Vorarlberger Landtagswahl 2024: Kultur in den Wahlprogrammen

Wie schaut es um Themenschwerpunkte, Visionen und auch Versäumnisse im Ressort Kunst und Kultur in den Wahlprogrammen der kandidierenden Parteien zur Vorarlberger Landtagswahl am 13. Oktober 2024 aus? Wir haben uns eingelesen, mit kulturpolitischen und kulturstrategischen Schritten der vergangenen Jahre verglichen und im Sinne einer fairen, rechtlich und sozial abgesicherten Kulturarbeit analysiert. In etlichen Punkten bspw. beim Thema Fair Pay, Raumangebot und kultureller Teilhabe für alle Bevölkerungsschichten und Einkommensgrößen sind sich die Parteien einig. Interessant ist, dass vor allem die Kleinparteien Wesen und Bedeutung von Kunst und Kultur knackig auf den Punkt bringen, während Landtagsparteien viel Worte um wenig Umgesetztes und Umsetzbares machen. 

Disclaimer:
Die folgenden programmatischen Ausrichtungen zu Kultur haben wir aus den Wahlprogrammen der kandidierenden Parteien zur Vorarlberger Landtagswahl am 13. Oktober 2024 heraus kopiert oder persönlich erfragt und unverändert in den Artikel eingefügt. Die Reihenfolge der Parteien entspricht den Listenplätzen zur Wahl. Wir haben keine zusätzlichen Interviews oder Gespräche geführt. Jedem Partei-Kulturprogramm ist eine Analyse im kulturpolitischen Kontext von IG Kultur Vorarlberg-Geschäftsführerin Mirjam Steinbock angefügt. 
Eine Analyse zu Kultur in den Wahlprogrammen auf Bundesebene zur Nationalratswahl am 29. September 2024 erfolgte über die IG Kultur Österreich und kann hier nachgelesen werden.
 

Volkspartei Vorarlberg | Markus Wallner
 

Aus Vorarlberg geht vor:

Kultur leben und erleben im ganzen Land

Alle Menschen sollen am kulturellen Leben teilhaben können.
Vorarlberg ist voll kreativer Köpfe. Es ist die enorme Vielfalt, die unsere Kulturlandschaft so besonders macht: von der Breite bis zur Spitze, von traditioneller Darbietung oder Brauchtumspflege bis hin zu modernen Genres. Vieles davon findet in Vereinen statt, leidenschaftlich getragen von unzähligen Freiwilligen. Wir wollen dieses lebendige kulturelle Schaffen, das breite künstlerische Angebot weiterhin fördern und das Ehrenamt stärken. Damit Kunst und Kultur im ganzen Land gelebt und vor allem erlebt werden kann. Zielgerichtete Förderungen wie zum Beispiel ermäßigte Preise für Seniorinnen und Senioren oder Schülerinnen und Schülern sowie Studierende oder die Unterstützung ehrenamtlich tätiger Kulturvereine stellen sicher, dass möglichst viele Menschen am künstlerischen Leben teilhaben können.

Das Land Vorarlberg ermöglicht künstlerisches Schaffen.
Neben der traditionellen Kulturförderung unterstützt das Land Vorarlberg viele Initiativen, um Vorarlbergs Kulturschaffenden einen kreativen Vorsprung zu verschaffen.
Kultur to GO. Das Land Vorarlberg vergibt jährlich zehn Auslandsstipendien, die Kunst und Kulturschaffenden einen internationalen Austausch ermöglichen. Das Interesse ist groß, die Plätze in den Sparten Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Musik sowie Literatur sind heiß begehrt.
Vorarlberg bekennt sich zur Fair-Pay-Strategie, die eine Verbesserung der Arbeitssituation im Kunst- und Kulturbereich sowie eine fairere Bezahlung von Kunst- und Kulturschaffenden zum Ziel hat. Mit der Förderung von Jahresprogrammen haben Vereine und Kulturschaffende mehr Planungssicherheit.

Jedes Kind hat die Chance seine Begeisterung für Kunst und Kultur zu entdecken.
Kinder sind von Natur aus neugierig. Wir wollen sie so früh, einfach und unkompliziert wie möglich für das Kunst- und Kulturleben begeistern.
Freie Fahrt zur Kultur. Mit diesem kostenlosen Kulturticket erhalten Schulklassen zwei Freifahrten pro Jahr, um im ganzen Land Kunst und Kultur hautnah zu erleben.
Reiseziel Museum: Insgesamt 51 Museen in Vorarlberg, Liechtenstein und im Kanton St. Gallen bieten an drei Tagen im Jahr ein spezielles Programm für Familien. Einen Euro bzw. einen Franken kostet die museale Erkundungstour, freie Fahrt inklusive.
Double-Check fördert die Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Kulturinstitutionen. Damit bekommen Kunst und Kultur einen festen Platz in unserem Bildungssystem. 

Analyse:

Vorsprung bei Kultur verspielt

Die seit ihrer Gründung stimmenstärkste Partei Vorarlbergs legt zur Landtagswahl ein Wahlprogramm vor, in dem das Ländle offensichtlich zu einer Insel der Glückseligen erklärt werden soll. Spitzenkandidat und Landeshauptmann Markus Wallner behauptet in seinem Eingangs-Statement: "Wir gehen unseren eigenständigen Vorarlberger Weg konsequent weiter." Dass der VP eine "Kultur der Leistungsbereitschaft" vorschwebt, verdeutlichte u.a. deren Entscheidung während der Pandemie, anders mit Veranstaltungsbeschränkungen umzugehen als der Rest von Österreich. Und auch der seit Juni 2024 bestehende "Vorarlbergkodex", der eine laut VP formulierte "Integrationsleistung" von Asylwerber:innen verlangt, beschreibt, dass das noch deutlich schwarz gefärbte Vorarlberg sich von den Gangarten anderer österreichischer Polit-Zugpferde unterscheiden soll. So wundert Markus Wallners Aussage, "Vorarlberg zur chancenreichsten Region in Europa" machen zu wollen, kaum.

