Pavilion. journal for politics and culture

Der Text analysiert die Bedingungen der Re/Produktion von Leben und Kunst in der Gegenwart und schlägt eine Repolitisierung von Biopolitik durch Nekropolitik vor. Diese veränderte Situation zu berücksichtigen, bildet die Basis für eine Konzeptualisierung neuer Formen von Widerstand.

Pavilion 14, herausgegeben von Marina Gržinić, beginnt mit dem Text der Herausgeberin „Von Biopolitiken zu Nekropolitiken und zur Institution zeitgenössischer Kunst“. Er analysiert die Bedingungen der Re/Produktion von Leben und Kunst in der Gegenwart und schlägt eine Repolitisierung von Biopolitik durch Nekropolitik vor. Diese veränderte Situation zu berücksichtigen, bildet die Basis für eine Konzeptualisierung neuer Formen von Widerstand.

Im Text „Metastase der Demokratie, der Kommunikation und des Massenintellekts“ analysiert Šefik Šeki Tatlić das Konzept des Einschlusses von Südosteuropa in die kapitalistische Maschine durch „Demokratisierung“. Der ganze Raum transformiert sich in eine biopolitische Pufferzone, in der sich Realität in Ästhetik verwandelt. Tatlić bezieht sich auf Agamben und schlägt das Alien als politisierte Form von Leben vor. Nejra Nuna Čengić fragt in ihrem Text „Leben nach dem Tod“ was es bedeutet, zu leben, nachdem man jenseits der Grenzen des Menschlichen platziert wurde und den Genozid von Srebrenica, verübt durch serbische paramilitärische und reguläre Kräfte, überlebt hat. Das ist der Punkt, an dem der „Tod“ als das erscheint, was Agamben als Muselmann beschreibt. Walter Mignolo diskutiert De-kolonialität des Wissens in seinem Text „Das Gemeinschaftliche und das Dekoloniale“. Er bringt den neuen Vorschlag eines indigenen Soziologen, Felix Patzi Paco (zitiert auf Spanisch!), das Gemeinschaftliche als Organisationsform in die gegenwärtige Debatte über Alternativen zum Kapitalismus einzubinden. Er insistiert darauf, dass das Gemeinschaftliche nicht mit dem Gemeinsamen verwechselt werden darf, dem neuen Schlüsselwort der europäischen Linken!
In seinem Text „De-linken vom Kapital und der Kolonialen Matrix der Macht: Klassen Rassisierung und die (De)Regulierung des Lebens entwickelt“ Sebastjan Leban eine Analyse der neuen Mechanismen von Ausbeutung und Unterdrückung durch das Kapital. Leban geht von Obamas Initiative zur Erforschung neuer Energieformen und der Finanzkrise aus und zeigt, wie alte koloniale Bestreben heute funktional sind und zu Klassen Rassisierung ausgebaut werden. Die Ausgabe schließt mit dem Artikel „Jenseits von Staat und Markt: Trans-moderne Kunst als Weg der Befreiung von Wissen und Sein“ von Madina Tlostanova, die ein subversives Konzept von Grenzbetrüger-Kunst vorschlägt. Sie demonstriert, wie zeitgenössische Kunst aus vergangenen und gegenwärtigen russischen Kolonien einen erfolgreichen Versuch darstellt, das Sein und das Wissen zu dekolonisieren und von der Zombifizierung der Moderne zu befreien.

Pavilion 14 bietet eine erfrischende Analyse des globalen Stands der Dinge und zwar von außerhalb der ersten kapitalistischen Welt. Das ist exakt der Grund, warum es Nekropolitiken und nicht Biopolitiken vorschlägt! Biopolitiken wurden im Zentrum der Kolonialität (Europa) konzeptualisiert und konnten nicht das behandeln, was mit „Leben“ zur Zeit des Kolonialismus, aber auch während der Kriege in Jugoslawien, bis heute, passierte. Außerdem wird der traumatischste Punkt der zeitgenössischen Kunst und Theorie analysiert: Kritik, die produziert wurde und impotent ist. Dieses Phänomen, Gelatinisierung genannt, hat mit der Transformation von Kapital und dem hegemonialen eurozentrischen konzeptuellen Rahmen von Wissen zu tun. Um Kritik zu produzieren und um von der gegenseitigen Inbesitznahme von Kapital/Macht oder von Kolonialität zu de-linken, ist es notwendig, so wie Pavilion es vorschlägt, Dekolonisierung von Wissen ernst zu nehmen. Das ist der enorme Handlungsspielraum, den diese Ausgabe eröffnet, den wir nutzen sollten, wenn wir nicht zu Marken und Trends verkommen wollen!

Freier Download unter: www.pavilionjournal.org

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