Mein kleines Paradies

Die Arbeit im Garten ist jeden Frühling wie ein kleiner Schöpfungsakt. Man bemüht sich nach Kräften, die Folgen des eigenen Tuns abzuschätzen, hat es aber letztlich mit sehr vielen Unwägbarkeiten zu tun. Man pflanzt eine Staude, kann aber nie mit Sicherheit sagen, wie sie sich entwickeln wird.

Jetzt heißt es für uns Kleingärtnerinnen und Kleingärtner wieder, die Ärmel hochkrempeln! Der Baumschnitt muss rechtzeitig vor dem Blattaustrieb beendet sein. Obst- und Zierhölzer werden gepflanzt, die Mulchdecken von den Beeten entfernt und Mangold, Karotten, Spinat und Petersilie ausgesät. Jetzt ist auch die Zeit, in der man Kleingärtnerinnen und Kleingärtner leicht an ihren Händen erkennt. Die Erde ist noch so nass, dass sie sich in jede Hautritze eingräbt und sich unter den Fingernägeln festkrallt.

Die Arbeit im Garten ist jeden Frühling wie ein kleiner Schöpfungsakt. Man bemüht sich nach Kräften, die Folgen des eigenen Tuns abzuschätzen, hat es aber letztlich mit sehr vielen Unwägbarkeiten zu tun. Man pflanzt eine Staude, kann aber nie mit Sicherheit sagen, wie sie sich entwickeln wird. Man setzt Kopfsalat, weiß aber nicht ob er den Schnecken zum Opfer fällt oder dieses Jahr verschont bleibt.

Dennoch ist es eine überschaubare Welt, die man schafft. Und mit etwas Fleiß und Gottes Hilfe kann es ein kleines Paradies werden. Das ist eine willkommene Abwechslung zur großen Welt, von der man sich nur all zu gerne mit Schaudern abwendet. Nehmen Sie nur die Situation der AusländerInnen und Asylsuchenden. In den Neunzigerjahren hat man versucht, die sogenannten Gastarbeiter wieder „heim zu treiben“, indem man ihren Aufenthalt von Mindesteinkommen und Quadratmeterzahlen ihrer Wohnungen abhängig machte. Jetzt hindert man Asylsuchende daran, zu ihrem Recht zu kommen. Übersetzungsleistungen werden an die Billigstbieter vergeben. Diese stellen oft völlig unqualifiziertes Personal ab. Aussagen aus der Ersteinvernahme können aber nicht mehr korrigiert werden. Rechtsbeistände kann man nicht frei wählen, und diese werden auch noch zusätzlich in ihrer Arbeit behindert. Hier wird nicht einmal mehr versucht, die Illusion von Rechtsstaatlichkeit aufrecht zu halten. Denn was nützen Rechte, wenn die Menschen daran gehindert werden, diese in Anspruch zu nehmen? Und damit dieses Menschenverjagen auch gründlich durchgeführt wird, werden biometrische Daten der Asylsuchenden abgespeichert. Damit sie im ganzen EU-Raum aufgegriffen und abgeschoben werden können. Bei der Einführung solcher Datenerhebungen hat man uns gesagt, dass damit Kriminalität bekämpft werden soll. Und die erste Gruppe, gegen die diese Technologie zum Einsatz kommt, sind Schutzsuchende. Geht es noch verlogener?

Jetzt gibt es erste öffentlich wahrnehmbare Proteste von AsylwerberInnen, die diese unhaltbaren Zustände anprangern. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang. Menschen erkennen, dass die staatliche Verwaltung massive Fehler macht, Grundsätze nicht eingehalten werden, sie weisen die Öffentlichkeit darauf hin, und diese reagiert entsprechend darauf. Alles vorgesehen und als Selbstregulierungsmechanismen rechtsstaatlicher Demokratien in den Himmel gelobt.

Alleine, die Öffentlichkeit reagiert nicht entsprechend. Dem Souverän (alles Recht geht vom Volk aus) geht es am Arsch vorbei, dass der Rechtsstaat partiell abgeschafft wird und Menschenrechte nicht eingehalten werden.

Reingefallen, könnte man den Asylsuchenden zynisch zurufen. Ihr habt euch in eine rechtsstaatliche Demokratie gerettet, deren Verwaltung funktioniert. Aber eure Rechte sind uns wurscht, und die Effizienz unserer Verwaltung setzen wir gegen euch ein. Elabätsch!

Wie viel lieber, als mir das anzusehen, beschäftige ich mich da mit meinen Setzlingen! Betrachte ihr Sprießen und freue mich an jedem Plätzchen, das durch die Erde bricht und sich dem Licht entgegenstreckt. Hier ruhe ich Augen und Seele aus, um alles andere, das ich sehen muss, zu ertragen.

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