Offener Brief der IG Freie Theaterarbeit zur Situation in der Steiermark

Die IG Freie Theaterarbeit hat einen offenen Brief an aufgrund der höchst alarmierenden kulturpolitischen Zustände in der Steiermark veröffentlicht. Wir, die IG KiKK unterstützen diese Forderungen und zeigen Solidarität mit der IG Kultur Steiermark und allen in der steirischen Kunst und Kulturszene Tätigen. Dies zeigt auf eindrücklichste Weise wie verheerend es ist, wenn rechte Parteien an die Macht kommen.

 
OFFENER BRIEF
IG Freie Theaterarbeit, 05. März 2025

Die Kulturpolitik der Steiermark im Umbau

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Mario Kunasek,
sehr geehrter Herr Landesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl,
sehr geehrter Herr Kommerzialrat Laurenz Pöttinger (zur Information), 

wir richten diesen offenen Brief an Sie, da uns die aktuellen kulturpolitischen Ereignisse in der Steiermark Sorgen bereiten und wir eine nachhaltige Schädigung des Standorts befürchten.

Das Kulturkuratorium in der Steiermark, welches Förderansuchen für Kunst und Kultur in der Steiermark begutachtet und empfiehlt, wird künftig ausschließlich von Personen auf Vorschlag von ÖVP und FPÖ besetzt. Und dies bei so geringen Budgets für die Kunst und Kultur wie seit Jahrzehnten nicht.

Letzten Mittwoch haben Sie, Herr Landeshauptmann und Herr Landesrat, als Vertreter der Landesregierung 13 von 15 der Mitglieder des bestehenden steirischen Kulturkuratoriums abberufen – Kleine Zeitung, der Standard und Krone berichteten.

Was bedeutet das?
In der Steiermark gibt es ein seit Jahrzehnten erfolgreich aufgebautes, vielfältiges und attraktives Angebot an Kunst und Kultur, das im Bereich der darstellenden Kunst viele freie Theaterschaffende, Tanz-, Performance- und Zirkuskünstler:innen sowie Probenhäuser und Spielstätten umfasst. Veranstaltungen und Festivals begeistern viele Menschen, die Steiermark gilt als spannender Ort auch für das zeitgenössische Kunstschaffen, viele Ensembles arbeiteten genreübergreifend, das Publikum umfasst alle Generationen.

Nun wurden die seit Jahren verlässlich ausgereichten Jahres- und Projektförderungen für die Szene durchgehend massiv gekürzt – oft um mehr als die Hälfte. Als Grund dafür wird die schlechte Finanzlage des Bundeslandes genannt. In einem ohnehin oft prekär arbeitenden Sektor entziehen diese Kürzungen den Künstlerinnen und Künstlern die Lebensgrundlage; Kürzungen in einem solchen Ausmaß können nicht kompensiert werden, zerstören die infrastrukturellen und internationalen Beziehungen. Finanzielle Unsicherheiten machen es unmöglich, langfristige, für die Steiermark wichtige Verbindungen und Verpflichtungen zu halten und zu realisieren. Es braucht von Seiten der öffentlichen Hand verlässliche finanzielle Perspektiven.

Und es geht weiter. Mit sofortiger Wirkung wurde das die Landesregierung beratende Kulturkuratorium parteipolitisch umbesetzt. Die Aufgabe des Kulturkuratoriums ist es, als demokratisches Instrument und ausgestattet mit Fachexpertise und viel Erfahrung in der Szene, Förderungen durch die öffentliche Hand zu empfehlen. Dies hat in den letzten Jahrzehnten gerade in der Steiermark gut funktioniert. Dass nun im Kulturkuratorium Mitglieder sitzen, die klar dem extrem rechten Lager zuzuordnen sind, stärkt das Vertrauen der Künstlerinnen und Künstler in dieses Kuratorium nicht, von dem sie letztendlich bezüglich Förderempfehlungen abhängig sind. Jetzt sind ausschließlich von der ÖVP und FPÖ entsandte Personen im Kulturkuratorium vertreten und sollen über diesen gewachsenen, auch zeitgenössische Kunstformen abdeckenden Bereich, entscheiden.

Es geht alles sehr schnell, und es geht ums Geld. Förderungen durch die öffentliche Hand machen einen Großteil der Budgets auch der freien Szene aus. Die Steiermark war auf einem guten Weg und verlässliche Partnerin, gerade bei Themen wie „Fair Pay“ und dem Fairness Codex. Wenn Förderungen und Fairness nicht mehr verlässlich sind, hat dies sehr schnell tiefgreifende Auswirkungen auf das Kulturschaffen vor Ort. Der Preis ist hoch: Eine zutiefst verunsicherte Bevölkerung, die der Politik nicht mehr vertraut; ein großer Verlust der Standortattraktivität und Brain-Drain der innovativen Kräfte, ein national und international großer Ansehensverlust des Landes.

Wir appellieren an Sie und alle Verantwortlichen, mit Blick auf ein attraktives Kunst- und Kulturland Steiermark, den eingeschlagenen Weg zu ändern und im Sinne der Künstlerinnen, Künstler und Veranstaltenden vor Ort zu agieren - so wie es auch im Regierungsübereinkommen formuliert ist. Politische Verantwortung zu übernehmen bedeutet, für alle Menschen eines Landes da zu sein. Umso mehr muss die Vielfalt von Kunst und Kultur befördert und ausgebaut werden, denn jede Gesellschaft ist vielfältig und hat Interessen an verschiedensten Angeboten der Kunst und Kultur. Parteipolitische Perspektiven haben hierbei nichts verloren. 

Für die IG Freie Theaterarbeit
Ulrike Kuner
Geschäftsführung

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Die IG Freie Theaterarbeit ist die Interessengemeinschaft für die freie darstellende Szene Österreichs, wurde 1988 gegründet und ist Mitglied im Kulturrat Österreich. Seit 2018 ist sie Gründungsmitglied und Sitz des Europäischen Dachverbands der freien darstellenden Künste (EAIPA) mit derzeit 23 Mitgliedern in 18 Ländern. Die IGFT ist außerdem Mitglied bei IETM – International Network for Contemporary Performing Arts, bei der IG Theater Tanz Performance Kärnten Koroška und bei Culture Action Europe.

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Kontakt für Nachfragen:
IG Freie Theaterarbeit
Geschäftsführung: Ulrike Kuner
E-Mail: u.kuner@freietheater.at
 

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