Billiglohn – Kulturnation!

Es steigen zwar die Budgets bei manchen Einrichtungen im Kulturbereich gewaltig an, aber bedeutet dies gleichzeitig eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für KünstlerInnen?

Die US-Serien-Schreiberlinge streiken, sie streiken in einem Land, das zu den Hochburgen der Unterhaltungsindustrie zählt und langsam, aber sicher werden die Produktionsfirmen nervös. Denn was nützt das weltbeste Vertriebsnetz und eine unglaubliche Reichweite von Serien wie The Simpsons, Malcom mittendrin oder Desperate Housewives, wenn die Kreativen den Content nicht mehr liefern. Dann steht das Rädchen still, wenn die Schreibkralle das will. Das Problem ist schon lange die unverhältnismäßige Ressourcenverteilung zwischen Inhalt und Produktion. Wer aber glaubt, das wäre nur im kapitalistischen Urvaterland so, die irrt gewaltig, denn auch in der so genannten Kulturnation Österreich wird das Küchlein schön sauber umverteilt, seien es die sinkenden Honorarzeilen für JournalistInnen, für HörbuchschreiberInnen beim ORF oder den Tatort-AutorInnen, die sonntags uns mit mehr oder weniger spannenden Stoffen versorgen.

Es steigen zwar die Budgets bei manchen Einrichtungen im Kulturbereich gewaltig an, aber bedeutet dies gleichzeitig eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für KünstlerInnen? Ein Theaterhaus, das derzeit unter intensiver Beobachtung steht, ist das eben eröffnete brut, vormals dietheater am Karlsplatz in Wien. Es ist ein im Zuge der Theaterreform gegründetes Koproduktionshaus und soll freischaffende KünstlerInnen bei der Produktion von Inhalt unterstützen.

Aber wie auch im Fall der Fernseh-AutorInnen stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit: Wie kann es etwa sein, dass das brut für eine 10tägige Produktion einem 9köpfigen Team zuerst einmal das Angebot von 250,- Euro Abendgage macht – und das bei der Verdoppelung ihres eigenen Budgets? Rechnen wir kurz einmal durch: unbezahlt gemacht werden natürlich die Tage des Bühnenaufbaus, der Lichtprobe und der Generalprobe, wenn wir davon ausgehen, dass die Theatergruppe 3 Tage Zeit im Theater bekommt. Ein Tag wird abgebaut, und glauben Sie mir, auch in diesen Häusern bauen die AkteurInnen ihre Bühne selber ab. Da wären wir bei 14 Tagen im Theater. Das ergibt dann einen pro Kopf Tagesverdienst von 19,85 Euro. Wie viele Arbeitsstunden diese Tage haben, können wir nicht so genau sagen, am intensivsten sind sicherlich die unbezahlten Aufbautage, die Länge der Aufführungstage hängt vom Aufwand der Maske, des Aufwärmens von Stimme und Körper und der Länge des Stückes ab. Aber schätzen wir einfach mal munter weiter und sagen wir, die Schwankungsbreite eines Arbeitstages liegt zwischen Minimum drei und Maximum zwölf Stunden, dann haben wir im ersten Fall einen Stundenlohn von 6,62 und im zweiten Fall einen Stundenlohn von 1,65 Euro, brutto wohlgemerkt. Ich hoffe sehr, dass die zur Verfügung gestellte Haustechnikerin mehr verdient und selbstverständlich versichert ist, aber meine Installateurin würde da noch keinen Engländer heben.

Nach dem sich die Theatergruppe damit nicht zufrieden geben wollte, wurde das Angebot verdoppelt. Falls es noch zu Förderungen Dritter kommt, werden diese wieder von den derzeitigen 5000,- Euro abgezogen. Aber, aber, dafür gibt es Proberaum, Werbung und Technik und wenn wir dann wissen, wie viel im Koproduktionsbudget steht, wissen wir das Verhältnis von Produktion und Kunst. Ist das alles jetzt nicht ein wenig präventiv kritisiert? Vielleicht, aber vielleicht sollten wir im Zuge der Reform des Künstlersozialversicherungsfonds über diese Verhältnisse diskutieren. Dann würden wir uns nicht ständig wundern, warum so viele KünstlerInnen das Mindesteinkommen unterschreiten.

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