Wie chancenreich sich dies für heimische Künstler:innen und Kulturakteur:innen gestalten soll, ist im Rückblick auf die Legislaturperiode jedoch mehr als unklar. Weder ist Chancenreichtum in der Kulturförderpraxis gelebt oder im Kulturbudget abgebildet, noch ist es im dem vorliegenden Wahlprogramm ersichtlich. Die "Förderung von Jahresprogrammen" führt Vereine nicht automatisch in "mehr Planungssicherheit" - von Planungssicherheit kann ohnehin nicht die Rede sein, und die "fairere Bezahlung" würde implizieren, dass es bereits eine faire Bezahlung von Kunst- und Kulturarbeit gibt. Mitnichten!
Dabei liegen To Dos der Landesregierung aus der von ihr selbst beauftragten Einkommensstudie zu den Lebens- und Einkommensverhältnissen heimischer Kunst- und Kulturakteur:innen seit Ende Mai 2023 mit erschütternden Ergebnissen vor: Jede*r zweite Künstler*in in Vorarlberg ist armutsgefährdet, was sofortige Maßnahmen und mittel- wie langfristige Strategien erfordert hätte. Die Handlungsempfehlungen der Studienautor:innen, basierend auf Vorschlägen aus der Szene, wären nicht nur ein Füllhorn an Ideen, sie lieferten zudem Inhalte für ein Wahlprogramm - was sich in diesem jedoch an keiner Stelle wiederfindet. 

Stattdessen schreibt die VP das in ihrer Verantwortung liegende Kulturressort selbst herunter, indem sie oberflächlich formuliert, lediglich bereits bestehende Formate beschreibt und Kultur damit so nachlässig behandelt wie sie deren Budget ungeachtet der Teuerungen und Inflation konsequent ärmlich ausstattete. 

Und dennoch scheint die Erwartung an die vielen Kulturvereine angesichts der wiederholten Betonung des Ehrenamts hoch. Der freiwillige Einsatz der Akteur:innen bezeichnet die VP als "leidenschaftlich", was zynisch klingt bedenkt man die Ignoranz gegenüber des faktisch erhobenen Prekariats heimischer Künstler:innen. So wichtig freiwilliges Engagement in Vereinen jeglicher Sparten ist, so unabdingbar ist professionelles künstlerisches Schaffen und Kulturarbeit mit angemessenen Honoraren und Gehältern.


 

Die Grünen Vorarlberg | Eva Hammerer und Daniel Zadra
 

Aus Vorwärts mit Grün, Kapitel 19:

Wir Grüne sorgen für eine lebendige und vielfältige Kunst- und Kulturlandschaft, an der alle hier lebenden Menschen teilhaben können, unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten und ihrem Alter. Wir stehen für eine neue und innovative Kulturpolitik, die wir öffnen, transparent gestalten und verlässlich finanzieren.

Wir sorgen für faire Bezahlung
Wir Grüne sorgen für Förderstrukturen und Zugänge zu Ateliers und Kunsträumen, die den Bedürfnissen der Kulturschaffenden entsprechen. Diese garantieren ein Leben und Arbeiten mit fairer Bezahlung. Verlässliche, mehrjährige Förderzahlungen sorgen für Sicherheit und Planbarkeit. Wir schauen darauf, dass die Handlungsempfehlungen aus der Prekariatsstudie des Landes Vorarlberg aus dem Jahr 2023 unter Einbeziehung der Betroffenen umgesetzt werden.

Wir geben jungen Künstler:innen Chancen und sorgen für kulturellen Austausch 
Wir Grüne fördern den künstlerischen und kulturellen Nachwuchs über Stipendien und Austauschprogramme. Damit sorgen wir für einen lebendigen Austausch mit Künstler:innen unterschiedlicher sozialer, kultureller und nationaler Hintergründe.

Wir sichern allen kulturellen Zugang
Wir Grüne setzen uns für die Ausweitung des freien Eintritts für Menschen in finanziell schwieriger Lage auf alle geförderten Einrichtungen aus. Wir unterstützen die Kommunen dabei, Kulturräume zu schaffen, die für alle zugänglich sind. Damit sorgen wir dafür, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihren finanziellen Möglichkeiten, am kulturellen Leben teilhaben können.

Wir sorgen für transparente Entscheidungen
Wir Grüne setzen uns für eine transparente und offene Kulturpolitik ein. Wir sorgen dafür, dass Förderungen klar nachvollziehbar vergeben werden und Entscheidungsgremien unabhängig, mit klar definierten Aufgaben und Befugnissen agieren.

Analyse:

Kunst- und Kulturakteur:innen Raum geben

Die Grünen erreichten in Vorarlberg bei der letzten Landtagswahl ihr bisher bestes Ergebnis und bildeten mit der VP in den vergangenen vier Jahren die Landesregierung. Im Vergleich zum Noch-Regierungspartner fällt auf, dass im Wahlprogramm jungen Menschen mehr Mitbestimmungsrecht eingeräumt wird, Klimaschutz einen relevanten Fokus hat und das Thema "Demokratie beleben und verteidigen" ein eigenes Kapitel erhielt.

Interessant ist die Aussage im Kulturprogramm, dass die Grünen "innovative Kulturpolitik verlässlich finanzieren" wollen, was sich begrifflich insofern von Förderung und Unterstützung unterscheidet, als es Kunst- und Kulturakteur:innen sowie Kultureinrichtungen auf Augenhöhe bringen kann.

Genannt wird auch das für die Kunst- und Kulturszene und deren Entwicklungen elementare Thema Raum, das sich seit einiger Zeit zuspitzt und Entfaltung wie auch kontinuierliche Treffen und Vereinsarbeit hemmt. 
Tatsächlich scheinen die Grünen sich auch mit den Handlungsempfehlungen der "Prekariatsstudie" beschäftigt zu haben, wenngleich auch sie als Regierungspartnerin nicht wesentlich zu faktischen Umsetzungen im vergangenen Regierungsjahr seit Studienveröffentlichung beitragen konnten. Etwas wagemutig scheint da auch die Formulierung, über Ateliers und Kunsträume ein Leben und Arbeiten mit fairer Bezahlung garantieren zu können. Ganz so einfach ist das Thema Fair Pay nicht zu lösen, hierzu bräuchte es neben einer maßgeblichen Budgeterhöhung, die offensichtlich das von Landeshauptmann Markus Wallner (VP) verantwortete Finanzressort ausbremst, weitaus mehr Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Gebietskörperschaften Bund, Städte und Gemeinden. Das Thema Zusammenarbeit und Zusammen-Umsetzung mit allen Kultur-Stakeholdern ist ohnehin unterrepräsentiert in nicht nur diesem Wahlprogramm, sollte aber dringend Einzug finden.

