Arbeit ohne Papiere, ... aber nicht ohne Rechte!

Schon mal überlegt, welche Folgen es haben kann, wenn Künstlerin X in der Kulturinitiative Y die Abendbetreuung einer Veranstaltung auf Honorarnote übernimmt, obwohl sie den Aufenthaltstitel „Aufenthaltsbewilligung Künstler_in“ hat? Sie hätte dann nämlich „undokumentiert“ gearbeitet. Die Broschüre "Arbeit ohne Papiere, ... aber nicht ohne Rechte" informiert über arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche bei undokumentierter Arbeit von Migrant_innen und die (aufenthaltsrechtlichen) Gefahren im Falle ihrer Durchsetzung.

Schon mal überlegt, welche Folgen es haben kann, wenn Künstlerin X in der Kulturinitiative Y die Abendbetreuung einer Veranstaltung auf Honorarnote übernimmt, obwohl sie den Aufenthaltstitel „Aufenthaltsbewilligung Künstler_in“ hat? Sie hätte dann nämlich „undokumentiert“ gearbeitet. Zum einen, weil sie im Grunde nur künstlerisch erwerbstätig sein darf. Zum anderen ist bei einer Abendbetreuung von einer arbeitnehmer*innenähnlichen Beschäftigung auszugehen (das heißt unabhängig vom Pass wäre ein Werkvertrag wohl kaum korrekt), und im Fall der Künstlerin X würde das dann eine Beschäftigungsbewilligung voraussetzen. Abgesehen davon: Was würde passieren, wenn aus irgendeinem Grund nicht das vereinbarte Honorar bezahlt wird und sie sich wehren will?

Dass sie dann trotz undokumentierter Arbeit sehr wohl Rechte hat, beschreibt eindrucksvoll die Broschüre ARBEIT OHNE PAPIERE, ... ABER NICHT OHNE RECHTE!, verfasst und gemeinsam herausgegeben von Arbeiterkammer Wien und UNDOK, der gewerkschaftlichen Anlaufstelle für Arbeiternehmer_innen ohne gesicherten Aufenthalt und/oder ohne Arbeitspapiere. Der Arbeiterkammern geht es darum, dass alle Arbeiternehmer_innen fair bezahl werden sollen, unabhängig vom ihrem Aufenthaltsstatus. Lohn- und Sozialdumping passieren jedoch sehr häufig dann, wenn Erwerbstätige aufgrund ihres Aufenthaltsstatus erpressbar und in jeder Hinsicht – was Arbeitszeiten und -bedingungen sowie Entlohnung betrifft – leicht ausbeutbar sind. Nur sind sie deswegen noch lange nicht rechtlos, wie die Broschüre darstellt. 

Die Struktur folgt dabei der Kernfrage: „Kann das Durchsetzen von Ansprüchen den Aufenthalt gefährden?“, Ausgehend von den über 20 verschiedenen Aufenthaltsberechtigungen im österreichischen Fremdenrecht und den weiteren asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigungen wird jeweils dargestellt, welche Konsequenzen es haben kann, wenn Arbeitnehmer_innen ihre arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüche geltend machen und welche Strategien der Durchsetzung ihrer Rechte jeweils möglich sind.

Wenn nun also Künstlerin X das nicht ausbezahlte Honorar bei der Kulturinitiative Y geltend machen will, sind Probleme möglich, so sich die Sache nicht intern lösen lässt: Wenn die nicht-künstlerische Tätigkeit amtsbekannt wird, kann es passieren, dass ihre Aufenthaltsbewilligung nicht verlängert wird. Und wenn ganz zufällig an diesem Abend, an dem sie die Veranstaltung betreut, die Fremdenpolizei vorbeikommt und sie kontrolliert? Dann kann gar ein Aufenthaltsverbot drohen. Wenn sie in der Kulturinitiative Y aber eine künstlerische Arbeit geleistet hätte, hätte die Geltendmachung von Ansprüchen kein aufenthaltsrechtliches Risiko.

Anhand der Broschüre ließe sich die Geschichte auch mit jedem anderen Aufenthaltstitel durchspielen – zentral ist nämlich der Ausgangspunkt: Egal, wie die Erwerbstätigkeit zustande kommt, egal, ob es einen gültigen Arbeitsvertrag gibt oder nicht, die Betroffenen haben genau die gleichen Ansprüche wie jene, die mit gültigem Arbeitsvertrag arbeiten. Dazu gehört in erster Linie der Anspruch auf Entgelt, und zwar in der Höhe, wie es bei einem vergleichbaren gültigen Vertrag der Fall wäre.

Die Broschüre richtet sich als „Handbuch“ zwar vor allem an Beratungsstellen, schärft aber ganz allgemein das Bewusstsein für die Rechte jener, deren Situation oft so ausweglos erscheint. Sie gehört daher in jedes Kulturinitiativenbüro, auf jeden Betriebsratsschreibtisch, in jeden Bauleitercontainer usw. usf.

 

Arbeit ohne Papiere, 3. Auflage, 2019
UPDATE zur 3. aktualisierten Auflagen: 

Die Printbroschüre kann direkt über die AK Wien bestellt werden:
per E-Mail: bestellservice@akwien.at
per Bestelltelefon: (01) 501 65 1401

Download der aktuellen Broschüre: AK Wien Broschüre - Arbeit ohne Papiere, Oktober 2019

 

 

 

[Beitrag vom 13.04.2013, aktualisiert am 22.11.2019 anlässlich der Neuauflage der Broschüre, Büro IG Kultur Österreich]

Ähnliche Artikel

Soziale Kälte; Hund, Mops in Decke, kalt Mit dem Wind in den Fahnen einer schwarzblauen Regierung bläst einem in der Regel eine gewisse soziale Kälte entgegen. Bewegung könnte da helfen. Und zwar zu den Arbeiterkammerwahlen. Die finden dieses Jahr statt, manche Bundesländer haben schon gewählt, manche wählen gerade oder stehen uns noch bevor. 
Heute stellen wir euch die Ausgabe 2/2013 der Kulturrisse vor, die sich dem Thema der Sprachvielfalt widmet. In der Rubrik „A bisserl mehr Senf, bitte!“ sprachen wir mit Daniela und Silvia, einer Unterstützerin und einer Aktivistin der AbfallberaterInnen, die gegen die prekären Arbeitsverhältnisse bei der MA48 kämpfen. Unsere Kolumne kommt aus der Alternativen-zum-Verlust-der-Kulturpolitik-Serie, diesmal mit Petja Dimitrovas Beitrag „Mobilität statt Barrieren“.
Vielfältigkeit ist nicht nur schön, sondern auch sehr praktisch. Man muss nur damit umgehen können. Lässt man beispielsweise Hühner rund um den Kirschbaum picken, hat man weniger wurmige Kirschen, weil die Hühner die Würmer schon fressen, bevor sie zu Fliegen werden und weitere Wurmeier in die Kirschen legen.