Steirisches Förderschlamassel
Wie wir wissen, führt kein Weg zur Kulturförderung an den zwei Bestandteilen des Vergabeprozesses vorbei: der Antragstellung und der Abrechnung der Subventionen. Im Zuge ersterer muss es den Kulturschaffenden und KünstlerInnen gelingen, ihre Projekte und Jahresvorhaben inhaltlich und budgetär nachvollziehbar darzustellen und mittels Förderantrag um Subventionen anzusuchen. Meistens eineinhalb Jahre später kommt es zum zweiten Punkt, die gewährten Subventionen werden ordnungsgemäß abgerechnet und dem/ der FördergeberIn vorgelegt.
Seit Jahren ist es der IG Kultur Steiermark ein Anliegen, die Abrechnungsmodalitäten des Landes Steiermark zu verbessern. Bisher leider vergeblich. Während andere Bundesländer, wie beispielsweise Vorarlberg, Mut zur Veränderung bewiesen und sich auf die stichprobenartige Überprüfungen der Finanzgebaren von Kulturinitiativen festgelegt haben, konnten wir SteirerInnen den Kulturlandesrat nicht von unserem diesbezüglichen Anliegen überzeugen. Schade, denn im Grunde handelt es sich bei der Vereinfachung der Abrechnungsmodalitäten um eine enorme Verringerung des Verwaltungsaufwandes für beide Seiten – für die BeamtInnen der Landesbuchhaltung, die buchhalterisch prüfen, die BeamtInnen der Kulturabteilung, die inhaltlich prüfen und für die Kulturschaffenden, die noch immer Originalbelege zur Kulturabteilung schicken und abstempeln lassen müssen. Während sich also an den Abrechnungsmodalitäten nichts getan hat, wurden in den letzten Jahren jedoch viel weitreichendere kulturpolitische Veränderungen durch den Kulturlandesrat vollzogen. Unter anderem musste das erst 2005 geschaffene und als besonders innovativ geltende Kunstund Kulturförderungsgesetz 2012 novelliert werden, um beispielsweise die Abschaffung des Landeskulturbeirats und das stattdessen eingeführte Kulturkuratorium per Gesetz zu legalisieren.
Durch die Abschaffung des Landeskulturbeirats kam es zu einer enormen Machtkonzentration auf ein einziges Gremium. Denn zu den Aufgaben des 2013 eingeführten Kulturkuratoriums zählen sowohl die Beratung des Landesrats in Bezug auf kulturpolitische Entwicklungen als auch die Empfehlungen zur Vergabe der Fördermittel. Im Falle der Fördermittelvergabe bedeutet das, dass 15 Personen über sämtliche Förderanträge – ca. 700 jährlich! – aus allen Sparten entscheiden.
2014 kam es dabei zu einem wahren Förderschlamassel. Ohne es den FörderwerberInnen rechtzeitig zu kommunizieren, wurden während des laufenden Jahres die Spielregeln geändert. Die Folgen betrafen freilich nicht jene Kulturinitiativen, die über mehrjährige Fördervereinbarungen mit dem Land Steiermark verfügen, denn deren Förderstatus ist von 2013-2015 geklärt. Nein, es betraf den allerkleinsten Budgetanteil, jenen der freien Förderungen für Projekte und Jahressubventionen.
Wie kam es zur Misere? Das Schlamassel hat seinen Ursprung im ersten Quartal 2014, in dem das Kulturkuratorium laut eigener Aussage zu viel Geld ausgab. Notgedrungen entschied man sich, den Einreichtermin im zweiten Quartal zu streichen. Die Information darüber erfolgte aber erst im Nachhinein, als auf der Website des Landes die bisher vier Einreichtermine auf drei reduziert wurden. Jene Kulturinitiativen, die bereits ihre Anträge Anfang Mai abgegeben hatten, wurden also hinten angestellt und ihre Behandlung durch das Kuratorium auf den Folgetermin im September verschoben. Jedoch – ohne darüber verständigt zu werden! Erst Mitte Juni, im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung, wurden vonseiten der Kulturabteilungsleitung und des Kuratoriumsvorsitzenden oben erwähnte Gründe für das Vorgehen genannt. Festzuhalten ist jedoch, dass die alleinige Budgetverantwortung beim Kulturlandesrat, nicht beim Kulturkuratorium liegt. Dasselbe gilt folglich für jene Unklarheiten im Budget, wie sie 2014 massiv zutage traten.
Die Verschleppung der Antragsbearbeitungen zog empfindliche Konsequenzen nach sich, so auch jene, dass die Einhaltung einer Bestimmung aus dem Kulturförderungsgesetz dadurch unmöglich wurde. – Diese besagt, dass sich die Landesregierung innerhalb von 14 Wochen nach Einlangen eines Antrages zu einer Entscheidung über diesen Antrag verpflichtet. Auch hier wurde auf das Kommunikationsmittel der rechtzeitigen Verständigung verzichtet.