Offene Zugänge zu Kunst und Kultur zu schaffen für alle Menschen, auch für einkommensschwache und finanziell belastete, ist ein wesentlicher Faktor für ein gelingendes, selbstbestimmtes und die Vielfalt achtendes Leben. Dieser Punkt ist ein relevanter und sollte unbedingt mit den Akteur:innen der Szene und den Einrichtungen gemeinsam fokussiert und bearbeitet werden.



FPÖ Vorarlberg | Christof Bitschi

Aus Vorarlberg wieder auf Kurs bringen, Seite 109 ff:

Vorarlberg kann mit Stolz als kulturelle Aufsteigerregion bezeichnet werden. Neben den Spitzenangeboten wie Kunsthaus, Vorarlberg Museum, Landestheater, Landesorchester und Bregenzer Festspiele mit überregionaler Strahlkraft ist die Breitenkultur für die kulturelle Identität unseres Landes von großer Bedeutung. Wir wollen diese kulturelle Vielfalt erhalten, unsere Kultur-, Brauchtums- und Heimatpflegevereine stärker fördern und gleichzeitig auch unsere Hochkultur wertschätzen.

Kulturelles Erbe weitergeben. Dabei ist für uns wichtig, die kulturelle Teilhabe allen Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, das ehrenamtliche Engagement zu stärken und die Weitergabe unseres kulturellen Erbes an die Jugend und die kommenden Generationen konsequent zu fördern.

Vereine und Verbände zur Brauchtums- und Heimatpflege stärker fördern. Vereine und Verbände, die sich der Brauchtums- und Heimatpflege widmen, sind das Herzstück unserer kulturellen Identität und Tradition in Vorarlberg. Diese bewahren unser kulturelles Erbe und stärken den sozialen Zusammenhalt. Daher setzen wir uns für eine gezielte und verstärkte Förderung dieser Vereine ein. Durch finanzielle Unterstützung und erleichterte Nutzung öffentlicher Räume wollen wir ihre wertvolle Arbeit honorieren und sichern.

Kulturelle Teilhabe allen Bevölkerungsschichten ermöglichen.
Kulturelle Teilhabe soll für alle Bevölkerungsschichten in Vorarlberg möglich sein. Wir setzen uns dafür ein, Barrieren abzubauen und Kulturangebote für alle Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, unabhängig von Einkommen und Alter, zugänglich zu machen. Durch gezielte Förderungen, vergünstigte Eintrittspreise und kostenlose Veranstaltungen wollen wir den Zugang zur Kultur erleichtern. Zudem wollen wir Initiativen, die kulturelle Bildung und Teilhabe in Schulen, Vereinen und Gemeinden fördern, unterstützen.

Landesgalerie für Bildende Kunst errichten
Um Vorarlbergs kulturelles Erbe zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, setzen wir uns für die Einrichtung einer Landesgalerie für bildende Kunst ein. Die Galerie soll Kunstwerke von regionalen und internationalen Künstlern präsentieren und die kulturelle Bildung fördern.

Standortkonzept für Industriemuseum abschliessen
Wir wollen das Standortkonzept für ein Industriemuseum abschließen. Ein solches Museum soll die industrielle Geschichte Vorarlbergs würdigen und einen Einblick in die technische Entwicklung und wirtschaftlichen Leistungen unserer Region geben.

Klein- und Themenmuseen in der Vermarktung unterstützen.
Klein- und Themenmuseen sind wichtige kulturelle Schätze Vorarlbergs, die das reiche Erbe und die Vielfalt unseres Landes bewahren und präsentieren. Wir setzen uns dafür ein, diese Museen in ihrer Vermarktung stärker zu unterstützen. Durch gezielte Förderprogramme, Kooperationen mit Tourismusverbänden und moderne Marketingstrategien wollen wir ihre Sichtbarkeit erhöhen und mehr Besucher anziehen. So stärken wir nicht nur die Museen selbst, sondern bereichern auch das kulturelle Angebot und fördern den Kulturtourismus in Vorarlberg.

Kulturelle Bildung als Chance für unsere Jugend wahrnehmen.
Kulturelle Bildung ist ein Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Förderung von Kreativität bei jungen Menschen. Wir setzen uns dafür ein, dass kulturelle Bildung fest in den Lehrplänen der Schulen verankert und außerschulische Kulturangebote für Jugendliche ausgebaut werden. Durch Kooperationen mit lokalen Künstlern, Theatern, und Museen wollen wir den Zugang zu kulturellen Erfahrungen erleichtern und die Begeisterung für Kunst und Kultur wecken.

Vorarlbergs Hochkultur als Chance für den Kulturtourismus wertschätzen.
Vorarlbergs reiche Hochkultur ist ein wertvoller Schatz, der weit über die Landesgrenzen hinausstrahlt und eine große Bedeutung für den Kulturtourismus darstellt. Wir wollen unsere erstklassigen kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen wie die Bregenzer Festspiele und das Kunsthaus Bregenz weiter fördern. Eine gezielte Weiterentwicklung des Kulturtourismus stärkt auch unsere heimische Wirtschaft.

Musikschulen stärken.
Unsere Musikschulen erfüllen einen wichtigen kulturellen Bildungsauftrag. Zudem leisten die heimischen Musikschulen eine großartige Basisarbeit für unsere Musikvereine auf sehr hohem Niveau. Wir setzen uns daher für eine kontinuierliche Optimierung der finanziellen Unterstützung des Landes für das Vorarlberger Musikschulwerk sowie für leistbare Tarife für die Musikschüler ein.

Förderungen im Kulturbereich stärker objektivieren.
Unser Ziel ist es, dass Förderungen auf Basis von Qualität, Relevanz und Nachhaltigkeit der Projekte transparent und nachvollziehbar vergeben werden. Damit wollen wir sicherstellen, dass alle Kulturschaffenden, unabhängig von persönlichen Netzwerken oder politischen Präferenzen, eine faire Chance auf Unterstützung haben.

