Beschlossenes Budget und erste Kulturdebatte im Vorarlberger Landtag unter neuer Regierung
Der Vorarlberger Landtag beschloss unter neuer, schwarz-blauer Regierung am 19. Dezember 2024 das Budget für das Jahr 2025. Der bereits im Sommer angekündigte Sparkurs des Landes trifft auch das Kulturbudget, das angesichts prekärer Arbeits- und Lebensumstände Kunstschaffender und einem zarten Start in die Fair Pay-Strategie des Landes mit einer lediglich geringfügigen Erhöhung in das neue Jahr geht. Wie sich die Kultursprecher:innen der Parteien zum Budget und den relevanten Inhalten von Kunst und Kultur äußerten und was Kulturlandesrätin Barbara Schöbi-Fink zu einem Ausblick für die freie Szene sagt, haben wir im Folgenden dokumentiert.
Kaum Veränderung im Kulturbudget
Der am 18. und 19. Dezember 2024 vom Vorarlberger Landtag beschlossene Voranschlag 2025 bestätigt ein Jahresbudget für Kunst, Kultur und Kultus in Höhe von 57.133.500,00 Euro, was im Rahmen des Gesamtbudgets von rund 2,7 Mrd. Euro einem Anteil von 2,07% entspricht. Besondere Schwerpunkte liegen dabei auf der Talenteförderung in der Stella Vorarlberg Privathochschule für Musik und auf größeren Beiträgen für die Vorarlberger Musikschulen.
Der von der Kulturabteilung des Landes für Projekt- und Jahresansuchen zu vergebende Anteil des Budgets beläuft sich mit 26,8 Mio Euro auf knapp die Hälfte des Gesamtkulturbudgets. Die Förderanteile für die freie Szene - und das sind unabhängige Kunst- und Kulturakteur:innen sowie Vereine, die weder eine landeseigene noch landesnahe Einrichtung sind - verteilen sich über etliche Kostenstellen der Gruppe 3.
Bedeutung für die freie Szene
Auf unsere Fragen hinsichtlich Details der für die freie Szene schwer zuordenbaren Haushaltsaufstellung und geäußerter Sorge über weitere Einsparungen in einem Ressort, das bei gerade begonnener Fair Pay-Strategie und begleitet von Teuerungen weiterhin immens herausgefordert ist, erhielten wir am 19. Dezember Antwort von Kulturlandesrätin Dr. Barbara Schöbi-Fink, die wir an dieser Stelle gern weitergeben:
"Innerhalb des operativen Kulturbudgets in Höhe von 26,8 Mio EUR ist im Budgetjahr 2025 insgesamt und damit auch für den Bereich der Freien Szene zumindest eine Fortschreibung der 2024 getätigten Förderungen möglich und es können darüber hinaus neue Einrichtungen und Projekte (z.B. Literaturhaus, S-MAK, Stage) unterstützt werden. Mehrjahresvereinbarungen, die Erhöhungen vorsehen, können ebenfalls zugesichert werden. Auch die Fortführung von bereits gestarteten Schwerpunktsetzungen, die auf eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen Kunstschaffender zielen, ist gesichert (z.B. Halbjahres- und Jahresstipendien, Atelierförderungen, Kunstankäufe)."
Debatte über Prioritätensetzung und mangelnde Fair Pay-Umsetzungen im Landtag
Die erste Kulturdebatte im nach den Herbstwahlen 2024 neu konstituierten Vorarlberger Landtag zeigte einen Fokus: Fair Pay wurde von allen Parteien thematisiert. Der von den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ durchaus realistisch eingeschätzte schleppende Verlauf der Bemühung um faire Bezahlungen im Kunst- und Kulturbereich wurde durch die Opposition entsprechend befeuert. Wir haben die Kulturdebatte in einigen Blitzlichtern abgebildet, unter diesem Link kann man sie vollständig nachsehen und in unserer Transkription komplett nachlesen.
