Telegraphenamt Avenue Kakatare I

<p>Wer sich aufmacht, um in das dörfliche Umland von Maroua zu gelangen, begegnet auf den Überlandstraßen schon nach wenigen Minuten schnurrenden Skulpturen aus Plastikfässern, die oft nur aufgrund des Abgasaufkommens als motorisierte Zweiräder zu erkennen sind. <i>Jincheng</i> ist darauf zu lesen, nicht selten auch <i>Nanfang</i>. Chinesische Exportgüter beherrschen den einspurigen Verkehr. Doch das ist nicht weiter von Bedeutung, wenn sich das rollende Ensemble als

Wer sich aufmacht, um in das dörfliche Umland von Maroua zu gelangen, begegnet auf den Überlandstraßen schon nach wenigen Minuten schnurrenden Skulpturen aus Plastikfässern, die oft nur aufgrund des Abgasaufkommens als motorisierte Zweiräder zu erkennen sind. Jincheng ist darauf zu lesen, nicht selten auch Nanfang. Chinesische Exportgüter beherrschen den einspurigen Verkehr. Doch das ist nicht weiter von Bedeutung, wenn sich das rollende Ensemble als tödliche Gefahr erweist.

Seit Jahresbeginn 2011 sind ein knappes Dutzend Mopeds in die Luft geflogen. Sie alle hatten ein Vielfaches der zulässigen Last an Treibstoff geladen, der ihren oft jugendlichen Besitzern zum Verhängnis wurde. Der Grenzverkehr auf den ausgezerrten Straßen nach Nigeria ist für viele die einzige Einkommensmöglichkeit. Je mehr Volumen bei einer Fahrt aufgeladen wird, desto höher der Ertrag. Eine einfache Rechnung, die eben mitunter auch das Leben kostet. Besonders in den Monaten Februar und März nähern sich die Außentemperaturen in den nördlichen Regionen Kameruns den Spitzenwerten der Trockenzeit. Wer hier bei über 40 Grad mit Benzin unterwegs ist, noch dazu in großen Mengen, steht vor der schwierigen Entscheidung: Pause machen oder besser nicht? Fast alle Unfälle haben sich ereignet, weil sich die Benzindämpfe während einer Fahrtunterbrechung entzündeten. Die Folgen waren jedes Mal fatal.

Der private Handel mit Treibstoffen bleibt davon unberührt. Das ist auch wenig verwunderlich, denn ohne Mobilität ist der Alltag im zentralafrikanischen Sahel nicht zu meistern. Mobil ist aber nur, wer sich das Tanken auch tatsächlich leisten kann. Der Halt an offiziellen Zapfsäulen ist nur ganz Wenigen vorbehalten. Dabei werden immer mehr Stationen im Stadtzentrum und an der Peripherie aus dem Boden gestampft, die Insignien des französischen Petrolriesen TOTAL sowie von OilLibya regelrecht zu Markierungen des Landschaftsbildes. Benzin und Diesel liegen hier jedoch nur geringfügig unter dem Preisniveau der wohlhabenden Länder des Nordens. Damit steigt nicht nur die Nachfrage nach billigem Sprit im Straßenverkauf, der das kleinmotorisierte Transportaufkommen ungeachtet der tragischen Unfälle in die Höhe treibt. Auch der Zorn der Menschen wird weiter angeheizt.