Unsere Analyse:

Die großen Widersprüche innerhalb der FPÖ

Zwar moderater in der Ausdrucksweise als die diskriminierende und hetzende Rhetorik der Bundespartei fokussiert die FPÖ Vorarlberg jedoch auch auf Schuldzuweisungen: die schwarz-grüne Regierung ist Sündenbock und verantwortlich für jegliche Problematik. Ob beim Sozialsystem, Sicherheit oder Wirtschaft, schuld ist die  "verantwortungslose Asyl- und Zuwanderungspolitik".
Der Slogan "Vorarlberg zuerst" erinnert an die Allmachtsfantasien eines ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten und gleich einfallslos wird die Lösung aus dem Dilemma des ungerecht-Behandelwerdens dargestellt: Asylberechtigte schränken das Leben von Vorarlberger:innen (die gegenderte Sprache kommt von uns, die FPÖ möchte auch dem ein Ende setzen) massiv ein und belasten das Sozialsystem. 

Heimisch soll es auch bei der Kultur bleiben, jene Vereine, die Brauchtums- und Heimatpflege betreiben, sollen stärker gefördert werden und auch nur ihnen wird zugetraut, den sozialen Zusammenhalt zu bewahren. 
Etwas widersprüchlich mutet die Erwähnung der "kulturellen Vielfalt" im Zusammenhang mit der FPÖ an, obwohl sie - wenig verwunderlich - hier Einschränkung erfährt, da sie jene Breitenkultur anspricht, die "für die kulturelle Identität unseres Landes von großer Bedeutung" sei.

Ein Bingo-Thema ist auch hier die kulturelle Teilhabe für alle Bevölkerungsschichten, wobei die FPÖ Vorarlberg jedoch einschränkt auf Vorarlberger:innen. Und es scheinen auch wiederum nur jene Vereine unterstützt werden zu wollen, die mit dieser einschränkenden Ausrichtung programmieren und arbeiten. 

Aber auch wenn die Landes-FPÖ subtiler in der Formulierung vorgeht als die Bundespartei, ist auch ein rhetorischer Wolf im heimischen Schafspelz nicht förderlich für die Freiheit der Kunst und schon gar nicht für die Vielfalt in der Kultur, die wiederum die Grundlage eines friedlichen, sicheren und gesunden Zusammenlebens ist.

Grundsätzlich sei aber die Frage erlaubt, ob die rechte Hand der Vorarlberger FPÖ weiß, was deren linke tut. Mit dem Ausblick auf eine Landesgalerie für Bildende Kunst oder gar ein Industriemuseum wären unweigerlich auch die Leistungen fremder, ausländischer, migrantischer, divers-herkünftiger Akteur:innen und Arbeitskräfte involviert und gehuldigt. Ohne deren schwere Arbeit und Zutun hätte Vorarlberg niemals den kulturellen und wirtschaftlichen Status erreicht und würde es auch weiterhin nicht schaffen. Dann wäre übrigens auch mit der Spitzenkultur Schluss.

Kulturelle Bildung an Schulen scheint auch mit "kulturellen Erfahrungen" limitiert zu sein, überhaupt überwiegt hier ein vollkommen einschränkender Kulturbegriff; die Kunst - immer im grenzüberschreitenden und Grenzen involvierenden Kontext, selbstbestimmt, reflektierend, eben frei! - wird nahezu ausgespart. 

Sehr irritierend wird es beim letzten Punkt, wenn Förderungen im Kulturbereich stärker objektiviert werden sollen, was die überparteilich arbeitenden Gremien mit Kunstkommissionen und Kulturbeirat, bestellt mit Expert:innen, ja bereits tun. Dass Förderungen aufgrund "politischer Präferenzen" vergeben werden, ist doch sehr an den Haaren herbeigezogen. 


 

SPÖ Vorarlberg | Spitzenkandidat Mario Leiter

Aus Vorarlberg kann´s besser:

Die Teilhabe an Kultur ist ein Menschenrecht

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird der Mensch als soziales, kulturelles Wesen beschrieben. Demgemäß wird das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben als Menschenrecht anerkannt. Kunst und Kultur fördern die Freiheit und helfen uns, die Welt zu verstehen. Eine offene und vielfältige Kulturpolitik ist wichtig, um gesellschaftlichen Fortschritt und Emanzipation zu unterstützen. Wir setzen uns dafür ein, dass Kultur nicht nur auf die „Hochkultur“ beschränkt bleibt, sondern allen zugänglich ist.

Denn wir sind überzeugt: Kulturelle Bildung ist ein Grundrecht und ein zentraler Bestandteil sozialer Gerechtigkeit. Jeder Mensch soll am kulturellen Leben teilhaben können, unabhängig von Herkunft oder sozialer Stellung. Deshalb wollen wir, dass kulturelle Angebote, die für alle kostenfrei zugänglich sind, stark ausgebaut und fest verankert werden.

Gleichzeitig fördern wir künstlerisches Schaffen und den kritischen Umgang mit Kultur. Öffentliche Kulturfinanzierung ist für uns essenziell, um verlässliche Rahmenbedingungen für eine vielfältige und innovative Kunst zu schaffen. Wir achten besonders auf Geschlechtergerechtigkeit und die Förderung von Frauen, die in der Kunst oft benachteiligt sind. Zeitgenössische und experimentelle Kunst sowie junge Künstler:innen sollen gezielt unterstützt werden.

Soziale Absicherung für Kunst- und Kulturschaffende ist uns ein Anliegen. Viele arbeiten unter prekären Bedingungen und fallen oft aus den sozialen Sicherungssystemen heraus. Wir setzen uns dafür ein, dass ihre Arbeit fair bezahlt wird und die sozialen Rahmenbedingungen verbessert werden.

Das wollen wir konkret:
1. Anhebung des Kunst- und Kulturbudgets anteilig am BIP
Wenn das Budget „in Zahlen gegossene Politik“ ist, dann ist das ein denkbar schlechtes Zeugnis für die Kulturpolitik im Land. Denn seit Jahren wurde es nicht wesentlich nach oben angepasst, real kam es sogar zu Einsparungen. Wir wollen einen deutlichen Paradigmenwechsel, indem für die Kultur ein Betrag anteilig am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausgegeben wird. In einem ersten Schritt soll das Kulturbudget mindestens 0,5 Prozent des BIP betragen.

