Security, Veiligheit, Sicherheit

Seit kurzem gibt es am Karlsplatz eine Sicherheitszone rund um eine Schule. Vor ein paar Jahren hat die FPÖ in Graz eine Bürgerwehr zu installieren versucht. Fußfesseln als Gefängnisersatz – wie auch immer eines dazu stehen mag – sollen an eine private Sicherheitsfirma vergeben werden. In die USA kann eines nur einreisen, wenn es bereit ist, biometrische Daten abzuliefern. Amerikanische Botschaften schränken die öffentliche Zugänglichkeit auf der ganzen Welt bis in die Boltzmanngasse ein...

Seit kurzem gibt es am Karlsplatz eine Sicherheitszone rund um eine Schule. Vor ein paar Jahren hat die FPÖ in Graz eine Bürgerwehr zu installieren versucht. Fußfesseln als Gefängnisersatz – wie auch immer eines dazu stehen mag – sollen an eine private Sicherheitsfirma vergeben werden. In die USA kann eines nur einreisen, wenn es bereit ist, biometrische Daten abzuliefern. Amerikanische Botschaften schränken die öffentliche Zugänglichkeit auf der ganzen Welt bis in die Boltzmanngasse ein. In den Niederlanden beherrscht das Schlagwort Veiligheit (Sicherheit) den politischen Diskurs. Lokale sind mit Metalldetektoren ausgestattet und natürlich mit privaten Sicherheitsfirmen, auf dem Flughafen "dürfen" sich vorerst nur VIPs per Irisscan identifizieren lassen, auf den Straßen werden willkürlich PassantInnen angehalten, müssen sich mit gespreizten Beinen an die Wand stellen und durchsuchen lassen, in Taxis werden im Minutentakt Fotos gemacht, die direkt an die Zentrale (sic!) geschickt werden, abgesehen von der Allgegenwärtigkeit von Kameras quer durch die Städte. Im Sinne aufgeklärter Transparenz werden all diese Maßnahmen mit Aufschriften begleitet, die darauf hinweisen, dass dies nur der Sicherheit der Betroffenen zugute kommt. Der öffentliche Raum wird zum "fear engine", der angeworfen wird, um die privatisierte Kontrolle auszuweiten.

Nun stellt sich natürlich die Frage, warum dieses Mehr an Sicherheit notwendig geworden ist, so es überhaupt notwendig geworden ist. Zu einem guten Teil handelt es sich natürlich um Panikmache, was auch Michael Moore nicht müde wird, publikumswirksam zu betonen. Ein Beispiel für dieses paranoide Sicherheitsbedürfnis ist sicherlich die Zone am Karlsplatz. Aber auch ein Paranoiker hat Feinde. Es ist natürlich richtig, dass in der "westlichen Welt" Sicherheit immer wichtiger wird, aber warum? Ein wesentlicher, wenn vielleicht auch nicht der einzige Grund dafür ist das Schwinden des Wohlfahrtstaates und die damit einher gehenden Änderungen in der Einkommensverteilung. Je größer die Einkommensunterschiede, desto eher zahlt sich Verbrechen aus und desto besser und teurer müssen sich die Wohlhabenderen vor Übergriffen schützen. Oder glauben zumindest, es tun zu müssen. Steigende Unsicherheit ist ein Kostenfaktor, der durch die Entsolidarisierung einer Gesellschaft entsteht. Wohlfahrtsökonomisch eine Binsenweisheit. Und damit geht wiederum das Wachstum von privaten Sicherheitsgesellschaften Hand in Hand, denn der Staat zieht sich unter lautem Getöse ja immer weiter zurück.

Österreich ist langsam. Wieder einmal. Und auch die beste Regierung von allen hat es in fünf Jahren zwar weit gebracht, allerdings wohlfahrtstaatliche Standards auf amerikanisches oder britisches Niveau zu drücken, ist noch nicht gelungen. Das verschafft ein wenig Zeit und ermöglicht es, durch einen Blick über die Grenzen rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen und Widerstand zu bilden.

Denn: Ist der öffentliche Raum erst einmal hinreichend abgesichert, so können manche ihren krausen Ideen in völligem Frieden nachgehen. Zum Beispiel durch sicher budgetierte und politisch abgesicherte friedvolle "25 Peaces". Natürlich ist es billig, sich über ein derart jenseitiges Konzept lustig zu machen, aber derlei Initiativen gegenüber bleibt nur noch der Kalauer. Ähnlich wie am erfolgreich gesicherten Times Square soll nun auch im ersten Bezirk in friedlicher Kooperation mit einer groß angelegten Medienmaschine das im Gartenzwergformat nachgestellt werden, was im Geschichtsbild der Initiatoren dort vor 60 und mehr Jahren stattgefunden hat. Und ähnlich wie vor 60 Jahren wird auch heute wieder zuerst jene kontroversielle und sicher weder unproblematische noch konfliktfreie Lebendigkeit, wie sie urbane Orte nun mal kennzeichnet, zugunsten provinzieller gated-community-Phantasien aus dem Stadtbild verdrängt. Sound of Music am Heldenplatz.

Und der Kunstplatz Karlsplatz, an dem sich einige Zeit lang Hoffnungen auf eine Zone für kritischen Kultur- und Mediendiskurs festmachten, bekommt Kunstschanigärten und ein neues Lichtkonzept (zur Austreibung des lichtscheuen Gesindels), damit seine Säuberung von jeglichem Wildwuchs als konzertierter Erfolg von Stadtgartenamt und Sicherheitspolizeigesetz angemessen sichtbar wird.

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