Kulturpolitik und Rechtspopulismus

Oder: Kultur als Chance humorvoll zu unterbrechen. Cultural politics and right wing populism war das Thema des Symposiums, das Educult im März 2017 an der Universität für Angewandte Kunst veranstaltete. Thema waren Entwicklung und Merkmale des Rechtspopulismus, gegenwärtige Situation um Trump, LePen, Breixit, Orban, aber auch, welche Konsequenzen auf den Kulturbereich warten.

Kulturpolitik und Rechtspopulismus

Die umfassende Auseinandersetzung beinhaltete sowohl politische Vorträge von Werner T. Bauer von der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung, dessen Vortrag sich um Rechtspopulismus und seinen wissenschaftlichen Zugang drehte, als auch Länderberichte von Dimitri Almeida (Georg- August- Universität Göttingen, Deutschland) über die derzeitige Situation in Frankreich, von Stuart MacDonald (ifa/ Stuttgart, Deutschland) mit einer Erläuterung der Themen Brexit, Cultural Politics, Cultural Changes, von Heather Painter (Fulbright, Wien) über den Fall Donald Trump und von Dóra Papp mit einem Blick nach Ungarn. Der jeweilige Fokus lag auf Kulturpolitik und den Konsequenzen, welche die Entfaltung einer politische rechts stehenden Regierung mit sich bringen kann.

Zudem stand grundsätzlich die Frage nach Verantwortung und Möglichkeiten von Kunst- und Kulturschaffenden im Raum. Während Musiker Paul Schuberth kritisierte, dass gerade Künstler*innen diese Aufgabe zugesprochen wird, erfrischte Illustrator Nils Oskamp mit dem Ansatz Kunst als Werkzeug zu nutzen und die Gesellschaft zu spiegeln. Dieses tut er indem er sich klar gegenüber politisch rechts stehenden Verleger*innen positioniert und für die kommende Frankfurter Buchmesse einen antirassistischen Cartoonwettbewerb ausgerufen hat.

Welche Stellung haben Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft? Stuart McDonald wies während seines Vortrags darauf hin, dass Kultur ein privates Gut sei, das bestimmten Schichten vorbehalten bleibt und auch Werner T. Bauer betonte einen Kampf der Kleinen gegen die da oben, die Reichtum, Macht und schöne Frauen für sich beanspruchen. Sieht man Kultur nun als etwas derart elitäres, sollte die Frage nach ihrem gesamtgesellschaftlichen Einfluss aufgeworfen werden. Bauer erläuterte  unterschiedliche Merkmale von Rechtspopulismus und betonte, dass eins der klassischen Feindbilder das Establishment, sprich die Eliten seien. Ihnen gegenüber würde eine Opferrolle beklagt und sich abgegrenzt. Wenn Kunst und Kultur jedoch Teil dieser Abgrenzung werden, welcher Einfluss bleibt dann noch? Kaum einer, bemerkte Oskamp, zumindest nicht bei bereits eingestandenen Verfechter*innen. Er sieht die Möglichkeit in dem Einfluss auf die Wähler von morgen, also die 12- 15 jährigen und verfasste daher das autobiografische Graphic Novel Project Drei Steine, in dem er selber Opfer von rechter Gewalt wird, ohne selbst als Täter zu agieren. Auch die Künstler*innen Michael Gölz, Sebastian Kraner und Virginia Lui sehen in der Kunst die Chance auf Darstellung von gesellschaftlichen Vorgängen und  Förderung eines Dialogs. Problematisch ist jedoch, dass manche Teile der Gesellschaft Kultur nicht als etwas betrachten, was für sie vorgesehen ist und sie dadurch als Mediatorin gar nicht in ihr Blickfeld einbeziehen können. Wessen Aufgabe ist es demnach auf den Anderen zuzugehen, wenn sich die Seiten so verhärtet haben und alle derart wütend aufeinander sind?


Auf einen Verweis aus dem Publikum auf die sich wiederholende politisch homogene Blase auch bei dieser Veranstaltung, erwähnte Direktor Michael Wimmer, dass er im Vorfeld zur Debatte stellte, jemanden aus dem rechten Lager als Redner*in zu laden, diese Idee jedoch wenig Unterstützung fand. Beide Standpunkte sind nachvollziehbar. Einerseits wäre es sehr wichtig, einen öffentlichen Dialog anzustoßen, zu fördern, wieder ins Gespräch miteinander zu kommen, um endlich einen Mittelweg und Kompromisse zu erarbeiten, um ein gesellschaftliches Einverständnis zu kreieren. Andererseits befürchten viele, eine*n rechte*n Politiker*in zu ihrer Veranstaltung zu laden, bedeute gleichzeitig ihnen ein Podium zu bieten, größere Teile der gefährlichen öffentlichen Aufmerksamkeit zu verschenken. Zugegeben, wenn lediglich eine Person mit einer politisch anderen Gesinnung geladen würde, stünde diese Person mit dem Rücken zur Wand und würde sich wahrscheinlich fühlen wie das Schaf im Wolfsrudel. Die einzig logische Konsequenz wären seichte Anpassung oder Verteidigung und Kampf und alle wären am Ende noch verärgerter als zuvor. Was ist also zu tun?

Allbekannt ist, dass Verkrampfungen aufgelöst werden können durch Entspannung. Und ein Heilsbringer der Entspannung ist Humor. Grenzüberschreitungen werden gerade der Kunst eher zugestanden und Absurditäten können mit einem Lächeln aufgezeigt werden. Wohl wissend, dass gemeinsames Lachen nicht die allgemeine Lösung des Problems bedeutet, kann man jedoch hervorheben, dass die Möglichkeiten von Kunst und Kultur im Kampf gegen den Rechtspopulismus gerade darin liegen könnten, ein ironisches Spiegelbild der Gesellschaft aufzuzeigen, durch welches die Reflektion aller gefördert werden und bestenfalls die gewünschte Entkrampfung mit sich bringen könnte, durch die wir alle vielleicht endlich weniger Angst voreinander hätten.

 

 

 

 

 

 

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