Kärnten/Koroška braucht eine Joboffensive für Kulturarbeit

Die IG KiKK – Interessensgemeinschaft für Kulturinitiativen in Kärnten/Koroška – übergibt ihre Analyse der österreichweiten Fair-Pay-Bewegungen im Kulturbereich an das Land Kärnten/Koroška. Enthalten sind umfangreiche Empfehlungen für die Umsetzung einer eigenen Strategie mit einem zentralen Rat: Für die Zukunftsfähigkeit der Kulturlandschaft braucht es eine Joboffensive, die Anstellungen UND faire Bezahlung im Kulturbereich ermöglicht!

Presseaussendung vom 11. April 2023

Was kann Kärnten/Koroška aus den bereits laufenden Fair-Pay-Prozessen auf Bundesebene und anderer Bundesländer für eine eigene Strategie lernen? Diese Frage beantwortet die IG KiKK im Bericht „Fair Pay Kärnten/Koroška“ und zeigt damit auf, wie die Verbesserung der Arbeits- und Einkommenssituation von Kulturtätigen gelingen kann.

Der Bund hat 2020 einen „Fairness Prozess“ gestartet und auch in den Bundesländern – allen voran Salzburg, Tirol und Steiermark – läuft ein Prozess zur Verbesserung der Bezahlung im Kunst- und Kulturbereich. Die Erhebung der IG KiKK fasst den derzeitigen Stand der Informationen zu einer umfangreichen Zwischenbilanz zusammen. Unter Berücksichtigung dieser bundesweiten Entwicklungen ist die Interessensvertretung von fast 80 Kulturvereinen auf die besonderen Bedingungen in Kärnten/Koroška eingegangen und hat die gesammelten Fakten über bekannte Probleme und Lösungsvorschläge in den regionalen Kontext eingeordnet. Das Ergebnis ist ein umfassender Empfehlungskatalog für einen Aktionsplan zur Einführung von Mindeststandards in der Bezahlung von Kulturtätigen.

„Allem voran steht eine Erhebung des Fair-Pay-Gaps, dem Unterschied zwischen der tatsächlichen Bezahlung und den Richtwerten für Fair Pay von den Interessensvertretungen. Nur auf einer validen Datenlage können faktenbasierte Entscheidungen getroffen werden.“, erklärt Elena Stoißer, die Büroleitung der IG KiKK. „Der Bedarf gibt das Ziel vor, das es zu erreichen gilt, und an dem alle weiteren gesetzten Maßnahmen gemessen werden. Darauf aufbauend können weitere Umsetzungsschritte und ein Etappenplan erstellt werden.
Als Vorbild empfiehlt die IG KiKK das Salzburger Fair-Pay-Modell, das eine Anheben des durchschnittlichen Einkommens in allen Einrichtungen der Freien Szene auf ein Fair-Pay-Niveau von 70% vorsieht und dieses in weiteren Etappen erhöht. Aufgrund der geringen Anstellungsdichte – die IG KiKK ermittelte in der Basisdatenerhebung 2019 nur 22 ganzjährige Vollzeitstellen in ganz Kärnten/Koroška – braucht es begleitend eine Joboffensive, die bezahlte Anstellungsverhältnisse überhaupt erst ermöglicht. Das hohe Maß an unfreiwilligem Ehrenamt zu verringern muss in der Fair-Pay-Strategie enthalten sein, andernfalls würde die herrschende Ungleichheit im Sektor noch verschlimmert.

„Separate Zuschüsse sind im Idealfall ein Übergangsmodell, bis faire Bezahlung zum Standard wird. Die Entwicklung sollte hin zu einem Paradigmenwechsel im Förderwesen führen, der eine Verpflichtung zur fairen, angemessenen Bezahlung vorsieht und sich in den Förderhöhen an den tatsächlichen Kosten orientiert.“, fasst Stoißer das zentrale Ergebnis zusammen. Es braucht eine Verschiebung des Förderfokus weg vom Output der Kunst- und Kulturtätigen hin zu einer Input-Orientierung, um die Qualität der Arbeitsbedingungen statt die Quantität der Projekte zu fördern.

