Temporäre Senkung der Mehrwertsteuer für alle Formen zeitgenössischer Kunst

Im Zeitraum von 1.7.2020 bis 31.12.2020 wird der Mehrwertsteuersatz u.a. für die Kulturbranche auf 5% gesenkt. Im ersten Entwurf des Gesetzes waren jedoch nicht alle Formen zeitgenössischen Kunstschaffens von der Steuersenkung umfasst: der Bereich des Zirkus, und damit auch der Bereich des zeitgenössischen Zirkus, war ausgeschlossen. Nun ist der Nationalrat unserer Forderung gefolgt - die Steuersenkung gilt auch für den Zirkus. Unsere Stellungnahme zur Nachlese.

MwSt Mehrwertsteuersenkung Kunst und Kultur


Wir appellieren: Schließen Sie nicht selektiv einzelne Kunstformen aus 

Stellungnahme zum parlamentarischen Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (722/A), Wien, am 26.6.2020
 

Im Zeitraum von 1.7.2020 bis 31.12.2020 soll der Mehrwertsteuersatz u.a. für die Kulturbranche auf 5% gesenkt werden. Wir begrüßen diese Maßnahme als Unterstützung für einen – wie es auch im Gesetzesantrag heißt – „von der COVID-19-Krise in besonderem Ausmaß betroffenen Sektor“, wenngleich wir der lediglich temporären Senkung (in Bezug auf Stolpersteine in der Praxis) kritisch gegenüberstehen. 

Im vorliegenden Gesetzesantrag sind jedoch nicht alle Formen zeitgenössischen Kunstschaffens von der Steuersenkung umfasst. Ein Subsektor des Kunstschaffens, der von der Krise massiv betroffen ist, wird explizit ausgeklammert: der Bereich des Zirkus, und damit auch der Bereich des zeitgenössischen Zirkus. Seit den 1970er Jahren hat sich die Kunstform Zirkus extrem weiterentwickelt und zählt heute zu einer der innovativsten und experimentellsten Kunstformen an der Schnittstelle zwischen Artistik, Schauspiel, Tanz, Musik, Bildende Kunst und Neue Medien: Zeitgenössischer Zirkus zeichnet sich durch theatrale Formate aus, die dramaturgischen und ästhetischen Gesamtkonzepten folgen.

Nicht ohne Grund fördert der Bund seit 2016 in einer eigenen Förderschiene Projekte des zeitgenössischen Zirkus, um künstlerische Kompetenz, Qualität und den internationalen Ruf der Künstler*innen dieser Sparte weiter zu erhöhen. Dass ebendiese neue Kunstform, deren Entwicklung der Bund fördern will, nun von der Mehrwertsteuersenkung für die Kulturbranche ausgeschlossen sein soll, ist nicht nachvollziehbar.
 

Wir regen daher dringend an, den vorliegenden Gesetzesantrag wie folgt abzuändern:

2. Nach § 28 Abs. 51 wird folgender Abs. 52 angefügt: 

„(52)
1. Abweichend von § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020, ermäßigt sich die Steuer auf 5% für
… 

b) die von §10 Abs.2 Z1 lit.a iVm Anlage 1 Z33, Abs.3 Z1 lit.b (ausgenommen der in Anlage 2 Z11 bis 13 aufgezählten Gegenstände) und lit.c, Z4, Z6, Z7 und Z8 erfassten Lieferungen, sonstigen Leistungen, Einfuhren oder innergemeinschaftlichen Erwerbe; 

Bezieht sich auf: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00722/index.shtml

 

UPDATE 01.07.2020: 
Der Nationalrat ist unserer Argumentation gefolgt. Die temporäre Mehrwertsteuersenkung gilt nun auch für den Zirkus! 
Finanziell kann dies für Zirkusartist*innen nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, da unter den aktuellen Bedingungen ein Arbeiten kaum möglich ist. Es bekräftigt aber, dass auch der (zeitgenössische) Zirkus selbstverständlich Teil des Kunst- und Kulturschaffens in Österreich ist.  
Beschluss des Nationalrats: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/BNR/BNR_00077/index.shtml 

 

Weiterführende Informationen: 