2. Kultur für alle zugänglich machen
Die erfolgreiche Initiative „Hunger auf Kunst und Kultur“ zeigt, wie groß das Bedürfnis nach Teilhabe an kulturellen Angeboten ist. Wir sorgen dafür, dass solche leistbaren bzw. kostenlose Kulturangebote in Vorarlberg weiter ausgebaut werden. Dafür setzen wir auf Kooperationen zwischen Kultureinrichtungen und dem Land. Unser Ziel ist es, dass Kultur allen in Vorarlberg niederschwellig zugänglich gemacht wird.

3. Kultur Raum geben
Die kulturelle Infrastruktur ist der Schlüssel zu einem lebendigen Vorarlberg. Wir wollen Kunst und Kultur in jeder Gemeinde verankern. Daher setzen wir uns dafür ein, dass Räume für Kreativität dauerhaft gesichert und ausgebaut werden. Vorarlberg braucht moderne Kulturorte, neue Bühnen und ausreichend Proberäume. So schaffen wir ein vielfältiges Angebot für alle Menschen in unserer Region. Kulturelle Teilhabe darf keine Frage des Wohnorts sein. Wir kämpfen dafür, dass Kunst und Kultur in Vorarlberg für jeden erreichbar und erlebbar sind.

4. Zwei Semester kostenfreier Instrumentalunterricht für alle Kinder bis 14 Jahre
Jedes Kind sollte die Chance haben, seine kreativen Fähigkeiten zu entdecken und zu entfalten, unabhängig vom sozialen oder finanziellen Hintergrund. Musikalische Bildung fördert nicht nur kognitive und soziale Kompetenzen, sondern stärkt auch das Gemeinschaftsgefühl und die kulturelle Identität. Mit zwei kostenfreien Semestern für das Erlernen eines Instruments wollen wir die Chancengleichheit stärken und allen Kindern die Möglichkeit geben, die Freude an Musik zu erleben.

5. „Masterplan Kultur“ für Vorarlberg erarbeiten
Kultur ist kein Luxus, sondern ein Grundrecht, das Bildung, Zusammenhalt und Identität stärkt. Wir möchten deshalb den Raum dafür schaffen, dass Kulturschaffende, Kulturinstitutionen und Bildungseinrichtungen gemeinsam an einem „Masterplan“ arbeiten, der Kultur ganzheitlich im Blick hat und die Grundpfeiler der Kulturstrategie für die nächsten 10 Jahre aufstellt. Eine solche Strategie fördert nicht nur den Zugang zu Kultur, sondern stärkt auch die sozialen Strukturen und das Gemeinschaftsgefühl in unserem Land.

Unsere Analyse:

Hunger auf mehr Budget

Ein für alle Wähler:innen allgemein hilfreiches Eingangsstatement zur Relevanz von Kunst und Kultur setzt die SPÖ Vorarlberg. Sie fasst das kulturelle Leben, kulturelle Bildung und auch die Aufgaben der Kulturpolitik weiter und sieht die Kultur damit als wesentliche Mitspielerin für gesellschaftliches Leben und Fortschritt. Das bietet Möglichkeiten der Mitgestaltung und schafft auch für Kunst- und Kulturakteur:innen wertschätzende Grundvoraussetzungen. 

Dass Kultur hier definiert und in kulturpolitische Agenden eingeordnet wird, schafft Klarheit, nicht selten wird der Begriff missbraucht, um parteiideologische Wege zu betonieren. 
Auch die Relevanz von öffentlicher Kulturfinanzierung - vor allem in Abwesenheit privater Sponsor:innen - streicht die SPÖ Vorarlberg heraus und erkennt, dass v.a. Frauen in Kunst- und Kulturberufen prekär arbeiten und unzureichend sozialversichert sind.

Zu weiteren konkreten Maßnahmen zählt die Idee, das Kunst- und Kulturbudget durch eine erhöhte Beteiligung am BIP in Vorarlberg anzuheben. Mit 0,5% des BIP entspräche das ungefähr einer Verdoppelung des aktuellen Betrages. Was sich zuerst großartig anhört, ist jedoch immer eine Frage der Zuteilungen der Sparten sowie der Einrichtungen, die landeseigen, landesnah (unter Beteiligung des Landes in Steuerungsgremien von Vereinen bspw.) oder eben unabhängig sein können. Inwiefern die freie Szene angesichts des sich durch Teuerungen und Inflation vergrößernden Fair Pay-Gaps davon "profitieren" würde, sei dahingestellt. Gradmesser bei einer solchen Erhöhung könnten weiterhin die an der Wertschöpfungskette maßgeblich beteiligten Kultureinrichtungen, sprich die großen Kultur-Tanker, sein. Um das zu verhindern, müssten Förderstrukturen grundsätzlich hinterfragt und in entsprechend mit Interessensvertretungen und Akteur:innen besetzten Gremien evaluiert werden, wie es auch in den Handlungsempfehlungen der "Prekariatsstudie" genannt ist.  

Für das Thema Zugänglichkeit zu Kunst und Kultur für alle nennt die SPÖ die Initiative "Hunger auf Kunst und Kultur", die Menschen in finanziellen Schwierigkeiten und/oder mit niedrigen Einkommen die Teilhabe an Kulturveranstaltungen ermöglichen will. Was meist nicht genannt wird: Kultureinrichtungen kommen selbst für den Gratiseintritt auf. Von der Initiative angedacht ist, dass sie dies über Spenden von Besucher:innen oder Sponsor:innen einholen. Dass diese Verantwortung der Finanzierung zur kulturellen Teilhabe und sozialen Gerechtigkeit vielmehr in die öffentlich geförderte Hand gehört, sollte dringend diskutiert werden.

Auch bei der SPÖ wird das Thema Raum aufgegriffen, hier noch dezidiert genannt werden Proberäume, die gerade im darstellenden Bereich so notwendig und wie rar sind.

