Gewerbeordnung – Ausnahme für Kulturinitiativen

Die IG Kultur Österreich fordert eine Ausnahme der Gewerbeordnung für Kulturvereine, die bei ihren Veranstaltungen Getränke und Speisen anbieten.

Änderung in der Gewerbeordnung für Kulturvereine

Gewerbeordnung – Ausnahme für Kulturinitiativen

Problemdefinition

Für die bei kulturellen Veranstaltungen übliche Verabreichung von Speisen und Getränken ist in der Gewerbeordnung § 2 Abs. 1 Z 25 eine Ausnahme wie folgt geregelt:

§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:

Z 25. die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken im Rahmen und Umfang von Veranstaltungen im Sinne des § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 durch Körperschaften des öffentlichen Rechtes sowie sonstige juristische Personen, die im Sinne der §§ 34 BAO gemeinnützig, kirchlich tätig sind, und durch deren Dienststellen sowie juristische Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 und § 5 Z 12 lit. b und c des Körperschaftsteuergesetzes 1988 wie Körperschaften des öffentlichen Rechts zu behandeln sind. Diese Veranstalter haben § 112 Abs. 4 und 5 und § 114 sowie die einschlägigen gesundheits-, lebensmittel-, wasser- und abfallrechtlichen Vorschriften einzuhalten.

 

Die im betreffenden § 5 Z 12 Körperschaftssteuergesetz geregelte Dauer der Ausnahme ist auf vier Tage im Jahr beschränkt. Damit ist kein dauerhafter gemeinnütziger Kulturbetrieb möglich.

Ob die Arbeit einer Kulturinitiative in den Geltungsbereich der Gewerbeordnung fällt, ist Auslegungssache der lokalen Behörden. Die bestehenden Regelungen bieten Auslegungsspielraum und werden unterschiedlich gehandhabt. Die Konsequenz daraus ist massive Rechtsunsicherheit für Kulturinitiativen.

Wenn etwa während eines Konzerts, einer Lesung oder einer anderen Veranstaltung auch Getränke ausgeschenkt werden – von ehrenamtlichen Mitarbeitern, ohne jegliche Gewinnabsicht des Veranstalters – kann es, je nach Interpretation der Behörden, notwendig werden, dass die Initiative ein Gewerbe anmelden muss. Der damit verbundene Aufwand ist für die meisten gemeinnützigen Vereine nicht umsetzbar. Auf diese Weise gehen wichtige Zugangspunkte zu Kunst und Kultur verloren. Die Teilhabe am kulturellen Leben wird eingeschränkt.

Gesellschaftlicher Dialog ist der Wesenskern von Kultur und Demokratie. Kulturinitiativen schaffen Raum für diesen Dialog. Aufgrund differierender Auslegung der Gewerbeordnung müssen sie jedoch mitunter ihre Arbeit einstellen.

Gastronomie


Lösungsvorschlag der IG Kultur Österreich

Die Ausnahme für Kulturinitiativen von der Gewerbeordnung.

Gesetzliche Anknüpfungspunkte:

§ 2 Gewerbeordnung (GewO)

§ 2 Abs. 1 der Gewerbeordnung listet Tätigkeiten auf, für die die Gewerbeordnung nicht anzuwenden ist. Darin könnte folgende Ziffer 26 ergänzt werden:

„die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken durch gemeinnützige Einrichtungen, die kulturelle Zwecke im Sinne des § 35 BAO verfolgen, im Rahmen von Veranstaltungen bis zu einer jährlichen Umsatzgrenze für Speisen und Getränke von 30.000 Euro.“

Diesem Vorschlag liegen die drei folgenden Kernargumente zugrunde:

1. Einschränkung auf § 5 Z12 KStG verhindert dauerhaften Kulturbetrieb

Die bestehende Ausnahme in § 2 Abs 1 Z 25 GewO geht nicht weit genug. Sie erlaubt die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken im Rahmen und Umfang von Veranstaltungen im Sinne des § 5 Z 12 KStG durch Körperschaften des öffentlichen Rechtes sowie sonstigen juristischen Personen, die im Sinne der §§ 34 ff BAO gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich tätig sind, und durch deren Dienststellen an nur vier Tagen im Jahr.

Die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken sind im Rahmen von Veranstaltungen, die kulturellen Zwecken dienen, unerlässlich, da die Veranstaltungen der kleinen Kulturinitiativen stark an Gemeinwesenarbeit und gesellschaftlichen Dialog gekoppelt sind. Ein Kulturverein am Land der nur vier mal im Jahr bei Veranstaltungen ausschenken darf, kann kaum eine anspruchsvolle gesellschaftsrelevante Kulturarbeit durchführen. Daher ist eine weitreichendere Ausnahme aus der GewO für Gemeinnützige im Rahmen von kulturellen Veranstaltungen notwendig.

