Urheberrechtsenquete 16. Oktober 2003 - Beitrag IG Kultur Österreich
Aus Sicht der IG Kultur Österreich, eines bundesweiten Netzwerks von über 350 Kulturinitiativen und Kulturstätten, ist diese parlamentarische Enquete signifikant für die Lage der gegenwärtigen Kunst- und Kulturpolitik.
Der Einladung entnehme ich, dass die männlichen Personenbezeichnungen großzügigerweise auch für mich gelten. Ich wähle daher für mein Statement die weiblichen Bezeichnungen um die Dinge ein wenig dorthin zu rücken, wo sie wohl hingehören.
Aus Sicht der IG Kultur Österreich, eines bundesweiten Netzwerks von über 350 Kulturinitiativen und Kulturstätten, ist diese parlamentarische Enquete signifikant für die Lage der gegenwärtigen Kunst- und Kulturpolitik.
Schon vor Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle haben die österreichischen Kultur- und Künstlerverbände massiv die Aussetzung der parlamentarischen Beschlussfassung gefordert, solange nicht die Interessenvertretungen im Rahmen einer im Regierungsprogramm versprochenen parlamentarischen Enquete zu Rate gezogen werden. Das wäre nicht nur ein dringendes Gebot der Fairness gegenüber den Expertinnen im Kulturbereich gewesen, sondern auch eine Frage der politischen Kultur und des Ausgleichs der Interessen, von dem in der Einladung zu dieser Enquete eigentlich die Rede ist.
Nun ist die Novelle 2003 zum Urherberrecht seit 1. Juli geltendes Recht. Gestatten Sie daher, dass ich es etwas befremdlich finde, an einer als Evaluierung und Lösungsfindung titulierten Veranstaltung zur Urheberrechtsnovelle teilzunehmen, die damit offenkundig Mängel und Schwächen eingesteht.
Diese Ausgangssituation bietet aber zumindest grundsätzlich die Chance, den Interessen der Urheberinnen sowie der Kulturschaffenden ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Geltung zu verschaffen. Schließlich benötigt die vorliegende Novelle tatsächlich einer Korrektur.
Die notwendige Aufmerksamkeit und Geltung - und das ist Ihnen und Ihrer Einladungspolitik sehr bewusst - wird sich nicht erreichen lassen, wenn den Interessenvertretungen des Kulturbereichs nur für 3 Minuten ein Rederecht eingeräumt wird. In dieser kurzen Zeit lässt sich nicht in vollem Umfang sagen, was angesichts der Komplexität der Materie gesagt werden müsste.
Das gibt Anlass zum Zweifel, ob es daher mit dem Interessenausgleich tatsächlich ernst gemeint ist. Es fällt jedenfalls sehr stark auf, dass - bei aller Wertschätzung - der Vertreterin des deutschen "Verbands Privater Rundfunk- und Telekommunikationsanbieter" dreimal mehr Zeit zur Verfügung steht als den Autorinnen, den Filmschaffenden sowie den Musikerinnen.
Diese Unausgewogenheit ruft größte Skepsis hervor und ist wenig Vertrauen erweckend, dass bei der angekündigten Lösungsfindung tatsächlich ein Ausgleich der Interessen von den - wie es hier heißt - "im Kreativprozess Eingebundenen" auf der einen Seite und den Produzentinnen auf der anderen Seite gewünscht ist.
Ungeachtet dessen stellt sich natürlich die Frage nach der Folge dieser Enquete. Wie einer Information des Verlags "Medien und Recht" zu entnehmen war, soll mit dieser Enquete - so wörtlich - "ein erster Schritt in Richtung der für nächstes Jahr geplanten Adaption der Novelle aufgrund inzwischen gesammelter Erfahrungswerte getan werden". Hier interessiert uns natürlich in erster Linie, in welcher Form dies geschehen soll. Und: Wie lässt sich der heute bei dieser Enquete noch nicht verwirklichte Interessenausgleich schaffen, damit noch größerer Schaden von den Urheberinnen sowie von den Kulturschaffenden abgewendet werden kann. Die Kulturpolitik dieses Landes hätte ein solche Signal jedenfalls verdient.