Interessant ist, dass der Begriff der kulturellen Identität auch hier fällt - allerdings ohne Definition und gerade zur Unterscheidung des v.a. von der FPÖ genannten Schlagwortes wäre das wichtig. 

Und ob es einen "Masterplan Kultur" für Vorarlberg braucht nach einem umfangreichen und erst 2023 veröffentlichten Update zur Kulturstrategie, das etliche Kulturakteur:innen wie Einrichtungen wieder einmal unentgeltlich mitarbeitend in die Pflicht nahm, sei auch dahingestellt. Grundpfeiler gibt es derzeit genügend, Strategien auch, die Kunst ist allerdings, diese mit Leben und für die Szene vertretbaren Inhalten zu füllen.


 

NEOS Vorarlberg | Claudia Gamon

Das Wahlprogramm Unser Reformplan für die Zukunft der NEOS Vorarlberg beinhaltet nichts zur Sparte Kultur.

 


 

WIR | Christoph Alton

Das Wahlprogramm von WIR beinhaltet nichts zur Sparte Kultur.

 


 

XI - HaK - GILT | Chris Alge 

Aus einem Email von Chris Alge auf unsere Anfrage zum Wahlprogramm des Wahlbündnisses der drei Kleinparteien Xi, Heimat aller Kulturen (HaK) und Gilt.

Kulturfokus – (Auszug)
In Anbetracht dessen, dass KULTUR ein großes Wort ist, legt das Bündnis den Fokus auf die Kleinkunst. Sprich der Unterstützung und Förderung jeglicher Art dessen, was als Kunst betrachtet wird. Vorwiegend der musikalischen Kunst. Und das weitab des Kommerz, welcher in keiner Weise mehr einer Kultur entspricht, sondern einzig der Gewinnoptimierung dient.
Kultur im Allgemeinen ist jedoch nicht auf Gewinn ausgelegt, sondern dient viel mehr einer Vielfalt an Dingen, welche eine Stadt, ein Land oder ein Dorf zu bieten hat. Insbesondere gehen wir hier tiefer in das Thema Künstler und Veranstaltungen für Kleinkunst. Musik. Theater und künstlerische Aufführungen jeglicher Art. Hierfür möchte das Bündnis finanzielle Mittel auf den Weg bringen, um diese Art der Unterhaltung zu fördern. Allein in diesem Land gibt es Unmengen an Künstlern und Musikgruppen, welche keine Chance haben. Warum? Weil schlichtweg keine Bühnen hier vorhanden sind. Und obwohl sich in letzter Zeit einige neue Standorte hervorgehoben haben, ist es angesichts der Vielfalt immer noch viel zu wenig. Es wäre hier viel mehr möglich und umsetzbar.

Warum aber ist es schwierig?
Große Hürden bieten hierbei die Verteilung an Förderungen, sprich Unterstützungsgeldern für Lokalitäten, Veranstalter und überhaupt die Kunstschaffenden selbst. Alles Geld das hier im Land im Topf liegt geht fast zur Gänze an die Großen, sprich die Festspiele, zu denen sowieso fast nur internationale Gäste kommen, die großen Theater des Landes und auch an diverse Großevents landauf, landab. Jedoch sind all diese sogenannten Events, bis auf das Theater, nur einmal im Jahr. Die Kleinkunst jedoch ist aber das ganze Jahr da. Viele Künstler zeichnen sich aus dafür, dass sie das ganze Jahr über der Gesellschaft Gutes tun, und so das soziale Miteinander im Land Größenteils mit fördern. Und doch „verhungern“ viele, weil dieses wichtige Resort nicht die Unterstützungen bekommt, welche es verdienen würde. Und wir sprechen hier von einem immens wichtigen Teil für die gesamte Gesellschaft.

Wir gehen noch etwas weiter.
Straßenkunst. Sie gehört in Städten wie Barcelona, Dublin, London, Köln, Amsterdam und vielen mehr mit zum Stadtbild. Millionen Besucher dieser Städte bereisen diese Städte auch aufgrund dieser großen Vielfalt an Straßenkünstlern, Barmusikern und dergleichen. Sie gehören zur Touristik wie der Besuch in der Kathedrale oder der Einkaufsstraße. 

Was ist geschehen?
In Vorarlberg ist diese Straßenkunst gar fast überall verpönt. Jedoch nicht seitens der Menschen auf der Straße, sondern von Regulierungen aufgrund des Stadtbilds und dergleichen. Hier sind viele Entscheidungsträger in den Gemeinden am Werk, die wirklich keine Ahnung von der Materie haben. Obwohl Vorarlberger Städte wie zB. Hohenems oder auch Bludenz hier positive, neue Wege gehen, ist das alte Lied, dass es für die Kleinkunst immer noch viel zu wenig Möglichkeiten gibt.

Hierfür wollen wir uns einsetzen. Die Schaffung einer kulturellen Vielfalt. Eines kulturellen Miteinanders. Dies zu fördern und Regulierungen abzuschaffen. Die Verteilung der Landesgelder in diesem Resort neu zu strukturieren, und zwar so, dass jeder der Kunstschaffenden und Förderern der Kleinkunst ein Stück vom Kuchen abbekommt, um weiterhin der Gesellschaft, zu der wir alle gehören, mit ihrer einzigartigen Kunst zu begeistern. Nur dann reden wir von KULTUR für alle.

 

Unsere Analyse:

Verteilungskampf ist keine Lösung

Mit dem Wahlbündnis der drei Kleinparteien „Xi“, „Heimat aller Kulturen“ (HaK) und „Gilt“ steht bei dieser Landtagswahl erstmals ein Wahlbündnis auf dem Stimmzettel. Chris Alge (Xi), Murat Durdu (HaK), Thomas Doppelhofer (G!LT), Bettina Beer-Mangard (Xi), Rudolf Längle (Xi) und Silvia Hartmann (Xi) haben sich zusammengetan, um nachhaltige und zukunftsorientierte Lösungen für Vorarlberg zu erarbeiten. Ziel ist, in den Landtag einzuziehen und die Mitte der Gesellschaft zu vertreten. Das Wahlbündnis setzt auf Themen wie Umwelt, Sicherheit und mehr direkte Demokratie.