Jetzt hat der Krieg gegen Libyen die Avenue Kakatare in noch größere Aufregung versetzt. Es ist nicht nur die medial hochgeschraubte Konfliktkonstellation, die für erhitzte Stadtgespräche sorgt. Der Schauplatz ist plötzlich so nahe, weil sich Frankreich mit dem Einsatz von Hightech-Waffen auf Bengazi und Tripoli auch in die kollektiven Erinnerungen südlich der Sahara bombt. Präsident Sarkozy, so die im Eiltempo herumgereichte Deutung des Weltgeschehens, habe sich noch vor Jahren mit dem schmutzigen Geld Gaddafis seine Wahlkampagnen finanzieren lassen. Jetzt gilt es ihn zu beseitigen, so wie man lästige Zeugen meuchlings zur Strecke bringt. Die ehemalige Kolonialmacht zeigt damit auch gegenüber den früheren Schutzbefohlenen sehr deutlich auf, dass sie ihre Interessen auf dem afrikanischen Kontinent mit allem Nachdruck durchzusetzen weiß. Die Wanderarbeitskräfte aus Kamerun, Niger, Burkina Faso und dem Tschad, die in Libyen seit Jahren rassistischen Übergriffen völlig schutzlos ausgeliefert sind, waren für den Quai d’Orsay bislang jedenfalls nicht von Interesse. Stattdessen ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, dass TOTAL das Rennen um weitere Landnahme für sich entscheidet .

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Der 19. Februar 2013 wird der Avenue Kakatare noch lange in Erinnerung bleiben. An diesem Tag erreichte auch das Telegraphenamt aus dem nördlichen Grenzgebiet die Nachricht, dass unweit des Nationalparks Waza eine französische Familie mit ihren vier Kindern von bewaffneten Unbekannten überfallen und entführt worden sei. Ratlosigkeit und Entsetzen bestimmen seither das Stadtgespräch.
Seit Anfang Oktober versuchen großflächige Plakate entlang der Avenue Kakatare davon zu überzeugen, dass aus der Kombination von Fingerabdruck und Gesichtserfassung makellose Wahlberechtigte entstehen.
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Ein Film, so berichtete der Lieferant mit erregter Miene, habe sein bisher beschauliches Eheleben schließlich aus den Fugen gebracht. Das ominöse Machwerk rumore nun schon seit Wochen wie ein böser Geist im Kopf seiner Frau, die ihm doch bisher als treue Seele stets unscheinbar zur Seite gestanden habe.
Dieser Tag gehörte einzig und alleine dem Auftritt des Präsidenten. Wer in die Knie gezwungen wird, muss nach oben aufschauen. Das bekamen auch jene Schülerinnen und Schüler mit allem Nachdruck zu spüren, die entlang der Einfahrtsstraßen zur Begrüßung in Reih und Glied zu stehen verpflichtet waren. Kaum jemand interessierte sich jedoch dafür, dass die Sicherheitsorgane so manche Abweichung von den strengen Verhaltensvorschriften auch mit dem Gewehrkolben quittierten.
Plötzlich hatte es sich ausgetwittert. Aus Sicherheitsgründen, mehr war dazu nicht zu erfahren. Doch für Zweifel an den demokratischen Grundfesten des Staates Kamerun genügen bereits die Indizien.
Der Weltbank zufolge zählt die Privatisierung des Wassers zu den erfolgreichsten Strukturmaßnahmen in Kamerun. Sie war es auch, die schon Mitte der 1990er Jahre die Gewährung dringend benötigter Kredite mit der Auflage verknüpfte, weite Bereiche der öffentlichen Leistungen an Private zu übertragen.
Der auf einer nahen Anhöhe residierende Gouverneur ließ sich nicht persönlich blicken, sondern entsandte seinen Generalsekretär zu den Maifeierlichkeiten auf der anderen Seite der Stadt, wo nach dem einfachen Volk auf der Straße nun auch die Spitzen aus Politik, Militär und Wirtschaft auf die offizielle Eröffnung warteten.
Das Bildungsbürgertum blickt auf uns herab, weil unsere Horizonte angeblich zu eng seien. Die Bohème verabscheut unsere Sekundärtugenden. Die Linke hasst uns, weil wir ihre Revolution nicht ins Werk setzen. Und die politische Kaste dichtet uns Ausländerfeindlichkeit an, um in unserem Namen ihre xenophobe Politik durchzusetzen.
„Arbeit“ ist zutiefst verwoben mit Identität, Anerkennung und (symbolischer) Teilhabe an Gesellschaft.