr zu wünschen übrig lässt, wird offensichtlich, dass den kulturpolitisch Verantwortlichen ausschließlich die Stärkung und Absicherung sogenannter heimattreuer Verbände ein Anliegen ist. Vergessen wird dabei, dass besonders der KHD durch eine Erbschaft in der Höhe von rund 1,5 Mio Euro zu den reichsten und am besten abgesicherten Vereinen in Kärnten zählt. Dass sich die Aktivitäten der Ulrichsberggemeinschaft auf einen uniformierten Aufmarsch jährlich und die Sanierung des dahin führenden Privatweges beschränken, ist den Kulturberichten der vergangenen Jahre zu entnehmen. Was das mit Kultur- und Kunstförderung zu tun haben soll, wird wohl niemand erklären können. Erklärbar und offensichtlich ist hingegen, dass man angesichts des nahenden 10. Oktober sowie der bevorstehenden Neuwahlen auf die Vorfeldarbeit dieser Organisationen nicht verzichten will.

Allen bekannt ist jedoch auch die Tatsache, dass Jahres- bzw. Basisförderungen für Kleinbühnen mit fixen Spielstätten, regelmäßige Musikveranstalter, Kunsthäuser (Kunstverein, Galerien,..) und Dachverbände bislang konsequent mit der Begründung, dass es dafür keine gesetzlichen Grundlagen gäbe, abgelehnt wurden. "Budgetkonsolidierung" ist häufig ein zusätzlich vorgeschobenes Argument. " [...] Aufgrund der derzeit überaus angespannten Finanzlage des Landes Kärnten sind wir gezwungen, der Haushaltskonsolidierung unbedingte Priorität einzuräumen. Die damit verbundenen konkreten Maßnahmen erweisen sich als so einschränkend, dass das Kulturförderungsbudget kaum mehr Gestaltungsfreiräume zuläßt. Hinsichtlich der Vergabe von Subventionen müssen daher leider äußerst restriktive Maßstäbe angelegt werden. Den produzierenden und veranstaltenden Vereinen wird aus diesem Grund der Vorrang gegeben. Wir bitten um Ihr geschätztes Verständnis, dass Ihr Anliegen (Anm.: Jahressubvention 2002!) keine Berücksichtigung finden kann." [Schreiben der Kulturabteilung des Landes Kärnten, datiert mit 1. Juli 2002, eingelangt Ende August 2002]. Dass im September alles anders ist, lässt Beliebigkeit und Willkür vermuten, was an sich als Rücktrittsgrund des Landeskulturreferenten ausreichend wäre. Die tatsächliche Absicht liegt jedoch im gezielten Kahlschlag, vollzogen mit dem Wissen aller im Landtag vertretenen Parteien, um die zeitgenössische und kritische Kulturszene des Landes endgültig auszulöschen. Wer ohne Jubelrufe und ungeteilte Zustimmung nicht existieren kann, dem bleibt offensichtlich nur die Eliminierung seiner KritikerInnen.

Angelika Hödl ist Obfrau der IG KIKK.

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