kulturrisse 02/05

Als vor nunmehr gut drei Jahren die deutsche ExpertInnenkommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", besser bekannt als "Hartz-Kommission", ihre arbeitsmarktpolitischen Reformvorschläge unterbreitete, vernahm man von Seiten der österreichischen Bundesregierung die etwas tollkühne Behauptung, der überwiegende Teil der dort vorgeschlagenen Maßnahmen sei in Österreich längst gängige Praxis.
Seit mindestens einem halben Jahrhundert kämpfen KünstlerInnen um eine KünstlerInnensozialversicherung in Österreich. Nur, warum eigentlich? Warum eine eigene Sozialversicherung für KünstlerInnen? Weil KünstlerInnen sich in prekären Arbeitssituationen befinden? Klar, doch damit stehen sie nicht alleine da.
Der Wille zur Ordnung ist ein starkes Motiv, und im Stuwerviertel findet er seinen Durchbruch. Dies alles trägt weniger zur Problemlösung bei, sondern fokussiert und strukturiert vor allem die Art und Weise, wie ein Problem wahrgenommen wird. Kurz: wenn die Illegalisierten gejagt werden, heißt das auch, dass SIE das Problem sind und nicht das dahinter stehende Reglement, das zur Illegalisierung führt.
"Es wächst zusammen, was zusammen gehört", ist so ein Satz. Gehört bis zum Erbrechen nach den Landtagswahlen 2003 in Oberösterreich, als die erste schwarz-grüne Koalition am 23. Oktober eben diesen Jahres das Licht der Welt erblickte.
Die Universität ist schon lange keine intellektuelle Insel mehr, die wenigen Freiräume, die durch die Studierendenproteste in den 1970ern erkämpft wurden, unterstehen mittlerweile der ökonomischen Diktatur.
"Zu allererst muss man von Einkommen sprechen. Je nach Beruf verdienten die prekarisierten Intellektuellen, die wir befragt haben, zwischen 30% und 50% von dem, was sie verdient hätten, wenn sie dieselbe Arbeit als fix Angestellte bzw. Beamte geleistet hätten."
Die Reform, die wir wollen, muss die Garantie einer Einkommenskontinuität bedeuten, für alle und ohne Bedingungen; dies ist die Vorbedingung dafür, dass sich andere Formen der Kultur, andere Formen künstlerischer Schöpfung, andere Lebensformen, andere mögliche Welten entfalten können.
Wer heute wissen will, was Arbeit ist, muss im Pink Pussy fragen - nicht im Red Lion.
Als also am historischen Montag des vierten Apriltages anno domini 2005 der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel auf die Frage, ob nun noch die FPÖ oder die BZÖ sein Koalitionspartner sei, antwortete, sein Koalitionspartner seien Menschen, hat er - haben wir alle! - den ersten Schritt in eine neue politische Zukunft gemacht. Bisher haben die Politiker unsere Welt nur durch verschiedene Koalitionsverträge regiert. Er, Schüssel, hat sie geändert.
Die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen ist ein Produkt sowohl diskursiver als auch rechtlicher und wirtschaftlicher Faktoren. Bezahlte sexuelle Dienstleistung ist vom aktuellen Kontext der Globalisierung sowie von prekären Arbeitsverhältnissen stark beeinflusst und großteils Ergebnis der vielfältigen Umgestaltung des Produktionsprozesses in postfordistischen Gesellschaften.
Wenn aber bei steigender Arbeitslosigkeit immer weniger Sozialversicherungsbeiträge lukriert werden können, verstärkt dies den Druck auf den Sozialstaat und die Beschäftigten, die sich zunehmend gezwungen sehen, Arbeit zu jeder Bedingung zu akzeptieren. Konsequenz der arbeitsrechtlichen Deregulierung ist, dass immer mehr in die Gruppe der "working poor" abgedrängt werden. Geschlechtsspezifische Spaltungen sind dabei vorprogrammiert.
Es kann kaum überraschen, wenn die Extremzonen der Prekarisierung heute am stärksten dort ausgeprägt sind, wo von sozialer Sicherheit nie wirklich die Rede sein konnte: entlang der (neo-) rassistischen und sexistischen Bruchlinien, erzeugt von jenen Verwerfungsmaschinen, die die reale und symbolische Konturierung von "Norm" gewissermaßen seit jeher begleitet haben.