2. Rechtssicherheit für Kulturinitiativen

Die unterschiedliche Auslegung und Handhabung der Gewerbeordnung, sowie die damit verbundenen Zwangsschließungen kultureller Einrichtungen torpedieren Grundfreiheiten und widersprechen dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Gegenwärtig ist für Kulturinitiativen nicht vorhersehbar, ob sie von der zuständigen Behörde als Gewerbebetrieb gewertet werden oder nicht. Das bedeutet massive Rechtsunsicherheit für Kulturinitiativen.

Gemäß § 1 Abs 2 GewO wird eine Tätigkeit „gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist“.

Bei Vereinen nimmt der Gesetzgeber an, dass die Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vorliegt, „wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit – sei es mittelbar oder unmittelbar – auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Übt ein Verein gemäß dem Vereinsgesetz 1951 eine Tätigkeit, die bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fiele, öfter als einmal in der Woche aus, so wird vermutet, daß die Absicht vorliegt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.“ (§ 1 Abs 6 GewO)


Gemeinnützige Kulturinitiativen beschäftigen hauptamtliche und ehrenamtliche MitarbeiterInnen und sind auf keinerlei wirtschaftlichen Vorteil ausgerichtet. Die erwirtschafteten Mittel dienen ausschließlich der Erfüllung des ideellen Zwecks der Initiative. Das Kriterium der Gemeinnützigkeit in der hier vorgeschlagenen Ausnahme stellt sicher, dass alle Tätigkeiten der Kulturinitiative ausnahmslos zur Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks gerichtet sind und keine wirtschaftlichen Vorteile daraus entstehen. Kulturinitiativen betreiben kein Gewerbe und gehören deshalb auch nicht in die Gewerbeordnung.

Wenn die Kulturinitiative aber mehr als einmal pro Woche tätig wird, kann ihr nach aktueller Rechtslage Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden. Ob diese vorliegt, liegt im Ermessen der zuständigen Behörden.

3. Gesellschaftlicher Dialog als Wesenskern von Kultur und Demokratie

Kultur und Demokratie leben von regem Austausch. Der stattfindende gesellschaftliche Dialog bildet ihren Wesenskern.

Kulturinitiativen schaffen mit ihren Veranstaltungen einen Raum für Dialog und nehmen so eine wichtige Rolle in der Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens ein. Sie bieten Zugang zu Kunst und Kultur unabhängig von sozioökonomischen Faktoren. Bildung, Herkunft, Einkommen, Alter oder Geschlecht spielen keine Rolle. Durch die Arbeit der Kulturinitiativen können alle am kulturellen Leben, am demokratischen gesellschaftlichen Dialog teilhaben.

Die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken fördern diesen Dialog. Sie wirken wie ein Katalysator. Deshalb sind sie wesentlicher Bestandteil kultureller Veranstaltungen.

 

Legistische Vorteile der vorgeschlagenen Novellierung

Anknüpfungspunkt BAO

Die Kriterien, wer von der Ausnahme profitieren darf, knüpfen an die bestehenden Regelungen der §§ 34ff. BAO zur Gemeinnützigkeit an.

Keine Änderung des KStG

Alternativ zur vorgeschlagenen Formulierung hätte auch der § 5 KStG novelliert werden können. Durch die Ergänzung einer Z 26 in § 2 Abs. 1 GewO kann das KStG unverändert bleiben.

§ 2 Abs. 1 Z 25 GewO bleibt Auffangtatbestand

Die neue Z 26 gilt ausschließlich für gemeinnützige Einrichtungen, die kulturelle Zwecke im Sinne des § 35 BAO verfolgen, im Rahmen von Veranstaltungen, bei denen gesellschaftlicher Dialog über kulturelle Inhalte unmittelbar stattfindet und eine jährliche Umsatzgrenze nicht überschritten wird. Z 25 bleibt somit Auffangtatbestand für sonstige, nicht kulturelle, gemeinnützige Einrichtungen.

Umsatzgrenze als Schutz vor Überinterpretation

Die eingeführte Umsatzgrenze verhindert eine exzessive Interpretation der Ausnahme. Insbesondere kleinere Kultureinrichtungen profitieren davon.

Legislative Kohärenz im Rahmen laufender Reformen

Die Ausnahme für Kulturinitiativen von der Gewerbeordnung wäre ein kohärenter Schritt in der Entrümpelung der Gewerbeordnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für gemeinnützige Institutionen. Einerseits fiele hinaus, was nicht hineingehört. Andererseits wird die Arbeit der Kulturinitiativen durch sichere Rahmenbedingungen und den Wegfall unnötiger bürokratischer Auflagen erleichtert.

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