Material

Die Empfehlungen zur Einführung von Fair Pay in Kärnten/Koroška

Bericht Fair Pay Kärnten Koroška

IG KiKK Fotos und Logo

 

Fotohinweis: Fair Pay Day im Container 25, (c) Nina Radeschnig

Hintergrundinformation

Eine zentrale Aufgabe der Interessensgemeinschaft der Kulturinitiativen in Kärnten/Koroška (IG KiKK) ist es, die schwierigen Arbeitsbedingungen in der Freien Szene zu verbessern. Die finanzielle und soziale Absicherung von Kulturtätigen stellt dabei ein Kernthema dar. Sie ist Voraussetzung für eine nachhaltige und lebendige Kulturszene.
In der Praxis ist die Beschäftigungssituation im Kultursektor geprägt von wenigen bezahlten Arbeitsplätzen. Die spärlich vorhandenen sind atypisch und prekär: befristete Projektarbeit auf Honorarbasis, Anstellungen in Teilzeit oder überhaupt nur geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Nebeneffekte solcher Arbeitsbedingungen sind oft schwer zu überbrückende Unterbrechungen in der Sozialversicherung und fehlende Einzahlungsmonate für die Pensionsversicherung, was wiederum die Gefahr der Altersarmut birgt. Um die kulturelle Vielfalt zu sichern, braucht es Mindeststandards der Bezahlung, damit die in diesem Sektor Tätigen von ihrer Arbeit leben können.

Die Verbesserung der Bezahlung im Kunst- und Kulturbereich fand 2020 erstmals Beachtung in einem Regierungsübereinkommen einer österreichischen Bundesregierung. Daraufhin startete das Bundesministerium für Kunst, Kultur öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS) einen „Fairness Prozess“. Seit 2022 gibt es gesonderte Zuschüsse für Löhne und Honorare im Kulturbereich.
Mit Salzburg, Niederösterreich und Tirol ist es aktuell bereits in drei Bundesländern möglich, Fair-Pay-Zuschüsse zu beantragen. Die Steiermark hat Zuschüsse für 2023 bereits angekündigt. Auch in den anderen Bundesländern wurden Maßnahmen ergriffen, um faire Bezahlung voranzutreiben.
Um den Fair-Pay-Gap tatsächlich zu schließen, braucht es neben dem Bund und allen Bundesländern auch die Gemeinden bzw. Städte gleichermaßen. Zur Verantwortung haben sich alle Gebietskörperschaften mit dem Unterzeichnen des Fair-Pay-Strategie-Papiers bekannt.

Der nun veröffentlichte Bericht ist Abschluss des 2022 von der IG KiKK durchgeführten und vom Land geförderten Projektes „Fair Pay Kärnten/Koroška“. Teil davon war u.a. eine Podiumsdiskussion in Zusammenarbeit mit der Abteilung 14 – Kunst und Kultur, an der Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser teilnahm und zusicherte, sich für Kärnten/Koroška am Salzburger Fair-Pay-Modell zu orientieren.
Bereits vor der Wahl kündigte Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser an, dass die Analyse der IG KiKK „als Grundlage für die weiteren Weichen in Sachen Fair Pay“ dienen werde. Auf der Podiumsdiskussion „Kulturarbeit fördern, Regionen stärken“ am 27.3.2023 gab er bekannt, dass sich das Land Kärnten/Koroška im neuen Regierungsprogramm zu Fairness in Kunst und Kultur bekennt. Mit dem nun überreichten Bericht hat die IG KiKK eine gut vorbereitete Ausgangslage für einen Aktionsplan zur Einführung von Fair Pay auf Landesebene geschaffen.

Kontakt

Elena Stoißer, Büroleitung
IG KiKK – Interessensgemeinschaft der Kulturinitiativen in Kärnten/Koroška
+43 (0) 699 13167171 | office@igkikk.at | www.igkikk.at

 

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