Kulturpolitik statt Kulturdiplomatie

Das Austrian Cultural Forum New York feiert dieses Jahr den zehnjährigen Geburtstag des Neubaus von Raimund Abraham – und kann zu diesem Anlass auch mit diversen Erfolgsmeldungen in Form von Besuchszahlen, Presseecho etc. aufwarten. Aber was passiert dort eigentlich – und vor allem, warum? New York leidet ja nicht gerade Mangel an Ausstellungsorten für Avanciertes.

Ein Tagungsbericht

Das Austrian Cultural Forum New York feiert dieses Jahr den zehnjährigen Geburtstag des Neubaus von Raimund Abraham – und kann zu diesem Anlass auch mit diversen Erfolgsmeldungen in Form von Besuchszahlen, Presseecho etc. aufwarten. Aber was passiert dort eigentlich – und vor allem, warum? New York leidet ja nicht gerade Mangel an Ausstellungsorten für Avanciertes. Und die Repräsentation nationaler kultureller Errungenschaften war immer schon ein zweifelhaftes Konzept, das in Zeiten globaler Vernetzungen, umfassender Migrationsströme und supranationaler Regierungsstrukturen zunehmend obsolet erscheint.

Vor diesem Hintergrund diente das Jubiläum des ACF New York als Anlassfall für eine kritische Bearbeitung des Themas Kulturdiplomatie im Rahmen einer Tagung, bei der dann bereits der Hauptvortragende, Wolfgang Petritsch, sich darum bemühte, einige positive Vorurteile über Kulturaustausch abzubauen, indem er aus seinen Erfahrungen im Kosovo/a berichtete, dass „Kultur vieles schafft, aber sicher keinen Frieden“. Diese skeptische Haltung wurde durch den Vortrag des langjährigen Leiters der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Pius Knüsel, unterstützt, der eine grundsätzliche Unvereinbarkeit zwischen potenziell subversiver Kunst und Diplomatie als Kunst des Kompromisses ortete – und die konkreten Aktivitäten der Kulturdiplomatie im Verhältnis zwischen reichen Staaten als großteils sinnlos einschätzte, da Kulturaustausch ohnehin ohne Unterstützung der Politik stattfände, während auslandskulturelle Aktivitäten im globalen Süden oder in Krisenregionen in erster Linie post-koloniale Zwecke erfüllten.

Sollte man also Aktivitäten kulturdiplomatischer Art einfach ersatzlos streichen? So weit wollten die Tagungsteilnehmer_innen nicht gehen, doch waren sich die meisten darüber einig, dass die Grundsätze wie auch die Umsetzungen von Auslandskulturpolitik einer gründlichen Revision zu unterziehen sind. Barbara Putz-Plecko etwa schlug in Anlehnung an Gerald Raunig vor, die (schon semantisch problematische) Vorstellung von Kulturaustausch durch den Versuch der Schaffung von Grenzräumen (spacing the line) – ein Konzept, das Petritsch gerne für Krisengebiete konkretisiert sehen würde – zu ersetzen; cultural spaces als Freiräume oder, in den Worten von Michael Rössner, als Räume kultureller Translation.

Von solchen Modellen ist die offizielle Kulturdiplomatie noch recht weit entfernt. Doch weitgehend unbeachtet von der offiziellen Politik organisieren sich künstlerische und kulturelle Praktiken zunehmend transversal, wie Therese Kaufmann aus ihrer eigenen Arbeit berichtete. Der Repräsentationslogik nationaler (oder auch supranationaler) Außenkulturpolitik werden hier bewusst neue Formen der Kooperation und des politischen Widerstands entgegengesetzt, die nicht nur über nationale, sondern auch über die Grenzen von Disziplinen und Fachgebieten hinweg entwickelt werden. Allerdings fällt es zunehmend schwerer, diese Praktiken auch umzusetzen, weil immer restriktiver werdende Zuwanderungsgesetze den viel gelobten Kulturaustausch massiv behindern. Ein soeben von BMUKK, BMeiA, BMASK und der österreichischen UNESCO-Kommission herausgegebener „Mobility Guide“ zur künstlerischen Mobilität führt mit unfreiwilligem Zynismus sämtliche Beschränkungen vor.

Denn bei aller Kunstseligkeit und der Freude über gelungene Veranstaltungen in aller Welt: Letztendlich geht es bei dieser Frage um eine Politisierung auslandskultureller Aktivitäten, um die Anerkennung und Bearbeitung von machtförmigen Verhältnissen, Ungleichheiten und Ausschlüssen. Kurz gesagt also: um Kulturpolitik statt Kulturdiplomatie.

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