Wohin soll's kulturpolitisch gehen? - Die Antworten der Parteien zur Wahl 2019

Im Vorfeld der Nationalratswahl 2019 haben wir die Parteien nach ihre kulturpolitischen Positionen befragt. Den Auftakt macht die Frage: Was haben die Parteien kulturpolitisch vor, wo sehen sie Handlungsbedarf und wie stehen sie zum Kulturbudget? Das haben die Parteien geantwortet. Teil 1/3 der Serie "Kulturpolitik zur Wahl".

Wo soll Österreichs Kulturlandschaft in 5 Jahren stehen - als Bestandteil der Unterhaltung ebenso wie als Faktor in der demokratischen Auseinandersetzung? Nicht zuletzt fragen wir Sie, wie sich die Kultur im Budget abbildet. Gibt es diesbezüglich konkrete Vorhaben?

Die Antworten der Parteien*, sortiert nach den Wahlergebnissen der letzten Nationalratswahl 2017: 

Volkspartie

 

"Österreich ist eine Kunst- und Kulturnation mit großem, internationalem Renommee. Dieser Ruhm in der Welt beruht zu großen Teilen auf Leistungen der Vergangenheit, auf dem kulturellen Erbe Österreichs. Gleichzeitig ist jetzt die Zeit dafür die Basis zu schaffen, dass wir auch in den kommenden Jahrzehnten als internationale Größe wahrgenommen werden und auch zeitgenössische und zukünftige Kunst und Kultur aus Österreich weit über die Grenzen unseres Landes hinausstrahlt. Denn: Das kreative Schaffen von heute ist das kulturelle Erbe von morgen. Österreichs Renommee als Kunst- und Kulturnation muss ausgebaut und langfristig abgesichert werden. Dafür müssen wir die bestmöglichen Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturschaffende in Österreich und für unsere kulturellen Institutionen schaffen. Diese Rahmenbedingungen, wie etwa eine Stärkung der musischen Bildung, müssen Innovation wie Planungssicherheit ermöglichen und unterstützen. Schließlich ist eine lebendige Kunst- und Kulturlandschaft auch eine tragende Säule unserer Gesellschaft insgesamt. Denn künstlerische Positionen zu Fragen unserer Zeit sind wichtige Beiträge zur Diagnose gesellschaftlicher Herausforderungen.

In diesem Zusammenhang war es der Neuen Volkspartei ein wichtiges Anliegen, das Kunst- und Kulturbudget für die Jahre 2018/2019 signifikant zu erhöhen, um verlässlicher Partner zu sein und ein möglichst breites Spektrum an Projekten unterstützen zu können. Dieses Ziel werden wir auch weiterhin verfolgen."

 

SPÖ

 

"Die Sozialdemokratie bekennt sich uneingeschränkt zur Freiheit der Kunst. Österreich verfügt über eine lange kulturelle Tradition und ein lebendiges zeitgenössisches Kulturschaffen. Aufgabe der Politik ist es, ein politisches Klima zu befördern, in dem sich Kunst entfalten kann.

Dazu gehören auch die finanziellen Rahmenbedingungen. Viele Kulturinstitutionen – ob die großen Häuser oder die freie Szene – kämpfen mit stagnierenden oder auch sinkenden Budgets. Durch die Inflation und steigende Personalkosten steht ihnen jedoch selbst bei gleichbleibenden Mitteln real weniger Geld zur Verfügung. Wir wollen daher die Förderungen in allen Kunstbereichen valorisieren. Und auch die KünstlerInnen selbst – als wichtige TrägerInnen von gesellschaftlichem Fortschritt, Kritik und Emanzipation – brauchen dringend eine bessere soziale Absicherung."

 

Neos

 

"Österreich soll nicht nur für den Tourismus als Kulturnation gelten, sondern durch die Umsetzung einer konkreten Kunst- und Kulturstrategie können wir es schaffen, dass Kultur in Österreich wieder zu einem wichtigen Thema geworden ist. Die Seiten in den Zeitungen werden nicht weniger, sondern wieder mehr. Österreich hat ein eigenständiges Kulturministerium mit einer charismatischen Persönlichkeit, die das Ressort nicht nur nebenbei betreut. Das Kulturbudget wird zumindest jährlich an die Inflation angepasst und die Valorisierung an alle Bundeseinrichtungen weitergegeben. Im besten Fall gibt es eine schlankere, transparente und übersichtliche Förderlandschaft, die weg von der Werk- hin zur Infrastrukturförderung funktioniert."


Jetzt Liste Pilz

 

"Die Kulturlandschaft, die wir uns vorstellen, beinhaltet:

