Jour Fixe mit Dr. Julius Stieber und Stefan Haslinger

Jour Fixe zum Thema Kulturleitbild mit Dr. Julius Stieber (Projektleitung „Kulturleitbild Oberösterreich“, www.kulturleitbild.at) und Stefan Haslinger (Geschäftsführer „Kupf“) Geschäftsführerin der KSG (Kultur Service Gesellschaft) am Donnerstag, den 28. Februar 2008 um 18 Uhr im „Saloon“ des Forum Stadtpark, Stadtpark 1, 8010 Graz.

Jour Fixe am 28. Februar 2008, Forum Stadtpark, Graz

Jour Fixe zum Thema Kulturleitbild mit Dr. Julius Stieber (Projektleitung „Kulturleitbild Oberösterreich“, www.kulturleitbild.at) und Stefan Haslinger (Geschäftsführer „Kupf“) Geschäftsführerin der KSG (Kultur Service Gesellschaft) am Donnerstag, den 28. Februar 2008 um 18 Uhr im „Saloon“ des Forum Stadtpark, Stadtpark 1, 8010 Graz.

Michael Petrowitsch begrüßt die Referenten Dr. Julius Stieber und Stefan Haslinger.

Dr. Stieber hat die Projektleitung für das „Kulturleitbild Oberösterreich“ über. Stefan Haslinger ist Geschäftsführer der KUPF und im Vorstand der IG Kultur Österreich.

Petrowitsch: Ein Grund, warum wir sie beide eingeladen haben, ist, dass es seit Sommer auch in Graz konkrete Pläne für ein Kulturleitbild gibt. Seit August haben konkrete Pläne mit dem vor kurzem aus der Politik ausgeschiedenen Kulturstadtrat Miedl und dem Leiter des Kulturamtes, Dr. Grabensberger, stattgefunden. Auch in anderen Städten gibt es solche Entwicklungen. Herr Dr. Stieber, erzählen Sie bitte über den Entstehungsprozess des Kulturleitbildes!


Dr. Julius Stieber

Stieber: Auf Stadtebene gab es bereits einige Kulturleitbilder, wie in Salzburg, Linz, Leoben oder Steyr. Neu ist ein Kulturleitbild auf Bundeslandebene. Im Sommer 2006 haben wir begonnen, uns intensiv mit dem Kulturleitbild auseinanderzusetzen. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, über einen breit angelegten, öffentlich geführten Diskussionsprozess Leitlinien, Schwerpunkte und Visionen für die Kulturarbeit der nächsten 15 Jahre zu formulieren. Damit geht es über ein Kulturleitbild hinaus. Es ist eine Mischung aus Kulturleitbild und Kulturentwicklungsplan. Ein besonderes Anliegen war, eine möglichst große Beteiligung der kulturinteressierten Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Zusätzlich wurden Meinungen von ExpertInnen und KünstlerInnen und Kulturschaffenden eingeholt. Für den Einstieg in die Diskussion hat das Landeskulturreferat ein Diskussionspapier erstellt. Das Diskussionspapier wurde vom Landeskulturreferat auf Basis bestehender kulturpolitischer Programme und Diskussionen erarbeitet. Bei der Formulierung der Ziele haben wir uns von verschiedenen Einrichtungen beraten lassen, wie zum Beispiel von „Kupf“. Meiner Meinung nach haben wir einen Weg gewählt, der sich bewährt hat, indem wir versucht haben, möglichst viele an Kultur interessierte Menschen zu erreichen. Zunächst gab es eine Auftaktveranstaltung, danach gab es regionale Diskussionen, die durch Diskussionen auf Gemeindeebene ergänzt wurden. Das Spannende daran war, dass auf diesem Weg Menschen zusammen kamen, die zuvor noch nie gemeinsam an einem Tisch gesessen sind. Daneben gab es auch zielgruppenspezifische Diskussionsveranstaltungen. Themen waren unter anderem "Kultur – Wirtschaft – Tourismus" oder "Kultur – Bildung – Wissenschaft". Aus dem ganzen Meinungsmaterial wurden die Aussagen gesammelt, und fanden bzw. finden gekürzt und summarisch Eingang in das Diskussionspapier. Hier ist anzumerken, dass sich auf der Internetplattform und mittels Fragebogen alle zu Wort melden konnten, die am Entstehungsprozess interessiert waren. Bis Ende März wird der Entwurf nochmals überarbeitet und das fertige Diskussionspaper wird dann dem oö. Landeskulturbeirat vorgelegt und von diesem – nach nochmaliger Diskussion und eventueller Überarbeitung – zur Beschlussfassung gebracht. In der letzten Phase nach Beschlussfassung durch den oö. Landeskulturbeirat wird das "Kulturleitbild Oberösterreich" den politischen Gremien (OÖ. Landesregierung, Kulturausschuss des oö. Landtages) übergeben. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Diskussion auf politischer Ebene und ist Sache des Landtages.


