Eigenveranstaltungen ausländischer Künstler - Quellensteuerabzug?
Werden Künstler in Österreich - ohne ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hier zu haben - tätig, unterliegen ihre Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen der Abzugssteuer. Die Verpflichtung diese abzuführen, trifft dabei regelmäßig den Veranstalter oder die Künstleragentur. Nach § 99 Abs. 1 Z 1 EStG entsteht eine Steuerabzugsverpflichtung „bei Einkünften aus im Inland ausgeübter und verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist und Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden“.
Welche Varianten der Besteuerung gibt es?
- Grundsätzlich ist ein pauschaler Steuersatz von 20% der Bruttoeinkünfte (Bruttoabzugsbesteuerung) vorgesehen. Bemessungsgrundlage ist der volle Betrag der Einnahmen. Dies schließt auch Aufwandsersatz, Sachzuwendungen, wie etwa die Erstattung von Reisekosten mit ein.
- Künstler, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des europäischen Wirtschaftsraumes ansässig sind, können auch die sogenannte Nettobesteuerung wählen. Dabei werden die unmittelbar zusammenhängende Ausgaben von den Einnahmen abgezogen. Der pauschale Steuersatz erhöht sich dann auf 25%.
- Alternativ zu den vorstehend genannten Varianten besteht die Möglichkeit die Antragsveranlagung zum progressiven Normaltarif vorzunehmen. Hier müssen jedoch € 9.000 automatisch der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden. Bei der Antragsveranlagung können sämtliche Betriebsausgaben geltend gemacht werden, die mit den Einkünften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht nur jene in unmittelbarem Zusammenhang.
Wie sehen aber die Rechtsfolgen aus, wenn keine Agentur und kein Veranstalter zwischengeschaltet sind? Wer muss den Steuerabzug vornehmen? Welche Verpflichtungen treffen den Künstler?
Schuldner der Abzugssteuer ist der Empfänger der Einkünfte. Dies ist der Künstler.
Die Abzugsverpflichtung trifft aber den Schuldner der Einkünfte und nicht den Empfänger der Einkünfte. Der Schuldner der Einkünfte haftet in weiterer Folge für den Steuerabzug.
Ohne Zwischenschaltung einer Agentur oder eines Veranstalters wird dadurch das Publikum zum Schuldner der Einkünfte.
Ein Steuerabzug durch das Publikum geht aber in der Praxis ins Leere. Die Finanzverwaltung wendet sich deshalb direkt an den beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsempfänger, den ausländischen Künstler. Siehe dazu auch: ´“ausnahmsweise Vorschreibung der Abzugssteuer an den beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsemfänger“, Beantwortung einer EAS Anfrage vom 01.02.2007, EAS 2811 zu Zirkusauftritt.
Das Finanzamt muss in seinem Bescheid jedenfalls begründen, worauf sich die Annahme der Nicht- bzw. erschwerten Durchsetzbarkeit der Haftungsinanspruchnahme des Abzugsverpflichteten stützt (BMF Information v. 5.10.2015, BMF-010203/0276-VI/1/2015).
Möchte der Künstler die Direktvorschreibung der pauschalen Abzugssteuer vermeiden, kann er allenfalls eine freiwillige Veranlagung durchführen. Dann kommt aber der progressive Steuertarif zu Anwendung und nicht der möglicherweise günstigere Pauschaltarif von 20%.
Eine Antragsveranlagung mit höherem Tarif wird dann zum Nachteil, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Befreiungsmethode zur Anwendung kommt. In diesem Fall ist die in Österreich gezahlte Steuer nicht anrechenbar. Bei einem Land, das die Anrechnungsmethode vorsieht (zum Beispiel Italien), wird die Besteuerung zum Normaltarif zum Nachteil, wenn die in Österreich gezahlte Steuer höher als der im Ansässigkeitsstaat errechnete Anrechnungshöchstbetrag ist.
Gibt es für den Auftritt Bagatellgrenzen? Wann ist der „Künstler-Sportler-Erlass“ anwendbar?
Beträgt das Honorar beim selben inländischen Veranstalter höchstens € 1.000 (Spesenersätze sind nicht einzurechnen) und sind die Gesamteinkünfte in Österreich im Kalenderjahr nicht höher als € 2.000, entfällt die Abzugssteuerpflicht. Eine juristische Person, muss nachweisen, dass die Einnahmen minus abzugsfähiger Betriebsausgaben keinen körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn auslösen.