Auch wenn sich kein Wahlprogramm dieses Bündnisses auf den Websites der drei Parteien fanden, erhielten wir Informationen von Chris Alge mit Angaben zum kulturpolitischen Fokus-Thema von Xi - HaK - GILT.

Das Parteibündnis widmet sich dem Thema Förderung von Kleinkunst und das ist tatsächlich eine unterrepräsentierte und von Förderungen weitestgehend ausgeschlossene Sparte. Oft im Spannungsfeld von Qualitätsanspruch im Förderwesen des Landes, professionellem Kunstschaffen und sonstigen Förderungskriterien angesiedelt, fristet die Kleinkunst ein auf sich selbst gestelltes Dasein. Einige Gruppen und Akteur:innen des darstellenden Bereichs dürften im Landesverband für Amateurtheater Vorarlberg Mitglied, jedoch überwiegend von Subventionen der öffentlichen Hand ausgeschlossen sein. Räume für Proben und Auftritte sind hier wie auch in der professionell tätigen Szene nötig.

Das Wahlbündnis ortet im Bereich Vielfalt ein Manko an Unterstützung und bemerkt das Förder-Ungleichgewicht zwischen den "Großen" und den übrigen Kultureinrichtungen und Akteur:innen, wie auch im Kulturstrategie-Update des Landes Vorarlberg nachzulesen ist. Dort heißt es, dass ungefähr die Hälfte der verfügbaren Fördermittel an "Spitzenleistungen" gehen, siehe Kapitel Balanceakte, Seite 25.

Das Wahlbündnis fordert die Berücksichtigung vielfältiger künstlerischer Formen, beschreibt jedoch selbst, dass das "die Unterstützung und Förderung jeglicher Art dessen, was als Kunst betrachtet wird", umfasst. Und genau da beißt sich die Katze sprichwörtlich in den Schwanz, denn Projekte und Jahresprogramme werden - aktuell die Kleinkunst ausschließend - von einer mit Expert:innen bestellten Kunstkommission des Landes Vorarlberg auf ihre künstlerische Qualität bewertet und schließlich zur Förderung der zuständigen politischen Instanz, aktuell Kulturlandesrätin und Landesstatthalterin Dr.in Barbara Schöbi-Fink (VP), empfohlen.

Die vom Wahlbündnis geforderte Schaffung kultureller Vielfalt ist ein im Sinne von Kunst und Kultur erstrebenswertes Ziel und auch die Abschaffung von Regulierungen klingt, ohne weitere Details zur Umsetzung zu kennen, insofern gut, als Regulierungen die Freiheit von Kunst einschränken können. Eine Umstrukturierung der Verteilung mit bestehendem Budget-Kuchen führt jedoch ohne Erhöhung im Kulturbereich trotz bestehender Fair Pay-Strategie (die tatsächlich noch keine ist, weil intransparent und bis dato im Einzelfall beleuchtet und angewendet) schlicht zum Verteilungskampf innerhalb der Sparte, was fatal für den Sektor ist.

 


 

KPÖ Vorarlberg | Sascha Kulasevic
 

Aus IM WESTEN WAS NEUES, Kapitel 11:

Kultur ist ein wichtiger Lebensbereich.
Dabei hat Vorarlberg eine Schieflage. Es braucht mehr Förderungen für alternative, freie Kulturstätten, sowie Kultur-Nahversorger statt Millionen nur für Festspiele. Eine faire Bezahlung muss auch im Kulturbereich eine Selbstverständlichkeit werden. Gerade jungen Künstler:innen soll durch die Schaffung offener Werkstätten der Raum für künstlerische Tätigkeit gegeben werden. 

Die wichtigsten Ideen für das Kulturland Vorarlberg
a. Einführung eines landesweiten Aktivpasses, der Kultur, Sport, Öffis und soziale Unterstützung in einer Karte bündelt, nach dem Vorbild Linz und Graz.
b. Bessere Entlohnung und sichere Arbeitsplätze in der Kulturarbeit.
c. Kostenloser und unbürokratischer Zugang zu Mitteln für Kunstprojekte. Förderung inklusiver, kulturübergreifender Projekte.
d. Schaffen von offenen Werkstätten, Ateliers, Studios und Proberäume für Kunstschaffende in allen Bezirken.
e. Ausbau von Bibliotheken in allen Bezirken – mit Online-Medien, Begegnungs- und Veranstaltungsräumen und Lernorten.


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Unsere Analyse:

Übersichtlich und klar formuliert

Die KPÖ ist nach Wahlerfolgen in anderen Bundesländern nun auch wieder in Vorarlberg gelistet und widmet sich v.a. dem Thema leistbares Wohnen. 

Auffallend präzise formuliert ist das Thema Kultur. Kurz und prägnant heißt es, dass Kultur ein wichtiger Lebensbereich ist, in dem "alternative, freie Kulturstätten" gegenüber den großen Einrichtungen und den Festspielen berücksichtigt werden müssen.

Neu im Vergleich zu den anderen Wahlprogrammen ist der Vorschlag der Einführung des Aktivpasses in Vorarlberg. Mit einem größeren Angebot als es beim Hunger auf Kunst und Kultur-Pass der Fall ist, böte dieser Pass, wie bspw. in Linz, einkommensschwachen, volljährigen Menschen eine Vorteilskarte zu Leistungen und Angeboten, die sie anders nicht finanzieren könnten.

Weiters nennt die KPÖ eine bessere Entlohnung und sichere Arbeitsplätze in der Kulturarbeit. Was die Partei mit "Förderung inklusiver, kulturübergreifender Projekte" meint, wäre im Detail interessant. Vor einiger Zeit entstand ein Diskurs über Art Brut in Vorarlberg, der auch in der Förderpolitik weitergeführt werden sollte.

Ebenfalls neu und bereits innerhalb der Interessensvertretungen diskutiert, programmiert die KPÖ den Ausbau von Bibliotheken mit Online-Medien, Begegnungs- und Veranstaltungsräumen. Ein der Kunst und Kultur zuträglicher Raum ist immer einer der Vernetzung, Information, Recherche und des Austauschs.


 

ANDRS | Bernhard Amann

Aus Menschen eine Möglichkeit geben, Kapitel 3.1.21:

Gemeinsam für ein neues Vorarlberg

Kultur und Medien
Kultur gibt den Menschen Perspektiven. Daher hat der Landtag und die Landesregierung alles zu unternehmen, um kulturelle Aktivitäten unabhängig von politischen Vorstellungen zu fördern.