Petrowitsch: Wird es noch schärfere Formulierungen im Kulturleitbild geben?

Stieber: Nein, das ist nicht das Ziel. Das Papier sollte für eine breite Schicht möglichst verbindlich sein. Als Kulturschaffender kann man sich auf das Leitbild berufen. Wichtig war uns das Kapitel 2, das unter anderem ein klares Bekenntnis zur Geschlechterparität, zur Behindertenkultur und MigrantInnenkultur bildet.

Petrowitsch: Es gibt natürlich auch Kritik am Kulturleitbild. Deshalb haben wir heute Abend Herrn Stefan Haslinger von der „Kupf“ eingeladen. Wie ist deine Position zum oberösterreichischen Kulturleitbild?


Stefan Haslinger

Haslinger: Wir haben den Prozess, dass nun öffentlich vermehrt über Kunst und Kultur diskutiert wird, natürlich begrüßt. Allerdings haben wir eher für ein neues Kulturförderungsgesetz plädiert, wie zum Beispiel in der Steiermark. Die Idee, alle an Kultur interessierten OberösterreicherInnen an dem Prozess zu beteiligen, war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Obwohl, wie wir gehört haben, die Menschen auf vielen Ebenen - Gemeinden, ExpertInnenteams, Onlineplattform – eingeladen wurden, sich an der Diskussion zu beteiligen, ist er gescheitert. Dieser »demokratische« Prozess mit einer Serie von Trugschlüssen verbunden. So ist die paradoxe Situation eingetreten, dass auf politischer Ebene eine Lähmungserscheinung eingetreten ist, und noch weniger über Kultur diskutiert wurde. Wenn, dann wurde nur noch über das Kulturleitbild gesprochen. Der zweiteTrugschluss betrifft den Landeskulturbeirat. Man hätte hoffen können, dass dieser eineAufwertung erfährt. Tatsächlich ist der Beirat seinem Auftrag, die kulturelle und kulturpolitische Entwicklung in OÖ voranzutreiben, nicht nachgekommen. Vielmehr war ermit Stellungnahmen zum Kulturleitbild beschäftigt. Ein weiterer Trugschluss bestand in derTransparenz. Es hätte angenommen werden können, dass die Diskussion transparent undöffentlich gehalten wird. Was aber passieren wird, ist, dass das Papier, das von einerRedaktion bestehend aus Landeskulturdirektion und Landeskulturbeirat erarbeitet wird, inden politischen Ausschüssen bis zu einer Beschlussfassung durch den Landtag fertigdiskutiert wird. Hier kommt es also doch zu einer politischen Auseinandersetzung, allerdings steht zu befürchten, dass hier das parteipolitische Ausverhandeln über ein demokratischesAusverhandeln gestellt wird. Spannend wird werden, was wirklich umgesetzt wird undwelche Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssen.


M. Petrowitsch, S. Haslinger

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