Cenk Dogan, neuer Kultursprecher der ÖVP
"Ja, Fair Pay ist, war und bleibt ein wichtiges Thema für die Kulturpolitik des Landes. Natürlich, wer kann dagegen sein, dass Künstlerinnen und Künstler in diesem Land nicht fair bezahlt werden. Die Thematik prekäre Situation von Künstlerinnen und Künstlern, die in der Prekariatsstudie verdeutlicht wurde, das gibt uns natürlich zu denken und wird von uns auch gesehen. (...) Wenn wir aber darüber reden, dass wir in die Struktur der Lebensbedingungen der Künstlerinnen und Künstler positiv einwirken wollen, dann müssen wir so ehrlich sein, dass das nicht von heute auf morgen funktioniert. Das ist und bleibt ein langer Prozess, damit er v.a. nachhaltig bestehen kann. Wir müssen die Situation hier ehrlich und differenziert betrachten, sie kann nur im Schulterschluss zwischen Land, Gemeinden, den privaten Veranstaltern, dem Bund, den Interessenvertretern und den Meinungsbildnern der Szene funktionieren. Gerade in dieser finanziell angespannten Situation brauchen wir die Unterstützung aller. "
Landtagsvizepräsident Hubert Kinz, Kultursprecher der FPÖ
"Ja, und auch wir Freiheitlichen setzen uns durch konkrete Maßnahmen aufbauend auf dem Fairness-Codex in Kunst und Kultur in Österreich gemeinsam mit Bund und Gemeinden für eine fairere Bezahlung ein. Dazu sollen auch Veranstaltungen organisiert werden zu Themen, die ein Künstler halt auch berücksichtigen muss, nämlich steuerliche, sozial- und v.a. sozialversicherungsrechtliche Themen. Eine zusätzliche Datenerhebung soll Handlungsempfehlungen als Grundlage dienen und einen Zeitrahmen liefern - wir haben es schon gehört, es dauert mehrere Jahre, um nachhaltig zu wirken. (...) Und so sind wir zuversichtlich, dass wir hoffentlich bald wieder mit entsprechenden guten und neuen Ideen die Effizienz im Kulturbudget breiter Förderungen auch für freischaffende Künstler schaffen können."
Landtagsabgeordneter Reinhold Einwallner, Kultursprecher der SPÖ
"Und ja, Kollege Kinz, es steigen zwar die Mittel nominell, Sie haben gesagt, 3,6%, das ist schon richtig, wenn man die Indexerhöhungen abzieht, weiß man, dass man gerade auskommt überhaupt mit dieser Steigerung. Wir können gern diskutieren in einer zweiten Runde, ob die Teuerungen, die im Kulturbereich stattfinden, ob es die Gehälter sind, ob es die Instandhaltungen sind, mit diesen Erhöhungen auch abgedeckt werden können oder nicht. Ich glaube, nein, und wenn man mit Kulturschaffenden in diesem Land redet, die können das bestätigen. (...) Und wenn man sich diesen Blick genau anschaut, dann sieht man, dass dieses große Ungleichgewicht gibt zwischen kultureigenen Betrieben, nahestehenden Betrieben und der freien Szene. Und das ist ein offener Punkt, den wir wiederum in diesem Budget nicht lösen. Eine weitere Zielsetzung in der Kulturstrategie und auch in vielen Debatten hier im Haus war die faire Bezahlung. (...) Zusammenfassend, meine Damen und Herren, zeigt sich leider ein Bild wie in den letzten Jahren. Dass es wieder eine Diskussion über den Mangel der Finanzierungen im Kunst- und Kulturbereich ist und es zu einer realen Kürzung kommt leider im Budget, weil eben in diesem Budget die hohen Investitionen drinnen stecken, die in den Hochbau investiert werden. Und da führt es dann schlussendlich dazu, dass es für die Kulturschaffenden keine Verbesserungen gibt."
Landtagsabgeordneter Bernhard Weber, Kultursprecher der Grünen
"Wir haben 2023 eine Studie gemacht, sie wurde jetzt schon mehrfach erwähnt, die die Lebens- und Einkommensverhältnisse Kulturschaffender in Vorarlberg beleuchtet. Eine sehr gute Studie, das ist von allen anerkannt und bestätigt worden. Aber drei, vier Erkenntnisse daraus sollte man wissen, wenn man hier am Rednerpult steht und wenn man über die Kulturpolitik in Vorarlberg redet, v.a., wenn man übers Kulturbudget spricht. Erstens, das Median-Jahreseinkommen von Künstlerinnen und Künstlern hier in Vorarlberg aus ihrer künstlerischen Tätigkeit liegt bei 4.500 Euro Jahreseinkommen. Zweitens, 10% der Vorarlberger Künstlerinnen und Künstler sind nicht durchgehend krankenversichert und 30% der Künstlerinnen und Künstler sind nicht durchgehend pensionsversichert. Und den letzten Punkt, den ich erwähne, haben Sie schon von Kollege Einwallner gehört, die Hälfte der Vorarlberger Künstlerinnen und Künstler leben an oder unter der Armutsgrenze. (...) und die Studie hatte mit ihrer Empfehlung recht gehabt, da es so viele Einreichungen gab, aber dann muss doch da der Auftrag sein, nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Weil die Studie sagt einfach auch, wo Geld fehlt, muss mehr Geld her, so einfach ist das."