Arbeit und Einkommen:
Faire Bezahlung für Arbeit = Fair Pay als Grundsatz in Kunst, Kultur und Freien Medien.
Faire Bezahlung für Werknutzung = angemessenes Entgelt aus der Verwertung der Rechte für Urheber_innen und ausübende Künstler_innen.
Fair Pay als Grundsatz in Kunst Kultur und Freien Medien:
_Verankerung von vorhandenen Muster-, Norm- und Rahmenverträgen als Mindestvoraussetzung jedenfalls im geförderten Bereich,
_Förderpraxis, die rechtskonforme Arbeitsverhältnisse selbstverständlich ermöglicht. Finanzielle Engpässe dürfen nicht zu Lasten der Arbeitsbedingungen gehen (z. B. korrekte Beschäftigungsverhältnisse, Mehr- und
Überstundenzuschläge, Abschlagszahlungen etc.),
_Gezielte Fördermaßnahmen für Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen mit Betreuungsaufgaben,
_Ermöglichung von Kollektivverträgen in Einrichtungen des Bundes und anderer Gebietskörperschaften (z. B. Abschluss des Kollektivvertrags für die Bundesmuseen). Hierfür muss eine ausreichende Finanzierung gewährleistet sein, um Orientierung an Fair Pay ohne Nivellierung nach unten zu ermöglichen.

Soziale Rechte:
_Weiterentwicklung des Künstler_innen-Sozialversicherungsfonds (KSVF)
_Absicherung in Phasen der Erwerbslosigkeit
_Soziale Absicherung in allen Lebenslagen

Budget und Förderpolitik:
_zuverlässige Förderung von Kunst und Kultur
_grundlegende Reform des Federlesens für eine zeitgemäße Förderpolitik
_Modernisierung der Vergabepraxis = mehr Effizienz, Transparenz und Planbarkeit

Medien-, Bildung und Gesellschaftspolitik:
_Öffentlich-rechtliche und Freie Medien stärken,
_Kunst und Kultur in alle Facetten der Bildungspolitik einbeziehen, notwendige Strukturen für kulturelle Bildung ausbauen,
_strukturelle Einbeziehung der Zivilgesellschaft,
_Einhaltung internationaler Verpflichtungen,
_Kunst und Kultur als Querschnittsmaterien etablieren,
_Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) reglementieren. 

Unsere Analyse:

Gerechtes, kenntnisreiches und konkretes Kulturprogramm

Neu auf dem Stimmzettel zur Vorarlberger Landtagswahl ist auch ANDRS, eine offene Bürgerliste, die im Juli 2024  von Bernhard Amann, Heinz Allgäuer-Hackl, Anton Schäfer, Konrad Steurer (WANDEL) und Wolfgang Strempfl gegründet wurde. Die offene Bürgerliste versteht sich als politisch links-progressiv mit den Schwerpunkten auf Weltoffenheit, moderne Sozial-, Jugend-, Kultur- und realistische Drogenpolitik und sieht sich der Gemeinwohlwirtschaft und der ökologischen Landwirtschaft verpflichtet. Dabei ist insbesondere auch der Schutz der Menschenrechte und der Würde des Menschen im Sinne einer humanen, sozialen und solidarischen Politik sowie das Miteinander von ethnischen, sozialen und kulturellen Minderheiten im Zentrum der Politik der Bürgerliste. Es soll der Wohlstand der Allgemeinheit gehoben werden und alle Menschen am finanziellen und sozialen Wohlstand in Vorarlberg ausreichend teilhaben.

ANDRS kommt in seinem Kulturprogramm zur Wahl ohne Worthülsen aus und bleibt konkret und kenntnisreich bezüglich unabdingbarer politischer Bekenntnisse und Strukturen für eine gelingende Kunst-, Kultur- und Medienarbeit. 

Geradezu entspannend ist der Ansatz, nicht erst die künstlerische Qualität ins Feld zu führen, das es für diese bereits Strukturen gibt, sondern gleich in deutlichen Maßnahmen darzustellen, wo es Handlungsbedarf gibt. Vor allem bei Arbeit und Einkommen im Kunst- und Kulturbereich. Hier werden die Schwachstellen ausgelotet, die während der Pandemie viele Kunst- und Kulturakteur:innen wie auch Vereine zum Aufgeben und/oder Abwandern in andere Berufe zwang.

Die "Verankerung von vorhandenen Muster-, Norm- und Rahmenverträgen" beispielsweise ist ein rechtlich notwendiger Schritt, um auch gemeinnützig tätige Kulturvereine arbeitsrechtlich schadlos und in wichtigem gesellschaftlichen Engagement zu halten. Das Fair Pay-Thema und seine Herausforderungen bzw. Begleit-Anforderungen wurde von ANDRS auf den Punkt gebracht. Kein Wunder, ließ sich mit Spitzenkandidat Bernhard Amann ein Experte in mannigfaltigen Sparten, so auch in Kultur- und Medienarbeit, aufstellen und die kulturpolitischen Aufgaben wie auch Versäumnisse nennen.

Dass der Wert öffentlich-rechtlicher und freier Medien und die strukturelle Einbeziehung der Zivilgesellschaft hier genannt wird, ist ein Alleinstellungsmerkmal dieser Partei, deren Demokratieverteidigung auch dadurch sehr deutlich wird. 

Die in der Liste letzte Partei erhält mit ihren Ausführungen den Ansprüchen zeitgemäßer Kunst- und Kulturarbeit ein angemessenes und den deren Bedürfnisse gerecht werdendes Schlusswort.

 


Aussagen der noch amtierenden Vorarlberger Kultursprecher:innen der Landtagsparteien finden sich im Artikel von Raffaela Rudigier-Gerer, Chef-Co-Redakteurin der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift, die sich übrigens immer über neue Abonent:innen freut. Wir stellen den Artikel und die gute Zusammenfassung der kulturpolitischen Veranstaltung am 17. September im Theater Kosmos Bregenz in Absprache mit der Zeitschrift an dieser Stelle online zur Verfügung.

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