Ähnliche Artikel

Mit Beginn des Jahres 2025 treten wichtige Anpassungen bei den Beitragsgrenzen, Steuersätzen und Pauschalen in Kraft, die für Kulturvereine von Bedeutung sind. Änderungen betreffen unter anderem die Geringfügigkeitsgrenze, die Kleinunternehmerregelung, Anpassungen beim Kilometergeld und der Reisekostenpauschale. Was sich geändert hat und in welcher Höhe, haben wir hier für euch zusammengestellt.
Seit 1. April ist die Spendenbegünstigung grundsätzlich allen gemeinnützigen Kulturvereinen zugänglich. Welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, was ihr dabei bedenken solltet und welche Schritte zur Erlangung der Spendenbegünstigung notwendig sind erfahrt ihr hier kompakt zusammengefasst.
heart on hands Für Ehrenamtliche gemeinnütziger Organisationen wurde mit Anfang 2024 eine steuerfreie „Freiwilligenpauschale“ eingeführt und im Einkommensteuergesetz verankert. Die gesetzliche Regelung trägt zu mehr Rechtssicherheit bei und schafft einen neuen Rahmen für die Zahlung einer freiwilligen, finanziellen Anerkennung an Ehrenamtliche. Die wichtigsten Eckpunkte haben wir für euch im Überblick zusammengefasst.
Mit dem 01. Jänner 2024 tritt das neue ORF-Beitrags-Gesetz in Kraft, mit dem eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe eingeführt wird. Sie löst die bisherige GIS-Gebühr zur künftigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Österreich (ORF) ab. Gemeinnützige Vereine sind nur dann von der Haushaltsabgabe betroffen, wenn sie kommunalsteuerpflichtig sind. Dazu ein Überblick.
Die Vergnügungssteuer (amtsdeutsch auch »Lustbarkeitssteuer«) ist in Österreich landesgesetzlich geregelt, Kommunen können diese Steuer einheben, müssen dies aber nicht. Der Dachverband Salzburger Kulturstätten und die Salzburg Club Commission fordern mit der Kampagne »Mehr Vergnü… ohne Steuer« die Abschaffung der Vergnügungssteuer für Kulturveranstaltungen (und damit auch eine unnötige Vermischung mit etwa dem Glücksspiel) in der Stadt Salzburg. Die Kampagne wird bis Ende Oktober mit einer Unterschriftenaktion (Ziel: 10.000 Unterschriften) geführt.
Der Kulturbericht des Landes Kärnten für das Jahr 2021 wurde veröffentlicht und die IG KiKK hat diesen mit Fokus auf für die Freie Szene relevante Änderungen analysiert.
Letzter Teil des Corona-Härtefallfonds: Vor Corona mehrfach geringfügig oder fallweise Beschäftigte können nun endlich auch finanzielle Entschädigung beantragen – für den Zeitraum März 2020 bis März 2022. Gesetzlich vorgesehen ist diese Entschädigung seit Mai 2020.
Schloss vor geschlossenem Fenster Ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des Verfassungsgerichtshofs macht erneut deutlich, dass der Stellenwert von Kunst und Kultur von der Regierung regelmäßig verkannt wird. Entschädigungsansprüche für Kulturveranstalter:innen werden sich aus dieser höchstrichterlichen Entscheidung wohl nicht ableiten lassen – dennoch zeugt sie von einer bedauerlichen politischen Realität.
Corona Regelungen Veranstaltungen Die Bundesregierung hat 2020 Maßnahmen zum Umgang mit dem Coronavirus erlassen, die auch den Kulturbereich massiv trafen. Die aktuellen Regelungen - und was das für die Praxis heißt - haben wir hier für euch zusammengestellt.
Publikum Corona Der IG Kultur-Webtalk „Wissen schafft Kultur“ stellt aktuelle Erkenntnisse aus der Wissenschaft vor und beleuchtet, inwiefern diese für die Kulturarbeit nutzbar sind. In Kooperation mit der Europäischen Theaternacht wurde am 23. Februar 2022 der Fokus auf die Auswirkungen von Covid-19 auf das Publikumsverhalten in der Kultur gelegt. Als kompetenter Gesprächspartner konnte das Londoner Forschungsinstitut „The Audience Agency“ (TAA) gewonnen werden. Diese gemeinnützige Einrichtung zählt zu den profiliertesten Organisationen der Publikumsforschung in Europand wird u.a. vom British Arts Council finanziert. Ihre wichtigste Aufgabe ist es, Kultureinrichtungen dabei zu helfen, ein besseres Verständnis für ihr aktuelles und potenzielles Publikum zu gewinnen.