WebTalk "Wissen schafft Kultur": Die kulturpolitische Agenda
Die Kulturpolitik beschränkt sich schon lange auf das Verwalten des Bestehenden und die Einrichtung von Sonder- und Hilfsmaßnahmen. Dabei agiert sie zusehends an den Realitäten der Kulturbetriebe vorbei. Wie ist der Stand der Dinge? Ist die Kulturpolitik in einer Sinnkrise? Welche Visionen braucht es? Welche Impulse können von der Kultur ausgehen? Der IG Kultur-Webtalk „Wissen schafft Kultur“ stellt aktuelle Erkenntnisse aus der Wissenschaft vor und beleuchtet, inwiefern diese für die Kulturarbeit nutzbar sind. Zu Gast ist der Kulturwissenschafter Michael Wimmer. Der Webtalk findet online am 19. Oktober um 15.30 statt.
Ein Gespräch mit Michael Wimmer, Kulturwissenschafter und Herausgeber des Bandes "Für eine neue Agenda der Kulturpolitik.
Der österreichische Kulturbetrieb steht vor einer Existenzkrise und die Kulturpolitik vor einer Sinnkrise. Die Grundlagen der bestehenden Kunst- und Kulturförderung stammen in weiten Teilen aus den 1970er Jahren und Adaptierungen seit den 1990er Jahren waren in erster Linie der umfassenden Durchsetzung der Marktlogik geschuldet. Seitdem beschränkt sich die Kulturpolitik größtenteils auf verschiedene Überbrückungs- und Hilfsmaßnahmen, um zumindest Teile des Status quo aufrecht zu erhalten.
Spätestens mit dem Ausbruch der Pandemie wird deutlich, dass ein in die Jahre gekommenes Set an kulturpolitischen Maßnahmen an den Realitäten des Kulturbetriebs zunehmend vorbeigeht. In der aktuellen Prioritätensetzung der Bundesregierung zeigt sich unverstellt, dass es Kulturpolitik allzu lange verabsäumt hat, den ihr zugrunde liegenden Kulturbegriff zu aktualisieren. So kommt der Kulturpolitik im politischen Feld nur mehr eine marginale Bedeutung zu.
Gleichzeitig arbeiten schon jetzt Künstler*innen an neuen Formaten und Settings, intensivieren die Beziehung zwischen ihnen und Publikum zu intensivieren, verändern ihr Selbstverständnis gegenüber den digitalen Medien, gehen neue Kooperationen mit Akteur*innen anderer Politikfelder ein, vor allem im NPO- Bereich und beispielsweise zu Fragen des Klimaschutzes, der Ressourcenschonung, der Mobilität, der Nachhaltigkeit, der Gemeinwohlorientierung, der Demokratiemüdigkeit, der Diversität und vielem mehr. Es Bedarf einer dynamischen Weiterentwicklung auch der Kulturpolitik, will der Sektor nicht weiter an Relevanz verlieren.
Angesichts der Komplexität der Problemstellungen scheinen Top-down-Lösungen nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen spricht vieles dafür, dass der Kulturbetrieb gefordert sein wird, sich an der kulturpolitischen Entscheidungsfindung zu beteiligen und nicht mehr darauf zu vertrauen, dass die Kulturpolitik noch einmal die richtigen Weichenstellungen vornehmen werden.
Die Gesprächsreihe „Wissen schafft Kultur“... ...stellt aktuelle Erkenntnisse aus der Wissenschaft vor und beleuchtet, inwiefern diese für die Kulturarbeit nutzbar sind. Der moderierte Talk lädt dazu ein, in den offenen Austausch zwischen Wissenschaftler*innen und Kulturakteur*innen zu treten, Fragen zu stellen, Input zu geben und so Lücken zwischen Forschung und Praxis zu schließen. Offen für alle in der Kunst und Kultur Tätigen und Interessierten. |
Termin:
Mittwoch, 19. Oktober 2022, 15.30 bis 17.00 Uhr
Anmeldung zum ZOOM-Talk:
Wir bitten unter office@igkultur.at um Anmeldung, der ZOOM Link wird zeitnah zur Veranstaltung übermittelt.
Unser Talk-Gast:
Michael Wimmer ist Gründer und war bis Ende 2017 Geschäftsführer von EDUCULT, war langjährig Geschäftsfhrer des Österreichischen Kulturservice (ÖKS) und ist Dozent an der Universität für angewandte Kunst Wien zu Kulturpolitikforschung habilitiert. Dazu ist er Lehrbeauftragter am Institut für Kulturmanagement und Gender Studies der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie am Institut für Lehrer*innen-Bildung an der Universität Wien. Er fungierte als Berater des Europarats, der UNESCO und der Europäischen Kommission in kultur- und bildungspolitischen Fragen und war Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Internationalen Konferenz für Kulturpolitikforschung (iccpr).
Zurzeit betreibt Michael Wimmer die Initiative Wimmers Kultur-Service sowie eine Kulturpolitische Praxis, in der er Kolleg*innen seine Erfahrungen bei deren Positionierung innerhalb des Kulturbetriebs anbietet. In seinen regelmäßigen Blogbeiträgen und Kommentaren analysiert er das aktuelle kulturpolitische Geschehen.
Moderation:
Patrick Kwasi
Zum Einlesen/Einhören:
Sammelband „Für eine neue Agenda der Kulturpolitik“ (2022)
Sammelband „Kann Kultur Politik? – Kann Politik Kultur?“ (2020)