Landtagsabgeordnete Claudia Gamon, Klubobfrau der NEOS
"Das ist eben meiner Meinung nach keine seriöse Einsparungspolitik, sondern das ist halt einfach ein Bereich, der einem nicht so wichtig ist und deshalb wird dort nicht so erhöht wie in anderen Bereichen. Aber das ist keine strukturelle Reform und keine strukturelle Einsparung, sondern Kunst und Kultur hat vielleicht einfach nicht diese Bedeutung wie es andere Bereiche haben. Ich glaube, wenn, dann sollte man dazu stehen, dass man das so sieht. Wenn, dann sollte man das argumentieren, anstatt immer wieder zu behaupten, nein, das ist uns unfassbar wichtig. (...) Wir müssen vielleicht auch neue Möglichkeiten zur Finanzierung aufmachen, es ist natürlich auch immer wieder ein kritisches Thema, wenn es darum geht, wie können sich auch Private in Kunst und Kultur hineinbringen, das ist ein Thema, das die Szene sehr beschäftigt, wie viel Einfluss haben denn die Geldgeber:innen, wie betrifft das mich, aber vielleicht ist das auch eine Gelegenheit für die Politik, in den nächsten Jahren darauf zu schauen, professionelle Systeme zu schaffen, auch Plattformen, wo dem Ganzen ein guter Rahmen gegeben werden kann, um Unabhängigkeit zu garantieren. (...) Und das ist mein Plädoyer, klar es ist alles schwierig, ich sehe aber hier die Ausgabenpriorisierung nicht richtig gemacht, wir werden uns daran aber natürlich konstruktiv beteiligen im nächsten Jahr Lösungen zu finden, wie auch dieser Bereich nachhaltig aufgestellt werden kann und kein Opfer einer Rasenmäherpolitik wird."
Kulturlandesrätin Barbara Schöbi-Fink, VP
"Wir setzen uns hier ein, dass faire Honorare in der freien Szene möglich werden und zwar fühlen wir uns verpflichtet, dem Fair Pay-Codex des Bundes, des Städtebundes, des Gemeindebundes, der Länder, alle haben diesen Fairness-Codex unterschrieben und wir fühlen uns auch dem verpflichtet. Das nicht alle Schritte so schnell gehen, wie wir uns das vorgestellt haben, ja, das liegt am Budget und jetzt bin ich beim Budget und ja, ich hätte mir auch mehr Mittel für Kunst und Kultur im Land gewünscht, so wie meine Regierungskolleginnen und -kollegen übrigens in anderen Bereichen auch, aber wir kennen die Situationen, die muss ich jetzt nicht wiederholen. (...) Wir wollen aber trotzdem, auch wenn die finanzielle Lage nicht so ist, wie ich sie mir gewünscht hatte, Neues ermöglichen und diese Kraft muss ein Kulturbudget immer aufbringen, dass Kunst und Kultur Neues ermöglicht, dass die Mittel so eingesetzt werden, dass trotz der vielen bestehenden Angebot im Land trotz der Vielfalt, die wir alle bewundern und erleben, dass trotzdem noch Neues möglich ist. (...) Zu den Arbeitsbedingungen unserer Künstlerinnen und Künstler im Land: Ja, da haben wir uns strategisch festgelegt, dass wir diese sukzessive verbessern wollen. (...) Manche Schritte werden nicht so schnell gehen, wie wir uns das selbst vorgenommen haben, wie wir es erhofft haben. Das bedeutet vor allem den Themenbereich Fair Pay. Aber wir bleiben mit allen Verantwortlichen hier auf einem Pfad. Die Schritte, die werden wir leider nicht so schnell setzen können wie wir das wollen, aber wir bleiben bei diesem Fokus, dass es darum geht, Künstlerinnen und Künstler, vor allem die freie Szene, soll zu fairen Bedingungen ihre Arbeit leisten können."
Foto Barbara Schöbi-Fink: ©Land Vorarlberg, www.fasching.photo