  1. 1. Mehr Diversität, Teilhabe, Beteiligung und Inklusion. Dies bedeutet mehr Diversität bzw. kulturelle Vielfalt in Person der ausübenden KünstlerInnen, im Publikum, in Leitungsfunktionen von Kunst- & Kultureinrichtungen und in den Beiräten und Jurys. Stärkere Förderung für Kunst- & Kulturprojekte mit Schwerpunkt Beteiligung, Teilhabe und Empowerment.
  2. Stärkere Förderung von Programmen, die Inklusion als Selbstverständlichkeit fördern, wie z. B. Übersetzungen in Gebärdensprache und Audio-Descriptions bei Kunst- und Kulturveranstaltungen, sowie Maßnahmen die Barrieren (körperliche, seelische, wirtschaftliche) abbauen wie z. B. Drucksorten in einfacher Sprache oder Kunst- und Kultur-Pässe.
  3. Stärkung der zeitgenössischen, innovativen und alternativen Kunst, gegenüber der hoch subventionierten repräsentativen Kunst.
  4. Förderung zeitgenössischer Kunst auch außerhalb urbaner Ballungszentren.
  5. Bessere Kontrolle und mehr Transparenz bei der Vergabe von Mitteln: Öffentliche Sitzungen der Beiräte und Jurys; Ausführliche schriftliche Begründungen; Klarere Vergabekriterien mit ausgewiesenen Wertigkeiten der einzelnen Kriterien; Mehrjährige Subventionszusagen;
  6. Kunst- & Kulturbudgets in unterschiedlichen Ressorts (Creative Administration). 
  7. Soziale und wirtschaftliche Absicherung von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden."

 

Grüne

 

"Ich [Eva Blimlinger - Anm. d. Red.] würde gerne von Kultur und Kunst sprechen, als getrennte Bereiche, auch mit Blick auf Budgets.

Zur Kultur: In fünf Jahren sollen das Bundesdenkmalamt und das Archivamt jedenfalls eine unabhängige Behörde sein und es soll die Möglichkeit einer zivilgesellschaftlichen Verbandsklage gegen Entscheidungen des BDA geben. Sowohl Denkmalschutz- als auch Bundesarchivgesetz müssen grundlegend novelliert werden. Sowohl die Bundesmuseen als auch die Bundestheater sollen (weiterhin) Gratiseintritte – nicht nur für Jugendliche – ermöglichen. Dies soll auch für subventionierte Festspiele (z. B. Salzburg, Bregenz) gelten. Der dadurch fehlende Umsatz muss vom Bund refundiert werden. Sammlungsleihgaben (z. B. Batliner, Vorberg) dürfen von Bundesmuseen nur mit der Auflage von Provenienzforschung durch die Kommission für Provenienzforschung und die analoge Anwendung des Kunstrückgabegesetzes übernommen werden. In Österreich fehlt ein zentraler Gedenkort/Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma (derzeit nur Lackenbach und vereinzelte Erinnerungsorte) – dieser muss errichtet werden.

Zur Kunst: Die Förderung zeitgenössischen künstlerischen Schaffens in allen Sparten und spartenübergreifend muss drastisch erhöht werden und durch ausländische Beiräte/Jurys vergeben werden. Kunst- und Kulturvereine/-initiativen/-projekte müssen durch mehrjährige Subventionen abgesichert werden – Regierungswechsel dürfen nicht zu instabilen Verhältnissen führen. In fünf Jahren soll all das – und noch einiges mehr – umgesetzt sein."

_________________

Kulturpolitik zur Wahl 

Podiumsdiskussion mit den Parteien anlässlich der Nationalratswahl 2019

Montag, 9. September, 19h
Depot - Raum für Kunst und Diskussion
Breite Gasse 3, 1070 Wien

Es diskutieren (alphabetisch gereiht): Airan Berg (JETZT), Eva Blimlinger (Grüne), Henrike Brandstötter (Neos), Thomas Drozda (SPÖ) und Maria Großbauer (ÖVP) und VertreterInnen des Kulturrat Österreich; Moderation: Monika Mokre; 

Eine Veranstaltung des Kulturrat Österreich, dem Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden. 
*Die Befragung der Parteien wurde vom Kulturrat Österreich in Vorbereitung der Podiumsdiskussion durchgeführt; Die Antworten wurden ungekürzt, lediglich leicht redigiert, so sich Tippfehler eingeschlichen haben, wiedergegeben. Einleitung und Titel von IG Kultur Österreich. 

 

Coverfoto Hintergrund: Pier Francesco Grizi on Unsplash

Ähnliche Artikel

Kulturpreisverleihung 2024 Am Freitag, 13. Dezember 2024, wurden die Kulturpreise des Landes Kärnten | Koroška verliehen. Die Vorsitzende des Kärntner Kulturgremiums, Angelika Hödl, fand klare Worte zur Entwicklung in so manchen Nachbar(bundes)ländern und über die Notwendigkeit der Investition in unsere Lebensversicherung Kunst und Kultur.
Der Regierungswechsel unter der Führung der steirischen FPÖ hat bei den steirischen Kunst- und Kulturtätigen viele Unsicherheiten ausgelöst. Grund dafür sind unter anderem diverse Behauptungen, die die FPÖ in ihrem Wahlprogramm aufgestellt hat. Um für mehr Klarheit zu sorgen, hat die IG Kultur Steiermark die aktuellen Kernfragen und Fakten zusammengefasst.
Fair Pay Sujet vor Gang, im Hintergrund Verhandlungsraum Die letzte Regierung bekannte sich 2020 erstmals zu Fair Pay und leitete Schritte zur Umsetzung ein, zu denen sich auch die Bundesländer, Städte und Gemeinden verpflichteten. Auch wenn der Prozess vielfach noch am Beginn steht, darf er nun nicht abgebrochen werden. Regierungswechsel dürfen nicht dazu führen, dass erreichte Schritte zur Etablierung von Mindeststandards im Arbeitsleben wieder zur Verhandlungsmasse werden. Die Aufgaben der kommende Bundesregierung.