Die genannten Vereinfachungen nicht für Musiker und Musikgruppen bei Tanzveranstaltungen (z.B. Bälle, Zeltfeste).
Ist die Abzugssteuer bei einem Inlandsauftritt immer abzuführen?
Einige Doppelbesteuerungsabkommen enthalten in Art 17 (relevant für Künstler, Entertainer und Sportler) eine Sonderbestimmung zum internationalen Kulturaustausch. Auftritte, die im Rahmen eines internationalen Kulturaustausches erfolgen und öffentlich gefördert werden, oder Auftritte von gemeinnützigen Institutionen sind nach dieser Sonderbestimmung im Tätigkeitsstaat nicht zu besteuern.
Einige wenige Doppelbesteuerungsabkommen, wie zum Beispiel Ungarn, enthalten gar keinen Künstlerartikel.
Verliert Österreich unter Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht, wird bei Einhaltung der Vorgaben in der Entlastungsverordnung auch der innerstaatliche Besteuerungsanspruch entkräftet. Natürliche Personen lassen mit dem Formular ZS-QU1, juristische Personen mit dem Formular ZS-QU2 ihre Steuerpflicht in dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat durch deren Steuerbehörde bestätigen. Die österreichische Finanzbehörde sieht dann von der Abzugsbesteuerung ab.
Zusammenfassung:
Bei Eigenveranstaltungen ausländischer Künstler sind die Vertragsparteien eine Vielzahl von Privatpersonen. An der grundsätzlichen Abzugssteuerpflicht ändert sich jedoch nichts. Als Schuldner des Entgeltes wären die einzelnen Ticketkäufer zum Steuerabzug verpflichtet.
Der Steuerabzug und die Haftungsinanspruchnahme durch den Ticketkäufer gehen aber in der Praxis ins Leere. Eine Verpflichtung des beschränkt Steuerpflichtigen, den Steuerabzug selbst vorzunehmen, ist aus dem Gesetzestext nicht ableitbar. Auch eine Veranlagungspflicht ergibt sich nicht. Die Finanzbehörde kann jedoch auf § 100 Abs. 3 EStG zurückgreifen und eine ausnahmsweise Direktvorschreibung der Abzugssteuer beim Künstler vornehmen.
Ohne Befreiung im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen behält Österreich das Besteuerungsrecht. Der Künstler kann dann keine Rückerstattung der Abzugssteuer beantragen. Je nach Doppelbesteuerungsabkommen ist die in Österreich gezahlte Abzugssteuer im Ansässigkeitsstaat anrechenbar (Anrechnungsmethode) oder die schon in Österreich besteuerten Einnahmen werden unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung freigestellt (Befreiungsmethode).
Der Direktbesteuerung der Bruttoeinnahmen kann der Künstler nur entgehen, wenn er eine Antragsveranlagung in Österreich vornimmt. Dabei verliert er aber den möglicherweise günstigeren pauschalen Steuersatz von 20%.
Die beschriebenen innerstaatlichen Bestimmungen sind in den einzelnen Ländern oft sehr ähnlich. Die vorstehenden Ausführungen treffen daher auch in vielen Fällen auf österreichische Künstler zu, wenn diese ohne Zwischenschaltung einer Agentur oder eines Veranstalters im Ausland auftreten. In Deutschland etwa sind die Regelungen nahezu ident. Zu den Bruttoeinnahmen zählen jedoch nicht die Reisespesen bzw. zusätzlichen Vergütungen, sofern sie die tatsächlichen Spesen nicht übersteigen. Der pauschale Abzugssteuersatz beträgt in Deutschland 15%, bei Anwendung der Nettomethode 30% (bei Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen bleibt dieser 15%). Wenn die Einnahmen pro Künstler und pro Auftritt € 250 nicht übersteigen, entfällt in Deutschland die Abzugsbesteuerung.
Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren. Wir können uns dann gemeinsam ansehen, was das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen in Ihrem Fall vorsieht und, ob es nicht doch möglich ist, die Befreiung im Rahmen eines Kulturaustausches zu erwirken.
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