Einige Kulturinitiativen warteten sieben, manche sogar acht Monate auf die Beantwortung ihres Antrages. Zahlreiche Anfragen der Betroffenen wurden entweder vernachlässigt oder mit vagen Vertröstungen quittiert. Schlussendlich wurden in der Sitzung der Landesregierung vom 29. Jänner 2015 noch immer Förderansuchen beschlossen, die Projekte des Jahres 2014 betrafen. Das bedeutete, dass Projekte bereits abgeschlossen waren – ohne eine Entscheidung über den Förderantrag. In diesem Fall mussten die AntragsstellerInnen auch noch selbst aktiv werden und in der Kulturabteilung bekannt geben, dass sich ihre Projektzeiträume verlängern würden. Sonst wäre es nach Beschluss der Förderung nicht mehr möglich gewesen, die Fördersumme mit Originalbelegen aus dem tatsächlichen Projektzeitraum abzurechnen.
Inzwischen wurden Stichtage eingeführt, ab denen versucht wird, die 14-Wochenfrist einzuhalten, um ein solches Schlamassel in Zukunft zu vermeiden. Die direkte Kommunikation mit den FördernehmerInnen bei Änderungen der Richtlinien zur Antragstellung scheint allerdings nach wie vor nicht selbstverständlich zu sein.
Wie stellt sich die kulturförderung in Zahlen dar? Betrachtet man die Jahre 2010 bis 2015 zeigt sich, dass der Gesamthaushalt des Landes Steiermark seit 2010 um 4% gestiegen und dabei das steirische Kulturbudget um 15% gesunken ist! Der Anteil des Kulturbudgets am Gesamthaushalt (VA 2015 1,73%), der Anteil an Kulturförderungen am Gesamthaushalt (Kulturbericht 2013 1,18%) und der Anteil der Freien Förderungen an den Kulturförderungen (Kulturbericht 2013 7,3%) sind gesunken und liegen unter jenen von 2010. Im Vergleich dazu sind die Budgets der Landeskultureinrichtungen von 2010 bis zum letztvorliegenden Kulturbericht 2013 von 69% auf 74% gestiegen. Während also die Freien Förderungen für Jahresund Projektförderungen um 2,1 Millionen gesunken sind, sind die Gelder für die Landeskultureinrichtungen, die 74% der Kulturförderungen ausmachen, wieder annähernd auf dem Niveau von 2010.
Fazit ist: Die Kulturschaffenden, KünstlerInnen und Kulturinitiativen, die auf Freie Förderungen angewiesen sind, hatten in den letzten Jahren mit dem prozentuell am stärksten sinkenden Budget (Minus 31% (!) von 2010 bis 2013) und enormen Schwierigkeiten bei der Abwicklung der Förderanträge zu kämpfen. Konkret handelte es sich 2010 um 6,8 Millionen Euro, 2013 um 4,7 Millionen Euro. Während 2013 noch damit argumentiert wurde, dass die mehrjährigen Fördervereinbarungen mit den Kulturinitiativen erhöht wurden, werden 2014 erste spürbare Einschnitte deutlich. Nur mehr 2 Millionen Euro (weitere Minus 56% (!) von 2013 auf 2014) stehen neben den mehrjährigen Fördervereinbarungen (6,5 Millionen Euro von 2013-2015) für Projektund Jahresförderungen zur Verfügung.
2014 wurde einiges verschleiert: Einerseits müssen zu den genannten 2 Millionen Euro ganze 628.500 Euro hinzugezählt werden, die bereits 2013 für 2014 ausgezahlt wurden, und dadurch zumindest eine Kürzungswelle bei den Jahresförderungen abmilderte. Andererseits wurden zusätzliche 460.490 Euro für das vergangene Jahr 2014 erst 2015, wie oben erwähnt am 29. Jänner 2015 von der Regierung beschlossen, ausgezahlt. Dieses Geld fehlt natürlich dem heurigen Budget für Jahresund Projektförderungen.
Daraus ergibt sich die derzeitige Katastrophe, die sich seit Anfang Februar im steirischen Kulturbereich abspielt!
Die 14-Wochenfrist seit dem letzten Stichtag zur Einreichung für Projektund Jahresförderungen wurde eingehalten, weshalb die Regierungsbeschlüsse Mitte Februar öffentlich wurden. Es zeigt sich, dass die Freien Förderungen maßgeblich gesunken sind. Während im Jahr 2010 6,8 Millionen Euro an Projektund Jahresförderungen vergeben wurden sind es aktuell 2015 nur noch 1,6 Millionen Euro! Heuer ist das erste Jahr, in dem nicht bereits im Vorjahr Auszahlungen für 2015 getätigt wurden, wobei gleichzeitig die 2014 verschleppten Auszahlungen bewältigt werden müssen. Gerade bei den Projektund Jahresförderungen ist der kulturelle und künstlerische Nachwuchs, der Nährboden für die steirische Kulturlandschaft, zu finden, der seit 2010 sukzessive vernichtet wird.